Chefvolkswirt Ulrich Kater
Deutsch-deutsche Sparwelten
Aktualisiert am 10.03.2020 - 16:55 Uhr
Paare am Tag der deutschen Einheit in Berlin: Die wirtschaftliche Konvergenz ist auch 30 Jahre nach dem Mauerfall nicht abgeschlossen.
Die Euphorie ist längst abgeklungen, für die Jüngeren ist die deutsche Vereinigung vielfach gar schon ein Ereignis aus dem Geschichtsbuch. Und doch wirken gerade in wirtschaftlicher Hinsicht die Ereignisse nach, wie Deka-Chefvolkswirt Ulrich Kater feststellt.
Nicht nur die konkreten Umstände, die die friedliche deutsche Wiedervereinigung im Jahr 1989 begleiteten, sondern wesentlich auch die davorliegenden vier Jahrzehnte der politischen und wirtschaftlichen Trennung. Denn Wirtschaftsstrukturen wandeln sich nur sehr langsam, und einmal ausgehobene Gräben sind hier nur in sehr langen Zeitspannen wieder einzuebnen.
Die wirtschaftlichen Herausforderungen für die neuen Bundesländer begannen nicht bei der Wiedervereinigung sondern in Wahrheit schon bei der Teilung. Denn der Aderlass an Abwanderungen von Unternehmenszentralen und Produktionsstandorten in dieser Zeit ist Jahre später nicht einfach wieder rückgängig zu machen. Im Fall der beiden Deutschlands...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Nicht nur die konkreten Umstände, die die friedliche deutsche Wiedervereinigung im Jahr 1989 begleiteten, sondern wesentlich auch die davorliegenden vier Jahrzehnte der politischen und wirtschaftlichen Trennung. Denn Wirtschaftsstrukturen wandeln sich nur sehr langsam, und einmal ausgehobene Gräben sind hier nur in sehr langen Zeitspannen wieder einzuebnen.
Die wirtschaftlichen Herausforderungen für die neuen Bundesländer begannen nicht bei der Wiedervereinigung sondern in Wahrheit schon bei der Teilung. Denn der Aderlass an Abwanderungen von Unternehmenszentralen und Produktionsstandorten in dieser Zeit ist Jahre später nicht einfach wieder rückgängig zu machen. Im Fall der beiden Deutschlands ziehen daher noch heute viele ökonomische Unterschiede aus der Zeit der Trennung die ursprüngliche Grenze nach.
Ein sprechendes Beispiel gibt der Aktienmarkt: Immer noch haben nur 13 von 160 Unternehmen der großen deutschen Aktienindizes ihren Hauptsitz in den neuen Bundesländern einschließlich Berlin. Bei der wirtschaftlichen Angleichung sind die Ergebnisse gemischt: Lag das ostdeutsche Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt zu Beginn noch bei 37 Prozent des gesamtdeutschen Durchschnitts, ist es heute auf 73 Prozent angestiegen – wobei man immer berücksichtigen muss, dass auch im Westen die Wirtschaftsleistung pro Kopf von Jahr zu Jahr weiter anstieg.
Betrachtet man die einzelnen Bundesländer, fällt zum einen eine große Heterogenität – allerdings auch unter den westdeutschen Bundesländern – auf, zum anderen, dass die ostdeutschen Länder geschlossen die letzten Plätze belegen. Betrachtet man die Entwicklung im Detail, so zeigt sich, dass sich nach einem stürmischen Wachstum in den Anfangsjahren die wirtschaftliche Dynamik stark abgeschwächt hat. Zwar holt der Osten bei der Wirtschaftsleistung pro Kopf bis heute leicht auf. Noch immer erreicht die Pro-Kopf-Produktivität allerdings erst 75 Prozent des gesamtdeutschen Wertes.
Immerhin gelang es, die hohe Arbeitslosigkeit spürbar zu reduzieren. 1994 betrug die Arbeitslosenquote noch 15,4 Prozent, heute liegt sie bei nur noch 6,5 Prozent – was aber auch vor dem Hintergrund einer Abwanderungswelle gesehen werden muss, bei der sich erst in jüngster Zeit zaghafte gegenläufige Tendenzen zeigen. Auch im Bereich Geld und Vermögen zeigt sich beides: zum einen ein relatives Aufholen der neuen Bundesländer, zum anderen weiterhin verbliebene Lücken.
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