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in Corona-KriseLesedauer: 6 Minuten

Immobilienexperte im Gespräch „Bürobedarf kann um 10 Prozent sinken“

Robert Guzialowski, Leiter Real Assets Deutschland bei Hauck & Aufhäuser
Robert Guzialowski, Leiter Real Assets Deutschland bei Hauck & Aufhäuser: „Offene Immobilienfonds sind bisher vergleichsweise stabil durch die Krise gekommen.“ | Foto: Hauck & Aufhäuser

DAS INVESTMENT: Die Corona-Krise hat Deutschland fest im Griff. Welche Auswirkungen sehen Sie am Immobilienmarkt?

Robert Guzialowski: Die Situation an den Immobilienmärkten ist nach dem Ausbruch der Pandemie differenziert. Die Bandbreite der Einflüsse reicht in einigen Bereichen von Mietausfällen und kurz- bis mittelfristig drohenden Insolvenzen und in anderen Sektoren bis hin zu einem Ertrags- und Transaktionsanstieg. Die wahren, noch folgenden Auswirkungen der Corona-Krise auf den Immobilienmarkt sind aufgrund des erneuten Lockdowns nicht abzuschätzen. Zu ungewiss sind Dauer und Intensität der einschränkenden Maßnahmen.

Fakt ist: Umso länger und intensiver die einschränkenden Maßnahmen bestehen werden, umso mehr wird auch der Immobilienmarkt entweder direkt, zum Beispiel durch Übernachtungsverbote, als auch indirekt durch den Einbruch der Wirtschaftsleistung infiziert. Für bereits leidende Immobilien-Segmente wie Hotel oder Einzelhandel würde die Konsolidierung beschleunigt werden und für noch gesunde Immobilien-Sektoren könnte es aufgrund des Wirtschaftseinbruchs zu nachgelagerten Umsatzeinbußen und damit einhergehend zu Wertverlusten kommen.

Es heißt, offene Immobilienfonds sind in der Corona-Krise aufgrund ihrer hohen Liquidität gut geschützt. Welche Erkenntnisse konnten Sie aus Ihrer Arbeit sammeln?

Guzialowski: Es ist richtig, dass offene Immobilienfonds bisher vergleichsweise stabil durch die Krise gekommen sind. Die getroffenen regulatorischen Maßnahmen nach der Finanzkrise greifen somit. Allerdings werden auch die offenen Immobilienfonds die Auswirkungen der Krise auf Mietverträge und Immobilienpreise nicht zuletzt wegen der erneuten Lockdowns sukzessive und vor allem in den kommenden Quartalen zu spüren bekommen.

Dabei kommt es für den einzelnen offenen Immobilienfonds darauf an, in welches Segment er investiert ist und wie er sein Risiko auf diverse Segmente gestreut hat. Auch wenn die Durchschnitts-Performance offener Immobilienfonds sinken wird, ist festzuhalten, dass die Rendite dennoch zumindest in den meisten Fällen positiv bleiben wird. Der offene Immobilienfonds bleibt deshalb in Zeiten der Negativzinspolitik die beliebteste Anlageform, was viele Fondsauflagen im vierten Quartal dieses Jahres trotz Lockdown beweisen.

Haben Sie in der Corona-Krise Veränderungen in den von Ihnen verwahrten Fonds wahrgenommen?

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Guzialowski: Was wir als Verwahrstelle unter anderem vieler offener Immobilienfonds positiv wahrnehmen, ist, dass sowohl unsere Kunden als auch die Investoren bei vermeintlich schwierigen Fonds wie zum Beispiel Hotelfonds die Betreiber nicht im Stich lassen, sondern vielmehr im Interesse aller Parteien nach neuen konsensualen Lösungen suchen.

Anders als in der Finanzkrise lassen sich Investoren durch die Markverwerfungen nicht in Panik versetzen, weshalb Lösungen angestrebt werden, die den mittel- bzw. langfristigen Anlagehorizont betrachten. Bei der Auflage neuer Fonds nehmen wir wahr, dass Wohn- und Logistikimmobilien sehr gefragt sind. Des Weiteren ist das Nischenprodukt der Pflegeimmobilie stark in den Fokus der Investoren als krisensichere Immobilie gerückt.

Wie stark reduziert der Trend hin zum Homeoffice den Bedarf an Büroflächen? Lohnen sich Investments noch?

Guzialowski: Viele Erhebungen gehen derzeit davon aus, dass künftig rund 10 Prozent weniger Büroflächen aufgrund von Homeoffice benötigt werden als dies noch im Jahr 2019 der Fall war. Der Einfluss des Homeoffices auf den Büromarkt wird sich wohl kaum bestreiten lassen. Doch die Corona-Krise zeigt gerade auch, dass zwischenmenschliche Kontakte sehr wichtig sind, auch für die Unternehmenskultur. Die klassischen Büroarbeiten sollten sich daher mehr zum „Home“ und „Office“, also einem hybriden Modell, entwickeln, so dass der Arbeitgeber durch geschickte Planung Büroflachen einsparen kann.

Ob sich Investments in Büroimmobilien lohnen, sollte jedoch nicht so stark an dem populären Thema Homeoffice festgemacht werden. Ein viel wichtigerer Faktor ist die Entwicklung der Bürobeschäftigtenzahlen, die im Zuge des erneuten Lockdowns und damit einhergehend der nicht vorhersagbaren Rezession schwer vorherzusehen sind. Noch zehrt der Markt von der hervorragenden Ausgangssituation vor der Krise, wo ein Nachfrageüberhang und sehr geringe Leerstandsquoten dominierten.

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