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Carmignac-Experte Didier Saint-Georges Warum die Zeit der Passiv-Anlagen vorbei ist

Didier Saint-Georges ist Mitglied des Investmentkomittees beim französischen Fondshaus Carmignac.
Didier Saint-Georges ist Mitglied des Investmentkomittees beim französischen Fondshaus Carmignac. | Foto: Carmignac

Es lässt sich heute kaum bestreiten, dass seit 2009 die globale Liquiditätsschwemme der Zentralbanken 2017 ihren Höhepunkt erreicht
hat. Seit Anfang 2018 kann man aufgrund der geldpolitischen Straffung
der Fed Effekte beobachten, die zunehmend angeschlagene Volkswirtschaften belasten. Dies betrifft bisher vor allem Schwellenländer. Da die Liquiditätsflut gerade erst beginnt abzunehmen, stellt sich die Frage, wie sich dies in den kommenden Monaten und Quartalen auf die Aktien- und Anleihemärkte auswirken wird.

Paradigmenwechsel

Die Äußerungen der Zentralbanker lassen keinen Raum für Zweifel: Die globale Liquiditätsversorgung nimmt weiter ab, und ab dem nächsten Jahr wird sich die Liquidität deutlich verringern. Die Fed hat bereits begonnen, die Dollar-Liquidität im Finanzsystem zu verringern. Sie ist von der quantitativen Lockerung zur „quantitativen Straffung“ übergangen. Seit Beginn des Jahres entzieht sie dem Markt monatlich 40 Milliarden US-Dollar, und ab Oktober wird sich dieser Betrag auf 50 Milliarden US-Dollar
erhöhen. Zudem bestätigte der Präsident der US-Notenbank Jay Powell Ende September, dass der Leitzins erneut erhöht werden wird.

Die Geldpolitik wird demnach allmählich straffer. Wichtig ist hierbei, dass sich dieser Liquiditätsabzug derzeit in keiner Weise negativ auf die US-Wirtschaft auswirkt. Durch die expansive Fiskalpolitik der Trump-Regierung, die das Wachstum befeuert und die straffere Geldpolitik, verknappt sich die weltweite Dollar-Liquidität. Dadurch geraten Länder unter Druck, die auf den US-Dollar angewiesen sind (z. B. Argentinien). In den USA bleibt die Finanzierung hingegen äußerst günstig.

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In Europa rechnet man frühestens ab nächsten Sommer damit, dass die Leitzinsen angehoben werden. Die quantitative Lockerung wird hingegen bis Ende des Jahres auslaufen. Die EZB wird also ihr Kaufprogramm für Staatsanleihen der Eurozone definitiv beenden, so ist es zumindest geplant. Durch diese geldpolitische Wende wird sich das Umfeld zweifellos radikal ändern. Am stärksten werden hiervon Länder betroffen sein, die stark auf das Vertrauen der Anleger angewiesen sind, um ihr Haushaltsdefizit zu finanzieren.

Vor allem die Entwicklung in Italien sollte in dieser Hinsicht im Auge behalten werden: Auf welches Niveau werden sich die Renditen italienischer Staatsanleihen einpendeln, wenn die regelmäßigen milliardenschweren Käufe der EZB wegfallen? Diese Frage wird besonders brisant, wenn die neue Regierung daran festhält, keine Staatsanleihen mehr zu kaufen und somit die Schuldenquote langfristig auf ein Niveau anhebt, das von Anlegern und Ratingagenturen als nicht tragfähig eingeschätzt wird.

In Japan bestätigte der Gouverneur der Zentralbank im September, dass sie weiterhin die monatlichen Staatsanleihenkäufe reduzieren werden. Die Inflation ist jedoch nach wie vor gering und die Bank of Japan muss weiterhin mit größter Vorsicht agieren. Die Renditen japanischer Staatsanleihen, die bei zehnjährigen Papieren kaum über 0,10 Prozent
liegen, befinden sich noch immer nahe den 2016 kurzzeitig erreichten
historischen Tiefständen. Dies wirkt sich negativ auf den gesamten  Finanzsektor aus.

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