Dein Leben ist zu kurz, um einen Job auszuüben, der dich krank macht
Laut einer Umfrage der Beratungsgesellschaft Ernst & Young (EY) aus dem März 2023 gaben 83 Prozent der Befragten an, insgesamt zufrieden im Job zu sein. 2021 waren das allerdings noch 90 Prozent. Viel frappierender war jedoch der Rückgang des Anteils derer, die uneingeschränkt zufrieden mit ihrem Job sind. Dieser nahm von 49 Prozent (2021) auf 31 Prozent (2023) ab. Parallel dazu stieg der Anteil der Befragten, die komplett unzufrieden sind, von 10 auf 17 Prozent.
Keine guten Aussichten. Insbesondere, wenn man bedenkt, wie viel Prozent unserer Lebenszeit wir heute bereits mit unserem Job verbringen. Mit Blick auf die maroden Rentensysteme wird dieser Anteil sicherlich noch weiter steigen.
Selbständigkeit ist nichts für jedermann
Die Unzufriedenheit vieler Arbeitnehmer machen sich auch Business-Coaches zunutze und ködern die Betroffenen in unseriöse Pyramiden-Systeme, Business-Coachings, Network-Marketing-Konstrukte und zu Chaka-Chaka-Seminaren.
An dieser Stelle möchte ich aber ausdrücklich feststellen, dass die Selbständigkeit kein Konzept für jedermann und erst recht kein Allheilmittel gegen Unzufriedenheit im Job ist. Es geht bei all dem Nine-to-Five-Bashing generell nicht um eine Arbeitnehmer- vs. Selbständige- vs. Unternehmer-Diskussion.
Gleichzeitig sollte sich aber auch ein Großteil der Gesellschaft von Stereotypen gegenüber der Selbständigkeit und dem Arbeitnehmertum lösen. Es ist genauso naiv zu glauben, dass das eine stets sicherer als das andere wäre, wie zu meinen, dass jeder zum Unternehmer geboren ist.
Es kommt darauf an, was du im Leben bewirken möchtest
Vielmehr ist es stets eine ganz individuelle Entscheidung, die du für dich treffen musst. Mitunter wird dir gar nichts anderes übrigbleiben, als Arbeitnehmer zu werden und das ist auch absolut in Ordnung. Astronauten, Feuerwehrleute, aber auch Banker, Piloten oder Kapitäne werden nur schwer einen anderen Weg finden, ihrer Leidenschaft nachzugehen. Darüber hinaus fühlen sich viele Menschen auch einfach wohl in ihrem Nine-to-Five-Job. Sie möchten gar nicht ausbrechen – aus welchen Gründen auch immer – und das gilt es meiner Meinung nach auch zu respektieren.
Neugierig geworden?
Dennoch sollte man mit Blick auf die eigene Gesundheit sicherlich keine Missstände im Beruf ertragen, wobei das ein komplett anderes Thema ist.
Ich wollte immer frei sein
Freiheit ist und war schon immer mein größter Antrieb. Die unendliche Welt der Literatur war stets mein Ventil, um aus festen Strukturen ausbrechen zu können. Als mit 16 Jahren auch die ersten Sachbücher dazu kamen, verstand ich, dass ich mich nicht in die Fantasie flüchten muss, um frei zu sein, sondern meine eigene Realität aktiv gestalten kann.
Das war der Moment, in dem der Keim der beruflichen Unabhängigkeit in mir zu sprießen begann. Dennoch ging ich, wie viele andere auch, zunächst den vermeintlich sicheren Weg: vom Abitur über das duale Studium in die Festanstellung in einem Industrieunternehmen. Hauptsache, man hat ein geregeltes Einkommen.
Schnell merkte ich aber, dass es nicht das war, was mich langfristig glücklich machen würde. Sinnlose Jour-Fixe-Termine, mangelnde Führungsfähigkeiten, ein toxisches Umfeld, unnötige Bürokratie, viel zu undurchdachte Prozesse: das war keine Welt, in der ich mich persönlich weiter wachsen sah.
Der einfachste Schritt in die Selbständigkeit
Für mich schien damals die nebenberufliche Selbständigkeit als probates Mittel, um einmal auszutesten, ob das ein potenzieller Ausweg wäre. Für gerade einmal 30 Euro konnte ich bei meinem Gewerbeamt mein Unternehmen anmelden.
Mein Tipp an dieser Stelle: Zerbrecht euch nicht allzu lange den Kopf darüber, was ihr genau gewerblich machen wollt. Wenn ihr gleich mehrere Ideen habt, dann geht es euch wie mir damals. Ich habe daraufhin meinen Gewerbezweck so allgemein und breit wie möglich formuliert, um mir alle Türen offenzuhalten. Gleichzeitig habe ich es aber eben auch angemeldet und damit rechtlich wie steuerlich Nägel mit Köpfen gemacht.
Eine völlig neue Welt und eine ungeheure Lernkurve
Selbständig tätig zu sein, hat rein gar nichts mit einem Angestelltenjob gemein; weder die Verpflichtungen noch die Verantwortung und erst recht nicht die Arbeitszeiten. Das kann manche Menschen überfordern und für andere der Nährboden zu enormem Wachstum sein.
Auf mich traf Letzteres zu. Ich konnte nun annähernd machen, was ich wollte, durfte und musste mich in viele neue Bereiche einarbeiten und lernte so Tag für Tag dazu. Die nebenberufliche Selbständigkeit hat mich dabei auch nicht sonderlich überfordert, denn ich musste nicht ab Tag eins meine Brötchen in der Selbständigkeit verdienen, sondern konnte sie entspannt aus der Sicherheit des Angestelltenverhältnisses auf- und ausbauen.
Ein weiterer Tipp: Haltet Abstand von der Kleinunternehmerregelung. Meiner Meinung nach sind die marginalen Vorteile es nicht wert, euch derart zu limitieren. Lernt stattdessen direkt richtig, wie es geht, ein Gewerbe zu führen und haltet euch nach oben alles offen. Einzig, wenn ihr sehr viel Geschäft mit Privatkunden habt, kann sich diese steuerliche Besonderheit lohnen. Wer vornehmlich oder gar ausschließlich Geschäftskunden hat, lässt davon besser die Finger.
Irgendwann den Absprung finden
Der richtige Zeitpunkt, alles auf eine Karte zu setzen, kommt sicherlich nie. Finanziell betrachtet war mein Schritt damals nicht der Beste. Aber im Nachhinein war es dennoch die beste Entscheidung meines Lebens, meinen Vollzeitjob zu kündigen und mit Book of Finance durchzustarten.
Erst als ich meine Schnüre durchtrennte, sah ich, wozu ich wirklich imstande bin. Es folgten unzählige Auszeichnungen, etliche Monate, in denen ich mehr Geld verdiente als vorher in einem gesamten Jahr, aber auch unglaublich viele schlaflose Nächte, Existenzängste, Sorgen, Nöte und ein Haufen Arbeit.
Und auch, wenn am Anfang außer meiner besseren Hälfte niemand so wirklich an mich und mein Business geglaubt hat, bis heute etliche schlechte Menschen versuchen mich fast wöchentlich runterzuziehen, so habe ich es doch in weniger als vier Jahren von der kleinen dualen Studentin zur erfolgreichen Unternehmerin gebracht, die nun sogar auf der Forbes 30-Under-30-Liste steht.
Es war nicht immer einfach, aber es war die Mühen wert. Selbst, wenn ich morgen alles vollständig vor die Wand fahre, habe ich so viel dazulernen dürfen, was mir niemand mehr nehmen kann.