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BVI-Chef: „Das Beratungsprotokoll ist ein Vertriebshindernis“

Thomas Richter
Thomas Richter
DAS INVESTMENT.com: Wie stehen Sie zur Regulierung im Allgemeinen?

Thomas Richter: Die Finanzkrise hat das Vertrauen der Anleger erschüttert. Wir leben von diesem Vertrauen. Es darf nicht weiter erschüttert werden. Daher arbeiten wir konstruktiv mit Gesetzgebern und Regulatoren an sichereren Rahmenbedingungen.  

DAS INVESTMENT.com: Regelungsbedarf ist doch vorhanden. Oder wollen Sie das bestreiten?

Richter: Nein, ganz und gar nicht. Die Regeln müssen aber zum Ziel führen. Wir sind in Deutschland meilenweit von der Gleichbehandlung von Finanzprodukten entfernt. Denken wir nur an die private Altersvorsorge mit unterschiedlichen Steuern oder die unterschiedlichen Transparenzanforderungen für Finanzprodukte. Aus diesem Grund unterstützen wir auch die europäische PRIPs-Initiative, die einheitliche Vertriebs- und Produktinformationspflichten für Retailprodukte vorsieht. Die Regulierungsvorhaben beginnen meist mit einem sinnvollen Ziel. Bei der Ausarbeitung werden dann unterschiedliche Sachverhalte hineingepackt oder unsauber voneinander abgegrenzt, so dass am Ende Kollateralschäden entstehen.

DAS INVESTMENT.com:
Wo sehen Sie konkrete Probleme?

Richter: Ich habe ein Beispiel für Regulierungsaktionismus. Die OGAW IVRichtlinie führte die wesentlichen Anlegerinformationen ein, die sogenannten KIDs. Seit 1. Juli 2011 sind sie in Deutschland Pflicht. Doch vorher trat noch schnell das Verbraucherschutzministerium auf den Plan und forderte ein Produktinformationsblatt für in Deutschland vertriebene Finanzprodukte. Die Vorgaben für das KID und das Produktinformationsblatt sind aber nicht deckungsgleich. Damit bestand die Gefahr, dass die Kunden zwei unterschiedliche Produktinformationen für ein und dasselbe Produkt erhalten. Wir konnten zwar erreichen, dass das für Fonds entwickelte KID als Produktinformation genügt. Aber der Gesetzgeber hat es nicht geschafft, allen Finanzprodukten vergleichbare Informationen vorzugeben. Das Ziel, den Verbraucher zu schützen, ist verfehlt worden.  

DAS INVESTMENT.com: Helfen die Beratungsprotokolle den Beratern und ihren Kunden, Missverständnisse zu vermeiden?

Richter: Eher nicht. Für Fonds bedarf es eines Protokolls. Für Festgelder oder Bausparverträge nicht. Das Protokollieren ist zeitaufwendig, fehleranfällig und nervt oft auch den Kunden. Was macht also der Berater? Er berät häufig in Richtung protokollfreier Produkte wie beispielsweise Festgelder. Was für eine Fehlsteuerung! Von umfassender Kundenberatung kann keine Rede sein. Für Fonds wurde das Beratungsprotokoll zu einem veritablen Vertriebshindernis.

DAS INVESTMENT.com: Die AIFM-Richtlinie dürfte Ihnen auch schwer im Magen liegen.

Richter: Das ist richtig. Ein klarer Fall von Kollateralschaden. Alles was kein OGAW ist, ist ein AIF. Spezialfonds oder Offene Immobilienfonds sind zwar wie OGAWs im Gesetz geregelt, aber keine solchen im Sinne der Richtlinie. Wir reden von rund 1.000 Milliarden Euro allein im Bereich der offenen Fonds, die heute im Investmentgesetz geregelt sind. Auf diese Weise wurde die stark regulierte deutsche Fondsbranche zu einem der größten Anbieter von alternativen Investments in Europa. Eigentlich ging es um den unregulierten Sektor, aber Spezialfonds und Immobilienfonds zappeln jetzt als Beifang im Netz. Erfreulicherweise hat der Gesetzgeber das in seinen Vorschlägen für die Umsetzung in deutsches Recht bei den Spezialfonds schon repariert.

DAS INVESTMENT.com: Ja, aber neue offene Immobilienfonds sollen verboten werden.

Richter: Wir reden über einen Entwurf. Das Gesetzgebungsverfahren beginnt erst. Ein Verbot der offenen Immobilienfonds würde institutionelle Anleger nach Luxemburg treiben und Kleinanlegern den Zugang zu diversifiziertem Immobilienbesitz versperren. Das schadet dem Standort Deutschland. Der Gesetzesentwurf enthält aber auch Positives. Neben dem Erhalt des Spezialfonds macht er den Weg frei für das Pension-Pooling international tätiger Konzerne in Deutschland.


>> Ein Kommentar zum Interview und die Antwort des BVI-Chefs finden Sie hier

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