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BU-Versicherungen: Was Berater jetzt wissen müssen

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Die Anbieter schauen genauer hin, ob ein Kunde Personalverantwortung hat, ob er selbstständig oder im Angestelltenverhältnis beschäftigt ist oder wie hoch der Anteil körperlicher Arbeit ist. Makler Jacobs beurteilt den Trend prinzipiell positiv. „Die Neueinteilung nützt den Kunden, die ohnehin für die Versicherer ein gutes Risiko darstellen, also einen Beruf mit geringem BU-Risiko ausüben, wie kaufmännische oder akademische Tätigkeiten. Sie müssen noch weniger bezahlen als bisher“, sagt er.

Allerdings räumt Jacobs ein: „Für die anderen Berufe, die früher schon mit teuren Verträgen leben mussten, ist es noch teurer geworden.“ Und auch nicht bei allen Versicherern stößt die Überarbeitung auf einhellige Zustimmung. „Wir sehen das Problem, dass mit immer ausgefeilteren Berufsgruppen die Risikokollektive zu klein werden und wir keine ausreichende Risikostreuung mehr im Portfolio haben könnten“, wendet Debeka-Mann Schick ein.

Wie viele Risikogruppen sind nötig?

Der Kölner Versicherungsberater Detlef Lülsdorf wiederum sieht die neuen Einteilungen kritisch, da sie für ihn immer noch zu ungenau sind. „Wollten die Versicherer wirklich dem Kunden einen individuellen Risikoschutz auf den Leib schneidern, müsste es meines Erachtens noch wesentlich mehr Risikogruppen geben als jetzt üblichen acht oder zehn“, ist seine Auffassung. Alle berufsspezifischen Besonderheiten abzufragen sei jedoch weder für den Vermittler noch für den Versicherer eine sehr praktikable Sache.

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Die neue Einteilung könne zudem Haftungspotenzial für Makler bergen, meint Lülsdorf. „Im schlimmsten Fall messen Makler und Versicherer einer beruflichen Tätigkeit völlig unterschiedliche Risiken bei“, sagt er. Ähnlich knifflig wird es, wenn es um Angaben zum Gesundheitszustand geht. „Der Vermittler findet möglicherweise den einmal jährlich auftretenden Schnupfen nicht sonderlich erwähnenswert, während der Versicherer im Schadensfall nicht zahlt, weil es sich um eine Allergie handelt“, sagt er.

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Dann könnte der Kunde den Vermittler noch nachträglich in Haftung nehmen. Um sich entsprechend zu schützen, rät Lülsdorf Kollegen, den Kunden vor Vertragsabschluss eine ausführliche Tätigkeitsbeschreibung verfassen zu lassen. „Diese hefte ich an den BU-Antrag an und überlasse es dem Versicherer, eine genaue Einteilung vorzunehmen.“

Kürzlich hatte er eine Mandantin, die für eine internationale Organisation tätig war und auf den ersten Blick einer normalen Bürotätigkeit nachging. Erst nachdem sie die Tätigkeitsbeschreibung erstellt hatte, war klar, dass sie regelmäßig um die Welt jetten musste. „Dann wäre sie schon berufsunfähig, wenn sie nicht mehr fliegen dürfte“, betont Lülsdorf.

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Verunsicherung im Vertrieb

Fakt ist: In kaum einer anderen Versicherungssparte gibt es so viele gerichtliche Auseinandersetzungen um Zahlungen wie bei der BU. Betroffene und Verbraucherschützer meinen, dass Versicherer bewusst die Regulierung verzögern würden, um die oft jahrelangen und hohen Rentenzahlungen vermeiden zu können.

Die Versicherer wiederum argumentieren, dass sie im Sinne der Versichertengemeinschaft unangemessene Ansprüche abwehren. So scheut darum mancher Vermittler inzwischen das Thema Berufsunfähigkeitsversicherung regelrecht, berichtet Oliver Gaedeke, Mitglied des Vorstands beim Beratungsunternehmen YouGov, das regelmäßig Vertriebsumfragen durchführt.

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„Etliche Makler fühlen sich bei der Vermittlung von Policen nicht mehr richtig wohl, andere versuchen es ganz zu vermeiden, Berufsunfähigkeitsversicherungen mit hohen Renten bei einem einzelnen Versicherer zu platzieren“, sagt er. Denn bei den Kunden herrsche eine latente Verunsicherung über die tatsächliche Zahlungsbereitschaft der Versicherer, auch hervorgerufen durch zahlreiche Berichte in den Medien.

Makler als Mediatoren

„Vermittler können in diesem Konflikt eine Mediatorenrolle einnehmen“, glaubt Makler Jacobs. „Man muss Kunden klarmachen, dass eine Monatsrente von 2.000 Euro den Versicherer viel Geld kostet“, sagt er. „Deswegen hat er auch das Recht, Nachfragen zu stellen und nicht gleich die Berufsunfähigkeit anzuerkennen, nur weil ein Kunde mit der Krankschreibung wedelt“, sagt Conrad. „Die Kunden wissen, dass eine Berufsunfähigkeitspolice sehr wichtig ist, andererseits stehen die Kosten dagegen“, weiß auch Gaedeke.

Viele Kunden seien einfach nicht bereit, für eine ausreichende Rente so viel Geld zu zahlen, wie notwendig wäre, weiß der Researcher. Darum arbeiten einige Anbieter schon seit einer Weile an spezifischen Produktlösungen, die günstiger sind als eine traditionelle BU-Police – dazu gehören unter anderem auch Grundfähigkeitsversicherungen, Dread-Disease-Policen oder Erwerbsunfähigkeitsversicherungen. |

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