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Vermögensverwalter Carsten Riehemann „Seltene Erden als Waffe in Handelskrieg“

Weiß um die Bedeutung seltener Erden: Carsten Riehemann, Geschäftsführer der Vermögensverwaltung Albrecht, Kitta & Co. Vermögensverwaltung
Weiß um die Bedeutung seltener Erden: Carsten Riehemann, Geschäftsführer der Vermögensverwaltung Albrecht, Kitta & Co. Vermögensverwaltung | Foto: Albrecht, Kitta & co.

Die weltweite Konjunktur hat sich zuletzt abgekühlt. Vor diesem Hintergrund erwägt die amerikanische Notenbank Fed die Leitzinsen zu senken. Wir befinden uns aber zumindest weiterhin im Wachstumsbereich. Gleichzeitig sind die Aktienbörsen zurzeit saisonal bedingt anfällig für eine Korrektur. Denn nach der Dividendensaison tendieren die Sommermonate traditionell tendenziell schwächer. Ein wesentlicher Grund sind die ferienbedingt geringeren Handelsumsätze.

Für eine größere Korrektur könnte vor allem der sich verschärfende Handelskonflikt zischen den USA und China sorgen. Denn dieser schraubt sich Eskalationsstufe um Eskalationsstufe immer höher. Nach dem Bann für Huawei erhöhten die Vereinigten Staaten ihre Strafzölle auf chinesische Waren im Wert von 200 Milliarden Dollar von zehn auf 25 Prozent. Zudem drohte US-Präsident Donald Trump an, die Sanktionen auf alle chinesischen Waren auszudehnen.

Darauf hat Peking auf den ersten Blick vergleichsweise moderat reagiert und umgekehrt Strafzölle für US-Waren mit einem Volumen von rund 60 Milliarden Dollar verhängt. Das hängt wohl auch mit der stark unausgeglichenen Handelsbilanz der beiden Länder zusammen. Chinas Exporte in die USA summierten sich im vergangenen Jahr auf knapp 540 Milliarden Dollar. Die Vereinigten Staaten exportierten dagegen nur Waren im Wert von rund 120 Milliarden Dollar in die Volksrepublik. Den Amerikanern steht somit ein sehr viel höheres Volumen zur Verfügung, das sie mit Importzöllen abstrafen können.

Seltene Erden als Geheimwaffe

Vor diesem Hintergrund zieht China nun andere Register. Unverhohlen hat Peking damit gedroht, seine Exporte von Seltenen Erden zu stoppen. Das würde vor allem die amerikanische Hightech- und Rüstungsindustrie treffen. Bei einem Fabrikbesuch sagte der chinesische Präsident Xi Jinping, Seltene Erden seien „eine wichtige strategische Ressource“. Die Metalle, die sich eigentlich gar nicht so selten in der Erde finden lassen, werden für die Herstellung von Unterhaltungselektronik wie Smartphones oder Windkraftanlagen gebraucht. Auch bei Rüstungsgütern - zum Beispiel bei Nachtsichtgeräten oder Kampfjets - spielen sie eine wichtige Rolle.

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China nimmt bei Seltenen Erden fast eine Monopolstellung ein. Zwar stammen nur in etwa 30 Prozent der weltweiten Vorkommen aus der Volksrepublik. Ab fast die gesamte weltweite Verarbeitungsindustrie ist im Reich der Mitte angesiedelt. Die USA beziehen rund 80 Prozent ihres Bedarfs an den Spezial-Metallen von seinem Gegner im Handelsstreit. Das chinesische Parteiorgan Volkszeitung schrieb bereits in Bezug auf einen möglichen Boykott bei Seltenen Erden: „Sagt hinterher nicht, wir hätten euch nicht gewarnt“. Eine solche Formulierung verwendete China zuletzt in der großen Koreakrise in den siebziger Jahren. Das zeigt die neue Schärfe im Konflikt.

Blaupause Australien

Wie China bei Handelsstreitigkeiten Im- und Exporte als Waffen einsetzt, ließ sich im vergangenen Jahr gut am Konflikt mit Australien beobachten. Das Land schloss aus Sicherheitsbedenken Huawei, den chinesischen Hersteller von Komponenten für Telekom-Netzwerke, vom Aufbau seines neuen Mobilfunknetzes der fünften Generation (5G) aus. China revanchierte sich unter anderem dadurch, dass die Einfuhr australischer Kohle begrenzt wurde. So erhöhten chinesische Häfen ihre Löschzeit für australische Kohlefrachter von 25 auf 45 Tage. China ist der weltweit größte Abnehmer von australischer Kohle. Gleichzeitig wurde der Tourismus in Australien gedämpft. Der Handelsstreit zwischen China und Neuseeland lief nach einem vergleichbaren Muster ab.

Der mögliche Boykott von Seltenen Erden durch China hat sich bislang noch nicht nachhaltig auf die Aktienbörsen ausgewirkt. Das gilt aber nur für die Gesamtmärkte. Bei Einzelwerten gab es dagegen bereits zum Teil heftige Reaktionen. So notierte Apple zwischenzeitlich fast 20 Prozent unter dem Hoch von Anfang Mai. Umgekehrt explodierte der Aktienkurs des australischen Seltene-Erden-Produzenten Lynas seit Ende März um 73 Prozent nach oben. Hier spielte allerdings auch ein Übernahmeangebot eine zusätzliche Rolle.

Angriff auf das Silicon Valley

Von einem Lieferstopp von Seltenen Erdenwäre wäre vor allem die in Kalifornien angesiedelte Hightech-Industrie betroffen. Die zählt zwar nicht gerade zu den größten Unterstützern von Trump, der eher im ländlichen Raum beliebt ist. Eine breitere Korrektur der US-Techwerte würde jedoch die gesamte Wall Street mit nach unten ziehen. Denn umgekehrt basierte ja auch die Rally der vergangenen Jahre maßgeblich auf den Kursanstiegen von Apple & Co.

Über die politische Weitsichtigkeit von Trumps braucht man nicht zu diskutieren. Fakt ist, dass eine Verschärfung des Konflikts momentan die Börsen in Atem hält und bei keiner Kompromissbereitschaft der beiden Opponenten auch die nächsten Monate die Kapitalmärkte maßgeblich beeinflussen wird. Unser Rat lautet momentan daher, eher zurückhaltend zu sein und Cash „trocken halten“, um in einer Beruhigung der Situation, Käufe umsetzen zu können.

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