LinkedIn DAS INVESTMENT
Suche
in MärkteLesedauer: 6 Minuten

Carmignac-Manager exklusiv: „Die EZB sollte expansiver werden“

Seite 2 / 3


DAS INVESTMENT.com: Hatten Sie eigentlich mal griechische Anleihen?

Pickard: In jüngster Zeit nicht. Schon vor ein paar Jahren haben unsere Wirtschaftsindikatoren angezeigt, dass das mit Griechenland nichts wird. Und zum Glück müssen wir uns nicht an irgendwelche Benchmarks halten. Wir haben auch vor sechs Monaten keine Banken gehalten, obwohl alle dachten, wir seien blöd.

Saint-Georges: Sie haben es sogar gesagt.

Pickard: Stimmt, in einigen Forumsdiskussionen mit anderen Managern. ‚Das sind doch so tolle und günstige Investments’, haben sie gesagt, und: ‚Die muss man doch haben. Wie blöd ist denn Carmignac?’ So etwas ist ganz schön schwierig durchzuhalten. Andere brüsten sich oft mit ihrem Mut, wenn sie halb so viele Banken halten wie in der Benchmark sind. Wir hatten zeitweise gar keine.

DAS INVESTMENT.com: Sie erwähnten bereits Ihre Wirtschaftsindikatoren. Lüften Sie doch bitte das Geheimnis, welche das sind.

Pickard: In den vergangenen sechs Monaten hat uns vor allem ein globaler Führungsindikator geholfen, der sich aus sehr vielen Einflüssen zusammensetzt.

DAS INVESTMENT.com: Ist der hauseigen oder öffentlich?

Saint-Georges: Grundlage sind öffentliche Informationen. Aber unsere Analysten berechnen ihn selbst.

Pickard: Er war deshalb so hilfreich, weil er die Wirtschaftsentwicklung anzeigt. Die Eurokrise dauert zwar schon zwei Jahre. Die Märkte brechen aber erst jetzt ein, weil die Wirtschaft schwächelt. Wenn wir die Eurozone 5 Prozent wachsen lassen könnten, sähe alles ganz anders aus. Aber die Zinsen sind schon enorm tief, die Staatsdefizite sehr hoch. Wir können also nichts mehr tun. Es gibt nur noch eines: Die Zentralbank könnte massenhaft Geld drucken.

DAS INVESTMENT.com: Sie ziert sich.

Pickard: Ja. Aber machbar wäre es. Schauen Sie mal, die US-Notenbank hat die Geldmenge enorm ausgeweitet.

DAS INVESTMENT.com: Aber nichts damit erreicht. Keine Inflation zu sehen.

Saint-Georges: Sie wollten in erster Linie die Deflation vermeiden.

DAS INVESTMENT.com: Wenigstens das haben sie hinbekommen.

Pickard: Das Bankensystem in den USA ist zusammengebrochen. Banken leihen sich nichts mehr, dann nützt auch die Geldmenge nicht viel. Aber das kann ja noch werden, in ein paar Jahren.

DAS INVESTMENT.com: Halten Sie Inflation für die richtige Lösung für das Schuldenproblem?

Saint-Georges: Das letzte, was Sie bei einem Schuldenproblem noch gebrauchen können, ist Deflation. Denn die macht es schlimmer. Kommt dann noch eine Rezession hinzu, wird Ihr Schuldenproblem unbeherrschbar. Inflation ist später wieder bekämpfbar, darin haben Zentralbanken Übung. Deflation ist viel schwieriger. Also sollten wir jetzt lieber Inflation erzeugen als Deflation zuzulassen.

DAS INVESTMENT.com: Also verhält sich die EZB richtig?

Saint-Georges: Nein, die Fed. Die EZB sorgt sich zu sehr um Inflationsrisiken. Sie hat im Juli den Leitzins erhöht. Das sieht nicht gerade nach Deflationsbekämpfung aus.

Pickard: Nur auf die Inflation zu schauen, ist zu sehr rückwärts gerichtet. Das Problem liegt aber in der Zukunft. Und das ist Deflation. Die EZB sollte also stärker expansiv arbeiten. Ich gebe zu, das ist nicht gerade eine sehr deutsche Einstellung.
Tipps der Redaktion