China, Europa, USA So sieht Bert Flossbach die Finanzmärkte 2016
Präsident Xi Jinping: Die Wachstumsaussichten Chinas hängen zu einem großen Teil von seiner Reformbereitschaft ab. Foto: Getty Images
China: Wirtschaftmotor im Transformationsprozess
Die Entwicklung in China ist für globale Finanzmärkte von größter Bedeutung. Die weltweiten Börsen-Einbrüche infolge des Börsencrashs in der Volksrepublik am Jahresanfang haben das eindrucksvoll gezeigt. Die Wachstumsaussichten Chinas hängen sehr stark von den politischen Entscheidungen in Peking ab, schreibt Flossbach und wirft einen Blick auf die Agenda des chinesischen Präsidenten Xi Jinping. Dieser fürchte nichts so sehr als eine Gefährdung des sozialen Friedens, ist Flossbach überzeugt. Und da schlechte Wirtschaftslage, steigende Arbeitslosigkeit und die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit einem korrupten Staatsapparat in Massenproteste münden können, werde Jinping langfristig einen „moderaten Wohlstand“ der Gesellschaft anstreben.
Ein Hindernis auf dem Weg zum Wohlstand für breitere Bevölkerungsschichten ist Korruption. Die massive Antikorruptionskampagne, der in den vergangenen Monaten viele bekannte Unternehmer und hohe Staatsbeamte zum Opfer gefallen sind, sieht Flossbach als das erste Anzeichen dafür, wie ernst es dem chinesischen Präsidenten mit dem Erhalt des sozialen Friedens ist.
China mache gerade einen Transformationsprozess durch, so Flossbach weiter. Besonders wichtig seien dabei strukturelle Reformen. So berichtet Flossbach von Staatsbetrieben, die personell zu mehr als 100 Prozent überbesetzt sind. Hier seien einschneidende -allerdings eher unpopuläre - Umstrukturierungsmaßnahmen nötig.
Auf der anderen Seite sieht Flossbach neue Wachstumsmöglichkeiten im Dienstleistungssektor - und hier vor allem im Bereich der Online-Dienste. Chinas Internetgiganten wie Alibaba, Baidu und Tencent Holding seien die Protagonisten des Internetzeitalters in China. Außerdem verfüge das Land über eine gute Infrastruktur und eine immer besser ausgebildete und nach Wohlstand strebende Bevölkerung. „Die Herausforderung für die Regierung besteht darin, die kreative Zerstörung alter Industrien und ihrer Arbeitsplätze durch neue Bereiche zuzulassen, ohne den sozialen Frieden zu gefährden“.
Über die Renminbi-Schwäche und die jüngste Kriegserklärung des Star-Spekulanten George Soros gegen die chinesische Währung macht sich Flossbach hingegen keine Gedanken. Im Vergleich zum brasilianischen Real oder dem russischen Rubel wirke die jüngste Schwächephase „nahezu homöopatisch“, schreibt er. Hilfreich sei auch, dass China im Gegensatz zu anderen Schwellenländern bald über eine global anerkannte Reservewährung verfügen dürfte. „Durch die internationale Akzeptanz des Renminbi sinkt die Abhängigkeit der chinesischen Volkswirtschaft von ausländischem Kapital, was den Gestaltungsspielraum der Regierung erhöht“.