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Capital Group zu Anleihen aus Schwellenländern „Comeback auf leisen Sohlen“

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Welche Länder halten Sie denn für attraktiv bewertet?

Neithart: Interessant finde ich heute Mexiko und, glauben Sie es oder nicht, die Türkei und Argentinien. Diese Länder müssen Kurs halten, doch die Risikoprämien sind so hoch, dass ich sie nach wie vor attraktiv finde. Spannend sind auch einige Länder Asiens. Auch wenn die Renditen in Asien allgemein niedriger sind, scheinen mir Lokalwährungsanleihen aus Indien und aus Thailand bedenkenswert.

Sprechen wir über China. Den Investoren macht das Land Sorgen, insbesondere aufgrund seiner Bedeutung für die Weltwirtschaft. Wie sehen Sie die chinesische Konjunktur?

Neithart: Zweifellos hat die chinesische Konjunktur im vergangenen Jahr nachgelassen. Dennoch glaube ich, dass China seine Wirtschaft stabilisieren kann. Ich erwarte aber nicht, dass das Land insgesamt Schulden abbaut. In einigen Sektoren mag es so sein, aber es gibt immer auch andere, deren Verschuldung steigt, sodass es zu einem Ausgleich kommt. Insgesamt dürfte die Verschuldung in China zunehmen. Das ist nicht schön, dürfte aber einen massiven Wachstumseinbruch verhindern.

Worauf sollten Investoren in China achten?

Neithart: Entscheidend ist für mich die Außenposition, vor allem der Handels- und Leistungsbilanzüberschuss. Beide sind in den letzten Jahren erheblich zurückgegangen. Mich interessieren aber auch die diversen Indikatoren für die inländische Kreditvergabe und die Liquidität der Banken. China hat eine Unzahl von Konjunkturindikatoren, doch kaum eine Zahl vermittelt ein umfassendes Bild. Unsere Analysten wissen, wie man die Daten so kombiniert, dass sie aussagekräftig sind und man genau abschätzen kann, was passiert.

Der Renminbi hat stark abgewertet. Wiederholt sich die Schwächephase des Jahres 2015?

Neithart: Die derzeitige Währungsschwäche ist ganz anders. 2015 hat die Notenbank einen Großteil ihrer Währungsreserven verloren, da man ernsthaft eine Rezession mit einer harten Landung befürchtete. Viele Investoren brachten ihr Kapital außer Landes, sodass die Reserven sehr schnell massiv zurückgingen.

Diesmal gibt es keine so deutlichen Anzeichen für eine Kapitalflucht; China hat nicht viele Währungsreserven verloren. Es scheint, als wollten lokale Investoren ihre Anlagen diversifizieren und auch international investieren. Sie scheinen aber keinen massiven Wirtschaftseinbruch zu befürchten. Hinzu kommt, dass die politische Führung und die Notenbank die derzeitige Renminbi-Schwäche durchaus schätzen. Auch das war 2015 ganz anders.

Schauen wir in die USA: Wie lange wird der US-Dollar noch so stark sein wird?

Neithart: Wahrscheinlich gibt es keine andere Frage, über die ich mich mit meinen Kollegen weltweit intensiver austausche. Ich glaube, dass die Dollaraufwertung in den vergangenen Monaten vor allem den deutlich höheren Renditen in den USA zu verdanken ist. Eine Rolle könnte aber auch die US-Steuerreform spielen, die Unternehmen rentabler gemacht hat. Dadurch wurden US-Titel für internationale Investoren attraktiver.

Die Inflation hält sich in den USA weiter in Grenzen, und die US-Notenbank hat signalisiert, dass sie die Zinsen recht niedrig lassen will. Die steigenden Renditeerwartungen spiegeln also höhere Realrenditen und nicht höhere Inflationsprämien wider.