Chefökonom Gerhard Winzer
Geldpolitik in Schieflage

Chefökonom Gerhard Winzer
Das Arsenal an Werkzeugen, die Zentralbanken zur Bekämpfung von Rezessionen zur Verfügung stehen, ist ziemlich leer geräumt. Damit steigt der Druck auf die Fiskalpolitik, einen größeren Anteil in der Steuerung der Konjunktur zu übernehmen.
Nach dem abgetretenen Präsidenten der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, hat auch der scheidende Gouverneur der Zentralbank im Vereinigten Königreich (Ba...
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Das Arsenal an Werkzeugen, die Zentralbanken zur Bekämpfung von Rezessionen zur Verfügung stehen, ist ziemlich leer geräumt. Damit steigt der Druck auf die Fiskalpolitik, einen größeren Anteil in der Steuerung der Konjunktur zu übernehmen.
Nach dem abgetretenen Präsidenten der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, hat auch der scheidende Gouverneur der Zentralbank im Vereinigten Königreich (Bank of England), Mark Carney, auf die Gefahr hingewiesen, dass Zentralbanken nicht mehr in der Lage sein würden, dem nächsten größeren Abschwung ausreichend mit Leitzinssenkungen zu begegnen.
Niedriges Zinsniveau
Der Ausgangspunkt ist das außerordentlich niedrige Zinsniveau. Der neutrale Zinssatz, der weder unterstützend noch restriktiv auf das Bruttoinlandsprodukt wirkt und im Einklang mit Vollbeschäftigung und einer stabil niedrigen Inflation steht, ist auf ein sehr niedriges Niveau gefallen.
Dieser Zinssatz ist einer der wichtigsten Bausteine in der Volkswirtschaftslehre, aber naturgemäß nur mit einer erheblichen Unsicherheit zu schätzen. Einer der bekanntesten Schätzungen zufolge (Laubach / Williams von der US-amerikanischen Zentralbank) beträgt er für die USA 0,61 Prozent und für die Eurozone 0,2 Prozent. Dieser reale Zinssatz wird bereinigt um die Inflation.
Dazu kommt, dass der neutrale Zinssatz nicht notwendigerweise der Leitzinssatz einer Zentralbank, sondern eher die Verzinsung eines globalen Portfolios von Staatsanleihen ist. Denn das Ausmaß von allen Finanzprodukten ergibt auf globaler Ebene mittlerweile einen Wert von 400.000 Milliarden US-Dollar.
Das übersteigt um das Fünffache das globale Bruttoinlandsprodukt von 80.000 Milliarden US-Dollar und verdeutlicht, warum die negative Rückkopplung von Kursrückgänge bei Wertpapieren auf das Bruttoinlandsprodukt berücksichtigt werden muss.
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