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Aktualisiert am 22.05.2023 - 12:08 Uhrin FondsLesedauer: 10 Minuten
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Xavier Hovasse im Gespräch
„Noch sind chinesische Aktien als Schnäppchen zu haben“
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Xavier Hovasse im Gespräch „Noch sind chinesische Aktien als Schnäppchen zu haben“

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China selbst zählen Sie dazu?

Hovasse: Ja, nach einem zweijährigen Rückgang des chinesischen Aktienmarktes drehen die Indikatoren nun wieder ins Positive. Das Land hat die Maßnahmen zur Verschärfung der Regulierung beendet, Hilfsmaßnahmen für den Immobiliensektor eingeführt und schließlich seine Null-Covid-Politik aufgehoben, ein Zeichen der Erneuerung der Binnennachfrage, die von Pekings Politik stark unterstützt wird. Darüber hinaus dürften die Ersparnisüberschüsse, die die chinesischen Verbraucher während der dreijährigen Lockdowns aufgebaut haben, und die Erholung des Arbeitsmarktes, der durch die Gesundheitssituation stark beeinträchtigt war, zum Wiedererstarken der Konsumausgaben beitragen.

 

 

Sie gewichten China mit einem Portfolio-Anteil von 40 Prozent schon länger besonders stark?

Hovasse: Wir haben China seit einiger Zeit übergewichtet, aber 40 Prozent ist ziemlich hoch, und das liegt an der attraktiven Bewertungs- und Ertragsdynamik, die wir in dem Land nach dem Ausverkauf sehen. Der chinesische Markt wurde in der Tat massiv verkauft, aber seit Oktober letzten Jahres ist eine Erholung zu verzeichnen. Wir bleiben zuversichtlich für den chinesischen Markt, weil die Anleger weltweit insgesamt immer noch untergewichtet sind und die Bewertung weiterhin sehr vernünftig ist, nur dem 10,5-fachen Gewinn, was dem Durchschnitt der letzten 10 Jahre entspricht, gegenüber dem 16- bis 17-fachen Gewinn für globale Aktien. Was die Positionierung angeht, so sind die Anleger weltweit immer noch um etwa 400 Basispunkte, also 4 Prozent, untergewichtet. 

Auch auf Unternehmensebene gibt es Fortschritte in Schwellenmärkten und speziell China?

Hovasse: Wir sehen eine positive Gewinndynamik, insbesondere in China, da die meisten Unternehmen dort in den vergangenen drei Jahren ihre Kosten gesenkt haben, so dass das bevorstehende Umsatzwachstum die Gewinnerholung im Jahr 2023 vorantreiben wird.

Was macht Brasilien und Mexiko so interessant, dass sie die einzigen nicht-asiatischen Länder unter Ihren Top-10-Regionen sind?

Hovasse: Ja, wir haben nennenswerte Investitionen in Lateinamerika. Denn der Kontinent profitiert von den hohen Rohstoffpreisen aufgrund des russisch-ukrainischen Krieges und der Wiedereröffnung Chinas, die die Nachfrage nach den meisten Rohstoffen, die diese Länder exportieren, ankurbeln werden. Wir sind stark in Mexiko engagiert, weil das Land vom sogenannten Near Shoring profitiert, also das US-Unternehmen ihre Produktion in die Nähe ihres eigenen Territoriums verlagern wollen, um weniger von China abhängig zu sein. Das kommt Mexiko vor allem durch das Freihandelsabkommen Nafta zugute. Das Kabinett von Präsident Andrés Manuel López Obrador verfolgt eine Steuerpolitik, die wir als sehr verantwortungsvoll bezeichnen können.

Und das Land an der Copacabana?

Hovasse: Brasilien gefällt uns. Anlässlich der Präsidentschafts- und Regionalwahlen gab es dort kürzlich politische Spannungen, die sich aber gelegt haben. Das neue Parlament in Brasilien ist eher zentralistisch ausgerichtet. Wenn Präsident Luiz Inácio Lula da Silva also zu viel Geld ausgeben will, wird er es nicht durch das Parlament bekommen. Lula ernannte Fernando Haddad zum Finanzminister und wollte zunächst eine Politik verfolgen, bei der Brasilien in den nächsten Jahren 200 Millionen Real mehr als das Haushaltslimit ausgegeben hätte. Der Aktienmarkt reagierte sofort darauf. Dann blockierten das Unterhaus und der Senat den hohen Ausgabenplan, und die Regierung legte einen neuen Plan vor, der für ein Jahr 45 Millionen Real über dem Haushaltslimit vorsah. Außerdem hielt Haddad mehrere Reden, die sehr gut ankamen und uns in unserer optimistischen Sicht auf Brasilien bestärkten. In Brasilien mögen wir insbesondere den Versorgungssektor und die Energieinfrastruktur, da dort ein großer Bedarf besteht. Brasilien muss rund 85.000 km Übertragungsleitungen bauen, nur um den Strom von den Produktionsstätten im Norden dorthin zu bringen, wo die Nachfrage besteht, nämlich in die großen Städte im Süden.

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Alibaba, Anta Sports, JD.com und Miniso sind Ihre Top-Investitionen aus China. Was macht diese Unternehmen so besonders?

Hovasse: In China mögen wir viele Namen aus der Konsum- und E-Commerce-Branche. Wir glauben, dass der Konsum ein Bereich ist, der sich in diesem Jahr besonders gut entwickeln könnte, da die Chinesen 3 Billionen US-Dollar an Ersparnissen angesammelt haben. Das ist 1 Billion US-Dollar mehr als vor der Corona-Pandemie. Die Menschen dort sind seit gefühlt drei Jahren im Lockdown, sie wollen aufholen, sie wollen reisen, sie wollen in Restaurants gehen und einkaufen. Unsere Portfolio-Titel wie Anta, führendes Unternehmen für Sportbekleidung, oder Miniso, erster chinesischer Marktführer für Lifestyle-Produkte, dürften davon profitieren. Letzteres ist ein Unternehmen, das den meisten Anlegern immer noch unbekannt sein dürfte, obwohl es weltweit 5.200 Läden hat, darunter auch etwa 15 in Frankreich. 

Auch Alibaba und JD.com gefallen uns, vor allem aus Bewertungsgründen, da diese Unternehmen im vergangenen Jahr aufgrund von Sorgen vor einem ADR-Delisting einen großen Ausverkauf erlebten. Im Dezember kündigte das Public Company Accounting Oversight Board (PCAOB) an, dass die Prüfung der ersten Gruppe von Unternehmen ohne Probleme abgeschlossen sei und es Zugang zu Inspektionen gebe, wodurch das Risiko eines Delistings chinesischer Unternehmen an der US-Börse auf das Jahr 2025 verschoben wurde. Wobei es angesichts der jüngsten Erklärungen der US-Behörden wahrscheinlicher ist, dass ein Delisting vermieden wird. Deshalb haben wir Positionen in diesen Unternehmen aufgebaut, um von der Erholung nach den massiven Verlusten des vergangenen Jahres zu profitieren.

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