Chefvolkswirt Carsten Klude
Warum die deutsche Wirtschaft schwächelt
Aktualisiert am 10.03.2020 - 16:49 Uhr
Güterzug in Hamburg: Nach der Aufnahme Chinas in die Welthandelsorganisation stieg die globale Handelsaktivität.
Deutschlands Wirtschaftsleistung lässt seit 18 Monaten nach. Carsten Klude, Chefvolkswirt von M.M. Warburg, nennt Gründe und gibt einen Ausblick auf das Jahr 2020.
Im dritten Quartal dürfte die deutsche Wirtschaft erneut leicht geschrumpft sein, sodass das Kriterium einer technischen Rezession erfüllt wäre. Rezession hört sich sehr negativ an, allerdings handelt es sich im Moment um eine sehr milde Form der Rezession, die kaum von einer Stagnation zu unterscheiden ist. Bislang gehen wir für das vierte Quartal wieder von einem leichten Wachstum aus, sodass sich für das Gesamtjahr ein reales BIP-Wachstum von 0,5 Prozent abzeichnet.
Für das nächste Jahr prognostizieren wir eine Wachstumsrate von 0,9 Prozent, wobei die nahezu verdoppelte Wachstumsrate nur darauf zurückzuführen ist, dass es je nach Bundesland zwischen drei und fünf Arbeitstage...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Im dritten Quartal dürfte die deutsche Wirtschaft erneut leicht geschrumpft sein, sodass das Kriterium einer technischen Rezession erfüllt wäre. Rezession hört sich sehr negativ an, allerdings handelt es sich im Moment um eine sehr milde Form der Rezession, die kaum von einer Stagnation zu unterscheiden ist. Bislang gehen wir für das vierte Quartal wieder von einem leichten Wachstum aus, sodass sich für das Gesamtjahr ein reales BIP-Wachstum von 0,5 Prozent abzeichnet.
Für das nächste Jahr prognostizieren wir eine Wachstumsrate von 0,9 Prozent, wobei die nahezu verdoppelte Wachstumsrate nur darauf zurückzuführen ist, dass es je nach Bundesland zwischen drei und fünf Arbeitstage mehr gibt. Bereinigt man diesen Effekt – so wie es international üblich ist – bleibt das Wachstum auch 2020 bei 0,5 Prozent.
Deutsche Wirtschaft im Abwärtsmodus
Die Reduzierung unserer DAX-Prognose auf 11.000 Punkte hat für reichlich Diskussionen gesorgt. Um es nochmal zu verdeutlichen: Die Anpassung ist allein der Tatsache geschuldet, dass sich die deutsche Wirtschaft im Gegensatz zu den Erwartungen bisher nicht erholt hat und die Gewinnerwartungen für die DAX-Unternehmen seit Jahresbeginn deutlich reduziert wurden.
Für die Gewinne in diesem Jahr sind die Schätzungen um 13 Prozent reduziert worden, die Erwartungen für 2020 sind um 9 Prozent gesunken. Da es zuletzt weitere Gewinnwarnungen gab, dürfte das Ende der Fahnenstange bei den Anpassungen noch nicht erreicht sein. Kopfzerbrechen bereitet uns vor allem der erwartete Gewinnanstieg von fast 14 Prozent im nächsten Jahr, der ohne eine deutliche wirtschaftliche Erholung unrealistisch ist.
Allerdings könnten die geringeren Gewinnerwartungen durch einen höheren Bewertungsmultiplikator ausgeglichen werden. Wir haben für unser neues Kursziel ein Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 12,5 unterstellt, das etwas oberhalb des langfristigen Durchschnitts von 12 liegt. Würde man stattdessen mit einem KGV von 14 oder 15 rechnen, ließen sich DAX-Ziele von 12.400 oder 13.200 ableiten. Möglich, dass Anleger wegen angeblich fehlender Anlagealternativen diesmal bereit sind, eine höhere Prämie für Aktien zu bezahlen. Normalerweise sind die Bewertungskennzahlen im Abschwung allerdings niedriger als im Durchschnitt.
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