Volkswirt Andreas Busch
So wichtig ist China für die Weltwirtschaft

Andreas Busch arbeitet als Volkswirt bei der Investmentgesellschaft Bantleon. Foto: Thomas Wieland
China streicht Covid-Restriktionen und greift der Immobilienbranche unerwartet kräftig unter die Arme. Bringt das Reich der Mitte die Weltwirtschaft wieder auf Kurs? Hier gibt Bantleon-Analyst Andreas Busch eine Einschätzung.
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Vor wenigen Monaten hatten die zunehmenden Proteste der chinesischen Bevölkerung überraschend schnell zur kompletten Aufgabe aller Covid-Restriktionen geführt. Gleichzeitig greift der Staat nunmehr auch der Bauwirtschaft unerwartet kräftig unter die Arme. In der Folge hellt sich nicht nur der Wachstumsausblick für China auf. Einige Beobachter sehen im Reich der Mitte inzwischen auch den Retter der Weltwirtschaft, der ein Gegengewicht zum Abschwung in den Industrienationen bildet. Mausert sich China damit beim globalen Konjunkturausblick zum Gamechanger?
Was die Konjunkturperspektiven im Reich der Mitte angeht, hat tatsächlich ein bemerkenswerter Wandel stattgefunden. Der Grund dafür ist nicht allein das schlagartige Ende aller Lockdown-Maßnahmen. Unverhofft schnell scheint auch die Immunisierung der Bevölkerung voranzukommen. Studien zufolge haben sich bereits knapp zwei Drittel mit der hochansteckenden Omikron-Variante infiziert. In einzelnen Provinzen soll diese Quote sogar in der Nähe von 90 Prozent liegen. Entsprechend verliert die Pandemie zügig an Schrecken, was sich nicht zuletzt in den Mobilitätsdaten niederschlägt.
Nach einem kurzen Einbruch des Verkehrsstauindex für die 100 größten Städte Ende vergangenen Jahres hat dieses Mobilitätsbarometer bereits wieder klar nach oben gedreht (siehe Abbildung 1). Die Reisewelle im Umfeld des Neujahrsfests dürfte das Infektionsgeschehen zwar kurzfristig nochmals anheizen und damit zu temporärem Störfeuer führen. Ungeachtet dessen spricht vieles dafür, dass sich ab dem Frühjahr landesweit der aufgestaute Nachholbedarf beim Konsum entladen kann und damit das Wachstum merklich anschiebt.

Konjunktureller Rückenwind sollte daneben vom Wohnungsbau ausgehen. Die harte Hand des Staates gegenüber den Immobilienunternehmen hatte die Baubeginne 2022 um knapp 50 Prozent gegenüber dem Rekordjahr 2019 sinken lassen. Auch hier ist somit erheblicher Nachholbedarf entstanden, der sich im Zuge der nun beschlossenen Erleichterungen entfalten dürfte. Unter anderem hat die Regierung den Zeitraum verlängert, in dem die Bauträger die Verschuldungskriterien erfüllen müssen (die sogenannten drei roten Linien) und die staatlichen Banken verpflichtet, mehr Kredite an die Immobilienentwickler zu vergeben.
Alles in allem sehen wir gute Chancen, dass in China schneller als noch bis vor kurzem gedacht eine dynamische konjunkturelle Erholung beginnt. Das BIP-Wachstum dürfte in diesem Zuge merklich anziehen und könnte im laufenden Jahr sogar das im Raum stehende Ziel der Regierung von 5,5 Prozent überschreiten (nach plus 3,0 Prozent 2022).
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