Chefvolkswirt von M.M.Warburg
Handelskriege erinnern an Gefangenendilemma
Aktualisiert am 17.03.2020 - 15:43 Uhr
Carsten Klude ist Chefvolkswirt bei M.M.Warburg. Foto: M.M.Warburg
Das Scheitern der Verhandlungen zwischen China und den USA im Handelskonflikt erinnert an das Gefangenendilemma. Donald Trump gibt sich nach wie vor der Illusion hin, dass seine Gesprächstaktik erfolgreich sein könnte. Carsten Klude, Chefvolkswirt von M.M.Warburg, hält das für gefährlich.
Was sind die Folgen dieser Politik?
1. Der Handelsstreit geht weiter und entwickelt sich zu einem Handels- und Währungskrieg. Trumps Aussage, dass Handelskriege leicht zu gewinnen seien, erweist sich als falsch. Ein möglicher Abwertungswettlauf der größten und wichtigsten globalen Währungen könnte die Folge sein – mit negativen Auswirkungen für die Weltwirtschaft und für die Finanzmärkte. Denn die mit volatilen Währungen verbundenen Planungsunsicherheiten könnten zu einer weiteren Konsum- und Investitionszurückhaltung führen.
2. Auch Währungskriege kennen keine Gewinner, darüber muss sich auch China im Klaren sein. Eine schwächere Währung führt zwar dazu, dass...
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Was sind die Folgen dieser Politik?
1. Der Handelsstreit geht weiter und entwickelt sich zu einem Handels- und Währungskrieg. Trumps Aussage, dass Handelskriege leicht zu gewinnen seien, erweist sich als falsch. Ein möglicher Abwertungswettlauf der größten und wichtigsten globalen Währungen könnte die Folge sein – mit negativen Auswirkungen für die Weltwirtschaft und für die Finanzmärkte. Denn die mit volatilen Währungen verbundenen Planungsunsicherheiten könnten zu einer weiteren Konsum- und Investitionszurückhaltung führen.
2. Auch Währungskriege kennen keine Gewinner, darüber muss sich auch China im Klaren sein. Eine schwächere Währung führt zwar dazu, dass sich die preisliche Wettbewerbsfähigkeit und damit die Exportchancen einer Volkswirtschaft verbessern. Gleichzeitig steigen aber die Importpreise und sorgen damit für einen Verlust an Kaufkraft im Inland. Schwache Währungen sind also kein Indiz für starke Volkswirtschaften, im Gegenteil. Zudem macht eine Abwertung es schwieriger und teurer, die Auslandsschulden zu bedienen. Währungskrisen führen deswegen oft auch zu Schuldenkrisen.
3. Unter der Zuspitzung des Handelsstreits zwischen China und den USA leidet die gesamte Weltwirtschaft. Zwar ist die Wirtschaftsentwicklung in den USA immer noch vergleichsweise gut, dennoch signalisieren auch dort die Frühindikatoren eine Abschwächung. Dank des robusten Arbeitsmarktes ist der private Verbrauch die Säule des Wachstums, während die Unternehmen ihre Investitionen aufgrund der größeren wirtschaftlichen Unsicherheiten bereits zurückgefahren haben. Dennoch dürfte die US-Wirtschaft in diesem Jahr real um gut 2 Prozent wachsen. China spürt dagegen, dass der Handelskrieg mit den USA die heimische Wirtschaft deutlich stärker bremst als es dem Land lieb ist. Die Industrieproduktion wächst mittlerweile so langsam wie zuletzt im Jahr 2002, Einzelhandelsumsätze und Investitionen tragen ebenfalls weniger zum Wachstum bei. Spätestens im vierten Quartal könnte sich das BIP-Wachstum auf weniger als 6 Prozent verlangsamen. Diese Entwicklung wirkt sich auch auf viele andere Länder negativ aus. Zwar muss es nicht zu einer globalen Rezession kommen, doch ist dies derzeit allein darauf zurückzuführen, dass weltweit der Dienstleistungssektor immer noch robust dasteht. Während sich der globale Einkaufsmanagerindex für die Industrie weiter abgeschwächt hat und bereits auf Rezessionsniveau liegt, hat sich der Index für die Dienstleister zuletzt wieder etwas verbessert. Entwarnung kann aber solange nicht gegeben werden, wie sich die Schwächephase im verarbeitenden Gewerbe fortsetzt.
4. Besonders prekär bleibt die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland. Auch die jüngsten Konjunkturdaten fielen lausig aus. Zwar haben sich die Auftragseingänge im Juni etwas erholt, die Industrieproduktion ist dagegen deutlich gesunken. Auch vom Bau, den Investitionen und vom Außenhandel gehen negative Wachstumssignale aus. Allein der private Konsum und der Staatsverbrauch verhindern eine schlimmere Entwicklung. Dies zeigen auch die BIP-Daten für das zweite Quartal. Dennoch bleibt eine technische Rezession, also eine rückläufige Wirtschaftsleistung in zwei Quartalen in Folge, ein für Deutschland wahrscheinliches Szenario. Somit dürfte das reale Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr gerade noch um 0,5 Prozent zulegen, nachdem es im letzten Jahr noch 1,5 Prozent waren. Und auch für 2020 ist bislang keine Besserung in Sicht. Sollte das BIP-Wachstum im nächsten Jahr etwas besser ausfallen, dann wäre dies in erster Linie darauf zurückzuführen, dass es 2020 mehr Arbeitstage gibt. Würde man diesen Effekt – wie es in fast allen anderen Ländern üblich ist – bereinigen, läge das Wirtschaftswachstum im Jahr 2020 wohl auch nur knapp über der Nulllinie.
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