Carsten Klude
Konjunkturelle Erholung im 2. Halbjahr?
Carsten Klude, Chefvolkswirt bei M.M. Warburg. Foto: M.M. Warburg
Die Unternehmensanalysten haben ihre Prognosen für die nächsten Quartale zuletzt wieder etwas angehoben. Ob das gerechtfertigt ist, erklärt Carsten Klude, Chefvolkswirt bei M.M. Warburg.
Schlaraffenland für Aktien- und Rentenmärkte
Für die Aktien- und Rentenmärkte käme ein derartiges Szenario einem Schlaraffenland gleich: Niedrigere Notenbankzinsen, um die Wirtschaft und die Unternehmensgewinne am Laufen zu halten, aber auch nicht zu viel konjunkturelle Dynamik, die zu höheren Inflationsraten und damit zu einer dann wieder restriktiveren Geldpolitik führt, sind der ideale Nährboden für steigende Kurse.
Doch der Glaube, dass sich eine lockerere Geldpolitik in den USA dauerhaft positiv auf die weitere Aktienmarktentwicklung auswirkt, hat einen Haken: Die Vergangenheit zeigt, dass dies nur dann der Fall ist, wenn eine Rezession vermieden werden konnte. Das im Moment...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Schlaraffenland für Aktien- und Rentenmärkte
Für die Aktien- und Rentenmärkte käme ein derartiges Szenario einem Schlaraffenland gleich: Niedrigere Notenbankzinsen, um die Wirtschaft und die Unternehmensgewinne am Laufen zu halten, aber auch nicht zu viel konjunkturelle Dynamik, die zu höheren Inflationsraten und damit zu einer dann wieder restriktiveren Geldpolitik führt, sind der ideale Nährboden für steigende Kurse.
Doch der Glaube, dass sich eine lockerere Geldpolitik in den USA dauerhaft positiv auf die weitere Aktienmarktentwicklung auswirkt, hat einen Haken: Die Vergangenheit zeigt, dass dies nur dann der Fall ist, wenn eine Rezession vermieden werden konnte. Das im Moment häufig zu hörende Argument einer Zinssenkung als "Versicherung" gegen einen zu starken Konjunkturabschwung fußt in erster Linie auf der Erfahrung im Jahr 1998, als es aufgrund der Asienkrise und der LTCM-Pleite zu starken Marktverwerfungen kam. Damals senkte die Fed im Herbst überraschend die Zinsen und verlängerte damit den konjunkturellen Aufschwung um zwei weitere Jahre. In den letzten drei "großen" Zinssenkungsphasen 2007-2009, 2001-2003 und 1989-1992 half eine expansivere Geldpolitik den Aktienmärkten jedoch nicht.
Solange neue Wirtschaftsdaten die Erwartung bestätigen, dass es nicht zu einer Rezession kommt, dürfte es an den Aktienmärkten bergauf gehen. Bei den Konjunkturdaten bleiben dennoch viele Vorbehalte bestehen, ob es sich bei der für das zweite Halbjahr erwarteten Erholung nicht vielmehr um Wunschdenken als um die Realität handelt. So ist es mittlerweile Konsens, dass China angesichts des anhaltenden Handelsstreits mit den USA zu noch mehr geld- und fiskalpolitischen Hilfsmaßnahmen greifen wird, um das eigene Wachstum zu stimulieren. Davon würden auch andere Volkswirtschaften profitieren, vor allem diejenigen, die einen intensiven Handel mit China betreiben.
Von daher wäre wohl die Eurozone der größte indirekte Gewinner einer Wachstumsbeschleunigung Chinas. Doch die letzten Konjunkturdaten zeigen, dass die Erholung in China bislang holprig verläuft und hinter den Erwartungen zurückbleibt. Der Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe ist im Mai wieder unter die 50-Punkte-Marke gesunken, wobei sich vor allem die Exportaufträge überdurchschnittlich stark abgeschwächt haben. Selbst in den USA hat sich die wirtschaftliche Dynamik zuletzt abgeschwächt, im Mai lagen die beiden Einkaufsmanagerindizes von IHS Markit für das Verarbeitende Gewerbe und den Dienstleistungssektor nur noch knapp über der Wachstumsschwelle von 50 Punkten. Außenwirtschaftliche Impulse sind für die Eurozone von daher sobald nicht zu erwarten.
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