Chefvolkswirt Thorsten Polleit
Geldflut bringt Inflation
Thorsten Polleit ist Chefvolkswirt bei Degussa Goldhandel. Foto: Degussa
Die Rettungspakete von Politikern und Notenbankern entwerten Geld, ist sich Thorsten Polleit sicher. Hier erklärt der Chefvolkswirt von Degussa Goldhandel wissenschaftliche Hintergründe seiner These.
Ein solches Szenario unterstellt – und das ist sehr wichtig zu betonen –, dass die volkswirtschaftliche Geldnachfrage zunimmt, dass die Menschen also plötzlich mehr Geld halten möchten im Verhältnis zu ihren bisherigen Lebensumständen (Einkommen, Lebensalter, Vermögenstatus etc.). Wie gesagt, so etwas ist ex ante zwar nicht kategorisch auszuschließen – bekanntlich ändern ja Menschen ihr Verhalten zuweilen plötzlich und nicht selten rigoros.
Doch zwei gewichtige Gründe sprechen dagegen, dass unter den aktuellen Gegebenheiten die Umlaufgeschwindigkeit dauerhaft absinkt. Erstens: In einer Rezession, in der viele Menschen Einkommensverluste erleiden, ist es nicht einsichtig, warum die Geldbeträge,...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Ein solches Szenario unterstellt – und das ist sehr wichtig zu betonen –, dass die volkswirtschaftliche Geldnachfrage zunimmt, dass die Menschen also plötzlich mehr Geld halten möchten im Verhältnis zu ihren bisherigen Lebensumständen (Einkommen, Lebensalter, Vermögenstatus etc.). Wie gesagt, so etwas ist ex ante zwar nicht kategorisch auszuschließen – bekanntlich ändern ja Menschen ihr Verhalten zuweilen plötzlich und nicht selten rigoros.
Doch zwei gewichtige Gründe sprechen dagegen, dass unter den aktuellen Gegebenheiten die Umlaufgeschwindigkeit dauerhaft absinkt. Erstens: In einer Rezession, in der viele Menschen Einkommensverluste erleiden, ist es nicht einsichtig, warum die Geldbeträge, die ihnen der Staat beziehungsweise die Zentralbank zukommen lässt, um ausgefallene Löhne und Umsätze auszugleichen, gehortet und nicht für die Nachfrage nach (Grund-)Gütern eingesetzt werden sollten.
Schließlich müssen die Menschen sich ernähren, sich kleiden, ihre Wohnung bezahlen, sich von hier nach dort bewegen und die Angestellten entlohnen. Und je mehr Geld sie auf ihre Konten gebucht bekommen, desto mehr können sie ihre gewohnte Nachfrage nach Gütern aufrecht erhalten.
Zweitens: Dass sich die Erwartung einer Preisdeflation in einem ungedeckten Geldsystem festsetzt, ist nicht wahrscheinlich. Zum einen ist ein Rückgang der Güterpreise auf breiter Front einschließlich der Löhne politisch nicht gewünscht. Es wird sich daher eine große Mehrheit in der Bevölkerung finden, die einen drohenden Verfall der Güterpreise und Löhne bekämpft sehen will.
Zum anderen kann die Geldmenge quasi jederzeit und in jeder beliebigen Menge von der Zentralbank ausgeweitet werden – wenn es sein muss auch durch die Ausgabe des berühmten Helikoptergeldes.
Mit Helikoptergeld in die Planwirtschaft
Helikoptergeld bedeutet, dass die Zentralbank den Menschen neues Geld zukommen lässt – beispielsweise indem sie ihnen zusätzliche Geldbeträge auf ihre Konten bucht. Alle bekommen somit mehr Geld, können ihre Güternachfrage bestreiten beziehungsweise ausweiten. Die Zentralbank würde im besten Fall versuchen, so viel neues Helikoptergeld in Umlauf zu bringen, um die Konsumgüterpreise mit Raten zwischen 0 und 2 Prozent ansteigen zu lassen.
Und allein schon dieses Politikziel rechtfertigt natürlich jede als notwendig erachtete Geldmengenausweitung, wie auch immer sie zustande kommen mag. Politiker und auch andere Empfänger des neuen Geldmengen-Segens wären vermutlich sogar begeistert, wenn sie das neue Geld bedingungslos bekommen – im Zuge wöchentlicher, monatlicher oder quartalsmäßiger Kontogutschriften.
Das aber käme einer kategorialen Veränderung des Wirtschafts- und Gesellschaftssystems gleich: Die Geldversorgung der Menschen wäre fortan nicht mehr davon abhängig, dass sie etwas produzieren, was ihre Mitmenschen freiwillig nachzufragen wünschen, sondern sie hängt allein von der Willkür der Zentralbank bei der Geldzuteilung ab.
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