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Aktualisiert am 26.11.2019 - 12:42 Uhrin AnalysenLesedauer: 6 Minuten

BU-Versicherungen Sind zeitlich befristete Anerkenntnisse unzulässig?

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Im Mai 2015 beantragte der Kläger, die Versicherungsleistungen über den 1. Juni 2015 hinaus zu erhalten. Ein von der Versicherung daraufhin eingeholtes ärztliches Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass beim Kläger eine leichtgradige depressive Episode mit Somatisierung vorliege und er noch zu mehr als 50 Prozent in seiner letzten beruflichen Tätigkeit leistungsfähig sei. Hierauf gestützt lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 18. April 2016 weitere Leistungen ab. Der Kläger meint, die Beklagte sei aufgrund ihres Anerkenntnisses im Schreiben vom 19. März 2014 über den 1. Juni 2015 hinaus verpflichtet, Versicherungsleistungen zu erbringen.

Das Landgericht (LG) Darmstadt hatte die Klage mit Urteil vom 29. November 2017 (Az. 11 O 52/17) abgewiesen. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt hatte mit Entscheidung vom 12. September 2018 (Az. 12 U 141/17) die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Der Kläger verfolgte sein Klagebegehren weiter, der Fall kam vor den BGH.

So hat der BGH entschieden

Der BGH folgte den Vorinstanzen nicht . Er gab dem Kläger Recht. In seiner Urteilsbegründung heißt es:

„Ein befristetes Anerkenntnis in der Berufsunfähigkeitsversicherung setzt sowohl das Vorliegen eines sachlichen Grundes als auch eine Begründung der Befristung durch den Versicherer gegenüber dem Versicherungsnehmer voraus.“

Der beklagten BU-Versicherung sei es verwehrt, sich auf die Befristung ihres Anerkenntnisses zu berufen, weil sie diese im Schreiben vom 19. März 2014 nicht begründet habe. Ein befristetes Anerkenntnis setzt nämlich das Vorliegen eines sachlichen Grundes voraus. Das ergebe sich aus den vertraglich zugrunde liegenden Versicherungsbedingungen: Nach Paragraf 8 Abs. 2 AVB kann die Beklagte grundsätzlich keine zeitlich befristeten Anerkenntnisse aussprechen, sondern allenfalls in begründeten Einzelfällen ein auf maximal 18 Monate befristetes zeitliches Anerkenntnis. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer verstehe diese Klausel so, dass nur bei Vorliegen eines sachlichen Grundes eine Befristung möglich ist, da nur dann ein begründeter Einzelfall vorliegen kann.

Selbst nach Paragraf 173 Abs. 2 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) sei ein grundloses Anerkenntnis nicht möglich. Zwar soll in Zweifelsfällen die Möglichkeit einer vorläufigen Entscheidung durch den Versicherer zunächst bestehen. Der Versicherungsnehmer hat jedoch bei Vorliegen der Leistungsvoraussetzungen einen Anspruch auf ein Anerkenntnis (BGH v. 19. November 1997 – IV ZR 6/97; BGH v. 13. März 2019 – IV ZR 124/18). Das Erfordernis eines sachlichen Grundes rechtfertige sich jedoch daraus, dass ein nur befristetes Anerkenntnis für den Versicherungsnehmer in erheblichem Maße nachteilig sei, wenn der BU-Versicherer seine Leistungspflicht nach der gegebenen Sachlage zeitlich uneingeschränkt anzuerkennen habe.

Denn während der Versicherungsnehmer bei einem befristeten Anerkenntnis nach Ablauf der Frist die Voraussetzungen für eine fortbestehende Leistungsverpflichtung des Versicherers nach den Grundsätzen der Erstprüfung beweisen muss, ist es im Fall eines unbefristeten Anerkenntnisses gerade die Sache des Versicherers, im Nachprüfungsverfahren zu beweisen, dass die Voraussetzungen seiner Leistungspflicht nicht mehr gegeben sind (vgl. BGH v. 24. Februar 2010 – IV ZR 119/09). Die überwiegende Rechtsauffassung fordert damit das Vorliegen eines sachlichen Grundes (vgl. OLG Saarbrücken v. 29. April 2015 – 5 U 67/14).

Bedarf das befristete Anerkenntnis also eines sachlichen Grundes, so muss der Versicherer diese Befristung auch gegenüber dem Versicherungsnehmer begründen. In dem vorliegenden Fall ergibt sich dieses ehedem aus Paragraf 8 Abs. 2 AVB, so dass der sachliche Grund in Gestalt des begründeten Einzelfalles dem Versicherten auch hätte mitgeteilt werden müssen, damit der Versicherte seine Rechte aus dem Versicherungsverhältnis sachgerecht wahrnehmen kann; dies setzt die Nachvollziehbarkeit der Entscheidung der Versicherung voraus (vgl. BGH v. 17.02.1993 – IV ZR 206/91; BGH v. 02.11.2005 – IV ZR 15/05; BGH v. 03.11.1999 – IV ZR 155/98; BGH v. 12.06.1996 – IV ZR 106/95).

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