Chefanlagestratege Markus Müller
Gesichter der Nachhaltigkeit
Aktualisiert am 10.03.2020 - 17:19 Uhr
Festival in Peking: In Schwellenländern fehlen häufig Sozialsysteme, daher sind Naturkatastrophen für die Bevölkerung schwerer zu überwinden als in Industrieländern.
Nachhaltiges Investieren ist seit ein paar Jahren schwer angesagt. Die Idee, im Einklang mit der Natur zu leben, entstand jedoch schon in der Urzeit. Markus Müller, Chefanlagestratege im Wealth Management der Deutschen Bank, gibt einen Überblick über geschichtliche Entwicklungen.
Man kann daraus ableiten, was heute noch gilt: Gesellschaften haben eine kontinuierlich wahrzunehmende „strukturelle Verantwortung“ gegenüber sich selbst, der Umwelt und der Zukunft. Auch Adam Smith, Moralphilosoph und Vater der modernen Ökonomie, schrieb bereits in der „Theory of Moral Sentiment“, dass wenn Regierungen den Schutz unserer Lebensgrundlage und unserer Erde sträflich vernachlässigen, die ganze Bevölkerung darunter leidet. Dies trifft, wenn wir uns den Beginn dieses Textes nochmal vor Augen führen, für Klima-und Umweltrisiken wie auch für soziale Aspekte wie Gleichheit, Inklusion und soziale Gerechtigkeit zu.
ESG während der Aufklärung und Industrialisierung
Im frühen 19....
Das Thema Nachhaltigkeit bewegt Unternehmen, Kapitalmärkte, Gesetzgeber. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die Analysen und Thesen der bedeutendsten Nachhaltigkeitsexperten, Top-Ökonomen und Großinvestoren – gebündelt und übersichtlich. Sie sollen dir die wichtigen Entwicklungen auf dem Weg zur nachhaltigen Gesellschaft und Finanzwelt clever und zuweilen kontrovers aufzeigen.
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Man kann daraus ableiten, was heute noch gilt: Gesellschaften haben eine kontinuierlich wahrzunehmende „strukturelle Verantwortung“ gegenüber sich selbst, der Umwelt und der Zukunft. Auch Adam Smith, Moralphilosoph und Vater der modernen Ökonomie, schrieb bereits in der „Theory of Moral Sentiment“, dass wenn Regierungen den Schutz unserer Lebensgrundlage und unserer Erde sträflich vernachlässigen, die ganze Bevölkerung darunter leidet. Dies trifft, wenn wir uns den Beginn dieses Textes nochmal vor Augen führen, für Klima-und Umweltrisiken wie auch für soziale Aspekte wie Gleichheit, Inklusion und soziale Gerechtigkeit zu.
ESG während der Aufklärung und Industrialisierung
Im frühen 19. Jahrhundert war es der deutsche Gelehrte Alexander von Humboldt, der die Natur und den Menschen als Gesamtheit betrachtete. Er wurde von seinen Reisen in die neue Welt wie auch von der Feststellung inspiriert, dass Waldrodungen in Venezuela zum Austrocknen von nahegelegenen Seen führten, mit verheerenden Folgen für das Ökosystem. Wenig später vertraten in den USA einige wenige diese Weltanschauen.
Die neuenglischen Transzendentalisten aus dem US-Bundesstaat Massachusetts, eine Gruppe von Schriftstellern und Philosophen in der Zeit von 1836 bis circa 1860, sahen die Natur wie einen Organismus und einen moralischen Erzieher. Sie traten für eine freiheitliche, selbstverantwortliche und naturzugewandte Lebensführung ein und können als Vorreiter der Naturschutzbewegung betrachtet werden. Die wichtigsten Vertreter dieser literarischen Bewegung warten die Schriftsteller Ralph Waldo Emerson und Henry David Thoreau.
Im 20. Jahrhundert schließlich etablierte sich in den westlichen Industrienationen der Gedanke des Umweltschutzes, vornehmlich im Laufe der achtziger Jahre, nach und nach auf gesellschaftlicher und politischer Ebene. Dies war insbesondere in Europa der Fall. Dieser Zeitpunkt markiert die offizielle Aufnahme ökologischer Kriterien in die Agenda der Regierungen und in das Bewusstsein breiter Bevölkerungsschichten. Dieser kurze historische Syllabus zeigt, dass das Verständnis von Nachhaltigkeit, im Sinne von Harmonie zwischen den Menschen und anderen Lebewesen sowie der Erde an sich, nicht nur zum Respekt vor der Natur, zu der wir gehören, und zur Welt, in der wir leben führt, sondern auch zur Einsicht, dass die meisten ökologischen und sozialen Herausforderungen nur in gegenseitiger Abhängigkeit lösbar sind.
Nachhaltigkeit ist damit unser ursprünglichstes „Weltkulturerbe“, ein Begriff, der tief in unseren Kulturen weltweit verwurzelt ist. Das von Joachim Heinrich 1807 herausgegebene Wörterbuch der deutschen Sprache definiert das Wort "Nachhalt" als das, "woran man sich hält, wenn alles andere nicht mehr hält". Daraus lässt sich ableiten, dass Nachhaltigkeit nichts anderes darstellt, als unsere heutige Art, unsere Verantwortung gegenüber der Natur und schließlich gegenüber uns selbst zu artikulieren.
Im Jahr 1979 hat Hans Jonas in seinem Buch „Das Prinzip Verantwortung“ bereits gemahnt, dass erstmals in der Geschichte „die Menschheit sich selbst und die ganze Erde vernichten“ kann. Das Verhältnis zwischen Mensch und Natur ist für Hans Jonas „kein Herrschaftsverhältnis sondern ein Verantwortungsverhältnis“. Jonas‘ zentrale These „handle so, dass die Wirkungen deiner Handlung verträglich sind mit der Permanenz echten menschlichen Lebens auf Erden" bleibt aktueller denn je.
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