Chefvolkswirt Thorsten Polleit
Geldflut für die Märkte
Thorsten Polleit ist Chefvolkswirt bei Degussa Goldhandel. Foto: Degussa Goldhandel
Zentralbanker pumpen viel Geld in die Wirtschaft, um sie am Laufen zu halten. Je größer jedoch die Lücke zwischen Geldmenge und Produktion ist, desto höher ist auch das Inflationsrisiko. Thorsten Polleit, Chefvolkswirt von Degussa Goldhandel, erklärt die Zusammenhänge.
Die Zentralbankräte ermöglichen einem Wirtschafts- und Gesellschaftssystem den Fortbestand, das bei offener Darlegung der Dinge vermutlich keine Aussicht auf die Billigung durch das Volk hätte.
Im Januar 1923, einige Monate bevor die deutsche Papiermark im Orkan der Hyperinflation unterging, schrieb der Ökonom Ludwig von Mises (1881–1973):
„Wir sahen, daß eine Regierung sich immer dann genötigt sieht, zu inflationistischen Maßnahmen zu greifen, wenn sie den Weg der Anleihebegebung nicht zu betreten vermag und den der Besteuerung nicht zu betreten wagt, weil sie fürchten muß, die Zustimmung zu dem von ihr befolgten System zu verlieren, wenn sich seine finanziellen und allgemein...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
Da diese Artikel nur für Profis gedacht sind, bitten wir Sie, sich einmalig anzumelden und einige berufliche Angaben zu machen. Geht ganz schnell und ist selbstverständlich kostenlos.
Die Zentralbankräte ermöglichen einem Wirtschafts- und Gesellschaftssystem den Fortbestand, das bei offener Darlegung der Dinge vermutlich keine Aussicht auf die Billigung durch das Volk hätte.
Im Januar 1923, einige Monate bevor die deutsche Papiermark im Orkan der Hyperinflation unterging, schrieb der Ökonom Ludwig von Mises (1881–1973):
„Wir sahen, daß eine Regierung sich immer dann genötigt sieht, zu inflationistischen Maßnahmen zu greifen, wenn sie den Weg der Anleihebegebung nicht zu betreten vermag und den der Besteuerung nicht zu betreten wagt, weil sie fürchten muß, die Zustimmung zu dem von ihr befolgten System zu verlieren, wenn sich seine finanziellen und allgemein wirtschaftlichen Folgen allzu schnell klar enthüllen. So wird die Inflation zu dem wichtigsten psychologischen Hilfsmittel einer Wirtschaftspolitik, die ihre Folgen zu verschleiern sucht. Man kann sie in diesem Sinne als ein Werkzeug antidemokratischer Politik bezeichnen, da sie durch Irreführung der öffentlichen Meinung einem Regierungssystem, das bei offener Darlegung der Dinge keine Aussicht auf die Billigung durch das Volk hätte, den Fortbestand ermöglicht.“
Der Eindruck, jetzt ist es wieder soweit, drängt sich auf, blickt man auf die Geldpolitiken weltweit: Der Wirtschaftszusammenbruch, den der politisch diktierte Lockdown verursacht hat, wird mit dem Anwerfen der elektronischen Notenpresse bekämpft.
Denn das Geld, das die Regierungen den Arbeitslosen und strauchelnden Firmen und Banken auszahlen wollen, haben sie nicht, und sie können es sich durch Steuern oder Anleiheemissionen im Kapitalmarkt auch nicht beschaffen. Deshalb setzt man ungeniert die Inflationspolitik ein. Obwohl die Wirtschaftsleistung drastisch eingebrochen ist, wird die Menge des Geldes ausgeweitet.
In den Vereinigten Staaten von Amerika wächst die Geldmenge M1 bereits mit 35 Prozent gegenüber dem Vorjahr, die Geldmenge M2 mit 23 Prozent. Im Euroraum zeigen sich ebenfalls die Anfänge der Geldmengenvermehrung: Die Euro-Geldmenge M1 steigt um knapp 12 Prozent, M3 um gut 8 Prozent. Ein inflationärer Geldüberhang baut sich auf.
Je größer die Lücke zwischen Geldmenge und Produktion ist, desto stärker ist der Aufwärtsdruck auf die Güterpreise. Derzeit dürfte der Geldüberhang in den USA bei ungefähr 40 Prozent liegen – und stellt damit einen Rückgang der Kaufkraft des Greenbacks um etwa 30 Prozent in Aussicht, der im Laufe der Zeit vermutlich in einer Kombination aus Konsumgüter- und Vermögenspreisinflation zutage treten wird.
Die Entwicklungen im Euroraum deuten ganz ähnliches an. Die bange Frage ist: Wie schlimm kann die Geldentwertung noch werden? US-Dollar, Euro und Co repräsentieren ungedecktes Geld, und das kann bekanntlich im Extremfall seine Kaufkraft völlig verlieren – wie die leidvolle Währungsgeschichte schon so häufig gezeigt hat.
Über den Autor