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Chefvolkswirt von Unicredit über europäische Rentenmärkte: Reformerfolge statt Schuldenschnitt

in MärkteLesedauer: 7 Minuten
Eine Straßenszene in Dublin. Quelle: Pixelio
Eine Straßenszene in Dublin. Quelle: Pixelio
Die europäischen Rentenmärkte kommen nicht zur Ruhe. Zwar haben die erfolgreichen Auktionen in Portugal, Spanien und Griechenland zuletzt für eine Verschnaufpause gesorgt. Das Misstrauen vieler Investoren aber bleibt. Pressemeldungen zufolge diskutierten die europäischen Finanzminister den Rückkauf von griechischen und irischen Anleihen deutlich unter dem Nennwert. Faktisch wäre dies ein (freiwilliger) Schuldenschnitt, sofern die Anleger ihre Anleihen auch tatsächlich verkaufen. Neben solchen Überlegungen verweisen Marktbeobachter auf den schwierigen Balanceakt zwischen Konsolidierung und wirtschaftlicher Erholung. Allein in diesem Jahr belaufen sich Einsparungen und Steuererhöhungen in Spanien auf umgerechnet 3,5 Prozent des BIP; in Griechenland, Irland und Portugal sind es sogar rund 4 Prozent. Hinzu kommt eine voraussichtlich weiter steigende Arbeitslosigkeit.

Der daraus resultierende negative Nachfrageeffekt lässt sich kurzfristig – wenn überhaupt – nur äußerst schwer kompensieren. Die Gefahr liegt auf der Hand: Die Krisenländer fallen zurück in die Rezession oder verharren dort wahrscheinlich wie im Falle Griechenlands. Auf Sicht der nächsten Monate werden deshalb die Märkte mit ihrer pessimistischen Sichtweise wohl Recht behalten. 2012 oder 2013 werden die Karten allerdings neu gemischt. Neben reinen Konsolidierungsanstrengungen haben die europäischen Krisenländer nämlich auch Strukturreformen auf der Angebotsseite verabschiedet. Insbesondere die Flexibilisierung auf dem Arbeitsmarkt steht ganz oben auf der Agenda. In Griechenland und Portugal wurde neben einer Vielzahl anderer Maßnahmen eine Dezentralisierung der Lohnverhandlungen auf den Weg gebracht. In Irland wurde der Mindestlohn reduziert, um Arbeitssuchenden mit geringer Qualifikation bessere Beschäftigungschancen einzuräumen. In Spanien wurde der rigide Kündigungsschutz spürbar gelockert. Diese Strukturreformen erhöhen die Flexibilität der Unternehmen und steigern gesamtwirtschaftlich die Produktivität.

Wie stehen die Erfolgschancen eines solchen Cocktails aus Angebots- und Nachfragepolitik? Zwei Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit zeigen, dass mittelfristig durchaus wieder Wachstum generiert werden kann – trotz hohem öffentlichen Schuldenstand und massiven Einsparmaßnahmen. Die positiven Angebotseffekte beginnen, sich nach einer gewissen Zeit durchzusetzen und den Nachfrageausfall zu kompensieren. Der Weg in die europäische Transferunion ist deshalb nicht automatisch vorgezeichnet. Auch ein Schuldenschnitt ist kein Königsweg, weist er doch einen entscheidenden Nachteil auf: ein klassisches Moral Hazard Problem. Griechenland und Irland könnten sich fragen, warum sie innerhalb kurzer Zeit zu solch drakonischen Maßnahmen gegriffen haben. Etwas weniger hätte es dann ja auch getan. Der Reformeifer erlahmt, und das Gegenteil des eigentlich Gewünschten wäre erreicht. Auch die Signalwirkung auf andere Länder wie etwa Portugal könnte durchaus negativ sein. Wenn Griechenland und Irland die Möglichkeit eines Schuldenschnitts erhalten, wollen die Portugiesen dies vielleicht auch.

Im Folgenden wird anhand zweier Reformbeispiele ein alternativer – und mittelfristig erfolgreicher – Weg vorgestellt. Er ist zwar wesentlich mühseliger als ein Schuldenschnitt. Dafür setzt er aber auf marktwirtschaftliche Kräfte, die nachhaltiger wirken und besser für die Stabilität des Euro sind.
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