China-Fondsmanager Sungho Im „Der Handelskrieg könnte noch ein ganzes Jahrzehnt andauern“
DAS INVESTMENT: Wie kommentieren Sie die Folgen des Handelsstreits zwischen den USA und China für Ihren Fonds?
Sungho Im: Die Kurseinbrüche um etwa ein Viertel ihres in diesem Jahr erreichten Rekordwertes ist auf zwei Teilfaktoren zurückzuführen: Erstens haben sich die fundamentalen Aussichten durch die Strafzölle verändert. Außerdem gab es durchaus berechtigte Ängste vor dem Einfluss der so genannten Schattenbanken, den steigenden Schulden und den aufgeblasenen Preisen am Immobilienmarkt. Das dürfte jedoch nur weniger als die Hälfte der Kursverluste erklären. Zum größeren Teil beruhen sie auf dem zweiten Faktor, dem schwindenden Investorenvertrauen. Der vor allem stimmungsgetriebene Absturz ist damit also eine Überreaktion der Märkte.
Erwarten Sie von dem Ende November geplanten Treffen zwischen Donald Trump und Xi Jinping beim G20-Gipfel in Argentinien einen baldigen US-Politikwechsel?
Im: Nein. Wir erwarten, dass noch viel über den Handelskrieg gesprochen wird – so wie bereits in der Vergangenheit oft geschehen. Allerdings rechnen wir nicht damit, dass dabei substanzielle Ergebnisse herauskommen. Unser Worst-Case-Szenario für das Treffen im November ist, dass es kein Foto vom Händeschütteln der beiden Präsidenten geben wird. Nein, im Ernst: Der Handelskrieg könnte noch ein ganzes Jahrzehnt andauern. Das hat aber langfristig keinen Einfluss auf die Aktienmärkte und wird in den Kursen eingepreist. Nach der Panikattacke der Börsen wird der Handelskrieg zum chronischen Leiden der chinesischen Unternehmen.
Inwiefern könnte die Aussicht auf steigende Leitzinsen in den USA dieses Leiden noch verstärken?
Im: Auch der im Dezember erwartete Fed-Zinsschritt dürfte die chinesischen Aktienmärkte nicht schocken. Denn ein langfristiges Steigen der US-Zinsen ist an den Märkten längst eingepreist. Viel wichtiger ist der starke Außenwert des US-Dollars. Denn die Währung eines Staates ist ein Spiegel seiner Wettbewerbsfähigkeit, die bei steigenden Zinsen auf den Prüfstand steht: Wenn die Zinsen steigen, leiden die international nicht wettbewerbsfähigen Ökonomien wie Indien, Brasilien oder die Türkei unter einem Mangel an Liquidität. Keine Probleme damit haben hingegen typische Exportnationen wie Deutschland, Japan und China. Ihren starken Motoren macht der Gegenwind durch steigende Zinsen nichts aus.
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Auf Branchensicht setzen Sie stark auf Technologietitel. Sehen Sie Gefahren durch die Internetzensur in China für Ihre Investments?
Im: Wir sehen aus Investorensicht kein direktes Problem darin, dass Unternehmen wie Alibaba und Tencent von der chinesischen Regierung beeinflusst werden. Denn der Staat hat die Absicht, dass die inländischen Unternehmen wachsen und international wettbewerbsfähig sind. Und insbesondere Alibaba und Tencent schaffen viele Top-Jobs in neuen Technologiesektoren. Das sorgt dafür, dass die gesamtwirtschaftliche Produktivität steigt. Unsere Sorge betrifft eher die Frage, ob diese beiden Firmen nicht bereits zu groß und mächtig geworden sind. Und übrigens stehen auch US-Firmen wie Google und Amazon unter dem Einfluss ihrer Regierung.
Inwiefern setzen Sie auf Umweltschutz und den Kampf gegen die Luftverschmutzung in China?
Im: Ich bin persönlich ein großer Fan der Erneuerbaren Energien. In unserem China-Aktienfonds halten wir jedoch nur ein geringfügiges Engagement in der Solarbranche. Denn sie ist abhängig von staatlichen Subventionen. Das Gleiche gilt auch für den Sektor Biotechnologie. Und ebenso wie die Hersteller von Batterien für Elektrofahrzeuge haben die Produzenten von Solarzellen ein bis dato ungelöstes Problem mit dem Recycling ihrer Güter, die in etwa 15 Jahren zu hohen Ausgaben führen dürften. Daher warten wir mit einem Engagement lieber solange bis sich diese Unternehmen als profitabel erwiesen haben.