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Brexit-Folgen „Die Finanzbranche nimmt den Brexit voraus“

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Pass für Europäischen Wirtschaftsraum

Wer Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen betreibt, wird zielgerichtet Produkte in einem Zielland anbieten; auf die tatsächliche Abwicklung kommt es nicht an. Nicht selten hatten Unternehmen aus Drittstaaten, insbesondere die US-Großbanken deshalb London als Sitz eines Tochterunternehmens bestimmt, dort eine Vollbank errichtet, um dann mit deren Europäischen Pass über London den gesamten Europäischen Wirtschaftsraum zu penetrieren.

Ohne ein europäisches Drittstaatenregime hätte das Drittstaatenunternehmen eine Bank in jedem einzelnen Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes errichten, mit Kapital und Liquidität ausstatten und unterhalten müssen. Ein vereinheitlichtes europäisches Drittstaatenregime, welches den Marktzutritt von Nicht-EWR-Instituten regelt, gibt es nur in Ansätzen.

Und für diejenigen Untersegmente, namentlich einige Wertpapierdienstleistungen und das Management und der Vertrieb von Alternativen Investmentfonds, für die ein Drittstaatenregime besteht, sind die Hürden relativ hoch. Nur wenn eine gleichwertige Marktaufsicht attestiert wird, besteht die Chance über ein einzelnes „Gastland“ Geschäfte in Europa zu machen.

7.220 Banken mit Europäischem Pass

Wie wichtig der Europapass deshalb insbesondere für in Großbritannien ansässige Banken und Finanzdienstleister bisher war, zeigt sich in einer nüchternen Zahl: Nach Angaben der EBA waren 2015 innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums insgesamt 7.220 Banken mit dem Europäischen Pass qua Niederlassung oder im grenzüberschreitenden Verkehr im EWR tätig.

Auf in Großbritannien ansässige Unternehmen entfielen 3.691 Pässe. Die Hälfte der grenzüberschreitend getätigten Finanzgeschäfte wurden – grob beschrieben – also aus London nach Europa getätigt.

Regierung strebt „Harten Brexit“ an

Seit dem 17. Januar 2017 ist klar, dass jedenfalls die britische Regierung einen „Harten Brexit“ anstrebt, mithin ein eigenes Freihandelsregime mit der Europäischen Union aushandeln und nicht auf andere Weise Teil des Europäischen Wirtschaftsraumes bleiben will.

Aus Großbritannien wird im bankaufsichtsrechtlichen Sinne dadurch ein „Drittstaat“. Damit fällt jedenfalls für Banken, teilweise auch für Wertpapierdienstleister, die Möglichkeit weg, von diesem Europapass Gebrauch zu machen. Ob und inwieweit an die Stelle des Europäischen Passes ein vergleichbares Drittstaatenregime treten wird, ist völlig offen.

Für die erwähnten Wertpapierdienstleistungen und Alternativen Investmentfonds ist angesichts der völlig unklaren Zukunft der Britischen Finanzmarktregulierung unklar, ob „Äquivalenz“ attestiert wird. Starke Unterschiede zu Kontinentaleuropa in der Finanzmarktregulierung kann sich Großbritannien dann nicht mehr leisten. Damit wäre auch der Traum vom sogenannten „Banker’s Paradise“ ausgeträumt.

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