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Brexit „Es gibt gute Gründe für eine Fristverlängerung“

Jeremy Lawson leitet das Aberdeen Standard Investments Research Institute.
Jeremy Lawson leitet das Aberdeen Standard Investments Research Institute. | Foto: Aberdeen Standard Investments

Es gibt gute Gründe für die Europäische Union, die Frist für den Abschluss der Vertragsverhandlungen über die künftigen Beziehungen zum Vereinigten Königreich zu verlängern – nicht zuletzt aufgrund der Gefahr schwerer Verwerfungen im Falle eines Ausstiegs ohne Vertrag. Aus Sicht der EU sind die Vermeidung einer harten irischen Grenze und die Integrität des Binnenmarkts nicht mit einem Ergebnis ohne Deal vereinbar. Die Verlängerung der Übergangsphase nach Artikel 50 ist daher besser als ein Brexit ohne Abkommen. Gleichzeitig sind die wirtschaftlichen und politischen Risiken bei einem Ausstieg aus der EU ohne ein Abkommen, eine wirksame Abschreckung für Großbritannien. Beide Verhandlungsteams bleiben daher an einer Lösungsfindung interessiert.

Ein Austrittsabkommen müsste bis Januar 2019 vereinbart und verabschiedet werden, damit die Ratifizierung in den nationalen Parlamenten der gesamten EU bis Ende März erfolgen kann. Wenn eine Einigung nicht rechtzeitig zustande kommt, wäre eine Verlängerung erforderlich, um einen abrupten Ausstieg zu vermeiden. Da ein Austrittsabkommen allerdings nicht die genauen Bedingungen für die künftigen Beziehungen zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU festlegen müsste, gehen wir davon aus, dass die umstrittensten Fragen während einer verlängerten Übergangszeit erörtert werden könnten, sofern zuvor eine Auffanglösung (backstop) für die irische Grenze gefunden wäre.

UK muss die politische Sackgasse verlassen

Wenn die EU zustimmt, den Übergang zu verlängern, wird dies aber wohl mit Bedingungen verbunden sein. Es ist nicht von einer Bereitschaft der politischen Entscheidungsträger in Brüssel auszugehen, die Artikel 50-Verhandlungen zu verlängern, nur um irgendwann in der Zukunft von den Auseinandersetzungen innerhalb der Konservativen Partei aus der Spur geworfen zu werden.

Die Notwendigkeit, die politische Sackgasse zu verlassen, dürfte die Aussicht erhöhen, dass das Vereinigte Königreich eher früher als später vorgezogene Parlamentswahlen abhalten wird. Die nächste nationale Abstimmung ist nicht vor Mai 2022 geplant. Die oppositionelle Labour-Partei hat bereits eine Neuwahl gefordert. Dies erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass jedes Abkommen, welches Premierministerin Theresa May mit der EU vereinbart, im Parlament abgelehnt werden wird – was zu einem Misstrauensvotum gegenüber der Regierung oder einem neuen Referendum führen würde.

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3 Optionen für ein neues Referendum

Die Konservativen dürften eher ein zweites Referendum durchführen als eine Neuwahl, die sie verlieren könnten. Insbesondere angesichts des Fehlens eines klaren Nachfolgers von Theresa May. Ein neues Referendum könnte drei Optionen umfassen: in der EU bleiben, die EU ohne Abkommen verlassen oder den bestehenden Abkommensrahmen, der mit Brüssel ausgehandelt wurde, anzuerkennen.

Unabhängig davon, ob Theresa May in der Lage ist, einen Deal auszuhandeln oder nicht, dürfte sie früher oder später von ihrem Amt zurücktreten – entweder aus eigenem Antrieb oder weil sie von den Brexit-Hardlinern ihrer eigenen Partei dazu gezwungen wird. Auch wenn die Meinungsumfragen zeigen, dass die Labour-Partei hinter den Konservativen zurückbleibt, könnten anhaltende Spaltungen der regierenden Parteien über ein von Theresa May abgeschlossenes Abkommen die Wähler in Richtung Opposition treiben. Und eine Labour-Regierung würde mit ziemlicher Sicherheit eine Neubewertung der Risiken vornehmen, insbesondere kurzfristig.

Vor diesem Hintergrund gilt es, die Auswirkungen auf die Märkte genau im Auge zu behalten.

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