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BVI-Spezialistin zur EU-Nachhaltigkeits-Taxonomie „Größtes Regulierungsprojekt der Fondsindustrie“

Von in AnalysenLesedauer: 3 Minuten
Windpark an der Wesermündung: Das EU-Parlament hat sich auf eine Klassifizierung nachhaltiger Geldanlagen geeinigt.
Windpark an der Wesermündung: Das EU-Parlament hat sich auf eine Klassifizierung nachhaltiger Geldanlagen geeinigt. | Foto: imago images / Jochen Tack

Das Europäische Parlament hat den Verordnungsentwurf über eine Klassifizierung (Taxonomie) nachhaltiger Geldanlagen verabschiedet. Die Taxonomie legt verbindliche und EU-weit geltende Kriterien fest, die bestimmen, welche Finanzprodukte sich „nachhaltig“ nennen dürfen. Der Abstimmung vorangegangen waren mehrmonatige Verhandlungen zwischen EU-Kommission, EU-Parlament und dem Europäischen Rat, bestehend aus den Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedstaaten.

Für den Bereich „ökologische Ziele“ – das „E“ aus ESG – gibt es bereits einen ersten Anforderungskatalog, der ab 2022 gelten soll. Vorläufig zwei von insgesamt sechs ökologischen Zielen sind hier im Detail ausformuliert.

Die Beschlüsse wirken sich auch auf die deutsche Fondsindustrie aus. Magdalena Kuper, Abteilungsdirektorin Recht beim deutschen Fondsverband BVI, hält das Thema Nachhaltigkeit sogar für das „größte Regulierungsprojekt“, das der Fondswirtschaft in den kommenden Jahren bevorsteht. „Die EU möchte Kapitalströme in nachhaltige Wirtschaftsbereiche und Produktionsverfahren lenken. Ihr Ziel ist, die EU-Wirtschaft bis 2050 klimaneutral zu machen. Der Fondswirtschaft als bedeutender Kapitalsammelstelle kommt dabei eine Schlüsselrolle zu“, so Kuper.

Viele Fondsgesellschaften wollten derzeit verstärkt in nachhaltige Aktivitäten von Firmen investieren. Die BVI-Spezialistin sieht dabei allerdings Grenzen. Denn die Gesellschaften seien vor allem den finanziellen Anlagezielen und -bedürfnissen ihrer Kunden verpflichtet. „Die Erreichung der Klimaziele beispielsweise ist eine umweltpolitische Aufgabe, die der Kapitalmarkt alleine nicht stemmen kann“, so Kuper. Hier müssten auch Realwirtschaft und Verbraucher in die Pflicht genommen werden.  

Bislang galt die Aufmerksamkeit beim Thema Nachhaltigkeit vor allem dem ökologischen Aspekt. Die EU-Kommission wolle als nächstes die Einrichtung auch einer sozialen Taxonomie - das „S“ in ESG – in Angriff nehmen. Kuper findet: „Allerdings wäre es sinnvoll, die Anforderungen dabei an die Unternehmen als Ganzes zu knüpfen und nicht, wie bei der ökologischen Taxonomie, an einzelne wirtschaftliche Aktivitäten.“

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Das Thema Unternehmensführung – „Governance“, das „G“ in ESG – sticht unter den drei Kriterien bislang heraus. Denn gute Unternehmensführung sei bislang nicht als alleiniges Ziel für nachhaltige Produkte anerkannt, erinnert Kuper. „Die EU-Regeln setzen vielmehr voraus, dass Fonds, die ökologische oder soziale Themen fördern, in Unternehmen mit guter Corporate Governance investieren.“

Auch wenn das Ziel lautet, eine einheitliche, europäische Nachhaltigkeits-Taxonomie auf den Weg zu bringen: Nachhaltig anlegende Fondsmanager müssen sich nicht verpflichtend nach ihr richten. „Die Asset Manager können selbst entscheiden, ob sie die Taxonomie auf die Anlagestrategie ihrer nachhaltigen Fonds anwenden wollen. Wer sich dagegen entscheidet, muss dies lediglich in den Fondsunterlagen klarstellen“, erläutert Kuper. Allerdings müssten Fonds stets den Anteil des Portfolios offenlegen, der in ökologisch nachhaltige Aktivitäten nach der Taxonomie investiert.

Unternehmen müssen mitziehen

Unklar sei indessen noch, woher Fondsgesellschaften in Zukunft die Daten beziehen können, um Unternehmen in puncto Nachhaltigkeit einordnen zu können. Zwar seien Firmen zukünftig verpflichtet, ihre Nachhaltigkeits-Aktivitäten gemäß Taxonomie offenzulegen. Das gelte aber nur für die etwa 7.000 in der EU ansässigen börsennotierten Firmen. Von den übrigen rund 44.000 Firmen weltweit müssten aber ebensolche Berichte kommen. „Damit Asset Manager ihre Transparenzpflichten gegenüber den Anlegern erfüllen können, müssten die Datenlücken für Nicht-EU-Unternehmen noch geschlossen werden“, resümiert Kuper. Auch EU-weit müssten die entsprechenden Unternehmensberichte noch weiter standardisiert werden.

Doch auch angesichts des Mammutprojekts der EU-Regulatoren ist Kuper für die Fondsindustrie zuversichtlich: „Nachhaltige Anlagen sind für die Fondswirtschaft ein Wachstumsmarkt.“ Im Neugeschäft von Publikumsfonds hätten nachhaltige Produkte 2019 bereits einen Anteil von 40 Prozent gehabt.

Rückenwind könnte das Thema noch einmal durch die kommenden EU-Vorgaben für Finanzberater erhalten, schätzt Kuper: Ab Mitte 2021 sollen Finanzberater im Beratungsgespräch verbindlich auch die Nachhaltigkeitspräferenzen ihrer Kunden erfragen.

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