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Bundesanleihen: Große Normalisierung statt großer Zinswende

Harald Preißler
Harald Preißler
Lange Zeit haftete deutschen Bundesanleihen der Nimbus der »Unverwundbarkeit« an. Nichts schien den Renditeverfall aufhalten zu können. Weder anziehendes Wirtschaftswachstum noch steigende Inflationsraten selbst die Leitzinserhöhungen der EZB im Frühjahr 2011 wurden problemlos weggesteckt. Sobald nur ein Haar in der Suppe zu finden war, sei es auf makroökonomischer oder (geo-) politischer Seite, stürzten sich die Anleger sofort auf die bewährten »Bunds« – und wurden dafür regelmäßig mit üppigen Kursgewinnen belohnt.

Wie sich die Zeiten geändert haben: Im Sommer 2012 erreichten die Renditen zehnjähriger Bundesanleihen bei 1,14 Prozent einen Boden. Zwei Versuche, die Rekordmarken weiter nach unten zu schrauben, schlugen fehl. Darauf folgte eine ausgedehnte Konsolidierung, die im Frühjahr 2013 sukzessive in einen steigenden Trend überging. Der jüngste Renditeschub führte die Langläufer bis auf 2,00 Prozent, einen eineinhalbjährigen Höchststand. Auch in den USA, Großbritannien oder der Schweiz markierten die Renditen zehnjähriger Staatsanleihen mehrjährige Höchststände. Viele Anleger mussten im Zuge dessen empfindliche Kursverluste in ihren Anleihenportfolios hinnehmen, entsprechend groß ist die Nervosität. Zu allem Überfluss häufen sich die Warnungen der Auguren vor einer »großen Zinswende«.

Zunächst einmal sollte man die Entwicklung der Kapitalmarktrenditen in der jüngeren Vergangenheit als das nehmen was es ist: Ein Zeichen des Vertrauens. Der Glaube der Investoren an den Erhalt des Euros kehrt – auch dank des Machtwortes der EZB im Sommer 2012 – zurück, was sich in sinkenden Zinsen und vor allem sinkenden Risikoaufschlägen widerspiegelt. Im Fahrwasser der Entspannung der Finanzmärkte beginnt die Konjunktur in den Peripherieländern Tritt zu fassen. Die Lage an den Arbeitsmärkten ist zwar immer noch desaströs, sie verschlechtert sich aber nicht mehr weiter. Darüber hinaus befindet sich die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte auf einem guten Weg, der griechische Finanzminister stellt für das Fiskaljahr 2013 sogar bereits Primärüberschüsse in Aussicht.

Vor dieser Kulisse ist es kein Wunder, dass die Investoren für die fernere Zukunft ein Ende der ultra-expansiven Geldpolitik antizipieren und den sicheren Häfen den Rücken zuwenden. Daraus aber nun gleich auf die »große Zinswende« zu schließen, geht dann allerdings doch zu weit – wir würden eher von einer »großen Normalisierung« sprechen: Der mehr als fünf Jahre währende Ausnahmezustand an den Finanzmärkten geht zu Ende und das bedingt das Auspreisen der Safe-Haven-Prämien und die Rückkehr der Renditeniveaus auf ihre fundamental gerechtfertigten Niveaus.

In dieser Hinsicht ist indes schon viel passiert. Mit Blick auf deutsche Bundesanleihen ist die Überbewertung nahe der 2-Prozent-Marke sogar fast vollständig abgebaut. In den kommenden Monaten dürften die Renditen zunächst weiter steigen, primär angetrieben von der anhaltenden Erholung der Weltwirtschaft. Allerdings sollte sich der Aufwärtstrend verflachen, schließlich sind die Zinskurven bereits steil und bis die Notenbanken tatsächlich die Leitzinsen erhöhen können, werden noch Jahre ins Land gehen. Einen »Durchmarsch« der Bundrenditen sehen wird daher nicht.

Im Gegenteil, an unserer Erwartung strukturell niedriger Renditen hat sich nichts verändert. Der Wachstumstrend der Eurozone wird angesichts der dürftigen Produktivitätszuwächse und der extrem ungünstigen demographischen Rahmenbedingungen ausgesprochen flach verlaufen. Gleichzeitig sind in der mehrjährigen Wirtschaftskrise enorme Überkapazitäten entstanden, die ein wahres Bollwerk gegen aufkommenden Inflationsdruck darstellen. Das ist definitiv nicht das Umfeld für eine »große Zinswende«.

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