Chefvolkswirt Robert Baur
Die Krux mit der Inflation
Aktualisiert am 10.03.2020 - 17:17 Uhr
Mario Draghi: Im Oktober endet seine Amtszeit als EZB-Präsident.
In den vergangenen Jahren hat sich gezeigt, dass Zentralbanker keine Inflation erzeugen können, so sehr sie es auch wollen. Robert Baur, Chefvolkswirt bei Principal Investors, nennt Gründe.
Nach einem kurzen Aufflackern im vergangenen Jahr ist die Inflation in der Eurozone zuletzt wieder auf 1,3 Prozent gesunken – weit unterhalb der Zielmarke der EZB von „nahe, aber unter 2 Prozent“. Ähnliches gilt für die USA, von Japan gar nicht zu reden. Auch die Inflationserwartungen der Marktteilnehmer wollen partout nicht steigen – und das, obwohl die Zentralbanken nicht müde werden, mit immer expansiverer Geldpolitik die Inflation zu befeuern.
Ob die panische Angst vor Deflation überhaupt gerechtfertigt ist, steht auf einem anderen Blatt. Doch hier ist unabhängig davon erst einmal festzuhalten, dass die Zentralbanken offensichtlich keine direkte Kontrolle über die Preissteigerung...
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Nach einem kurzen Aufflackern im vergangenen Jahr ist die Inflation in der Eurozone zuletzt wieder auf 1,3 Prozent gesunken – weit unterhalb der Zielmarke der EZB von „nahe, aber unter 2 Prozent“. Ähnliches gilt für die USA, von Japan gar nicht zu reden. Auch die Inflationserwartungen der Marktteilnehmer wollen partout nicht steigen – und das, obwohl die Zentralbanken nicht müde werden, mit immer expansiverer Geldpolitik die Inflation zu befeuern.
Ob die panische Angst vor Deflation überhaupt gerechtfertigt ist, steht auf einem anderen Blatt. Doch hier ist unabhängig davon erst einmal festzuhalten, dass die Zentralbanken offensichtlich keine direkte Kontrolle über die Preissteigerung haben. Sie könnten versuchen, die Wirtschaft so zu stimulieren, dass der gesamte Arbeitsmarkt und die Produktionskapazitäten soweit ausgeschöpft werden, dass am Ende Produzenten und Arbeitnehmer eine gewisse Preissetzungsmacht haben.
Wenn das passiert und das Wachstum anzieht, wird sich das letztendlich auch als preissteigernd bemerkbar machen. Aber es gab nach der Finanzkrise und gibt derzeit durch Störungen im Welthandel so viel Überhang , dass die Zentralbanken dagegen nicht viel ausrichten konnten. Denn wenn niemand Geld leihen will, um zu investieren oder zu expandieren, spielt es keine Rolle, wie niedrig die Zinsen sind oder wie lange sie niedrig bleiben werden.
Zentralbanken können keine Inflation erzeugen
Diese Unfähigkeit der Zentralbanken, Inflation zu erzeugen, und die Tatsache, dass Inflation und Zinsen so lange so niedrig waren (in der Eurozone sind die kurzfristigen realen Zinsen seit mittlerweile einer ganzen Dekade negativ) haben zu dem Konsens geführt, dass beides für längere Zeit so bleiben wird („lower for longer“). Das ist zum Teil eine (allzu) simple Fortschreibung dieser Trends. Teilweise liegt dem aber auch die Annahme struktureller Faktoren zugrunde.
So heißt es, dass die Demographie, im Falle der westlichen Gesellschaften die zunehmende Alterung der Gesellschaft, aufgrund des veränderten Konsum- und Sparverhaltens der älteren Generation deflationär wirke. Ein weiterer Erklärungsversuch geht dahin, dass der technologische Fortschritt zunehmend die Produktion günstiger Produkte bei geringerer Auslastung der Belegschaft erlaube. Auch die Möglichkeit des Preisvergleichs durch die Transparenz des Internets wird angeführt.
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