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Schulden, Demografie, Wirtschaftswachstum „China ist wirklich kompliziert“

Michael W. Roberge, Vorstand von MFS Investment Management
Michael W. Roberge, Vorstand von MFS Investment Management: „Die demografische Entwicklung in den Industrieländern in den nächsten fünf, zehn oder 15 Jahren ist einem raschen Wirtschaftswachstum nicht gerade zuträglich.“ | Foto: MFS Investment Management

Herr Roberge, mit mehr als 26 Jahren Betriebszugehörigkeit und 31 Jahren Markterfahrung sind Sie einer der alten Haudegen bei MFS. Ob Märkte oder Menschen: Was hat Sie sowohl als Investor als auch als Leiter einer globalen Investmentfirma wirklich geprägt?

Michael Roberge: Ich hatte das Glück, meine Karriere an der Seite von Joan Batchelder begonnen zu haben, eine langjährige Veteranin von MFS Investment Management und Mentorin zu Beginn meiner Laufbahn. In vielen Dingen war sie eine Pionierin. Sie arbeitete als eine der ersten Frauen in der Hochzinsbranche und war eine Wegbereiterin an den Märkten für festverzinsliche Wertpapiere. Sie glaubte an ein aktives Management festverzinslicher Wertpapiere, als viele dachten, es ginge hier nur um Zinssätze und Durationsmanagement. Bei der Wertpapierauswahl hatte sie eine sichere Hand und setzte entschieden auf die Integration ausgefeilter Risikotechniken in der Portfoliokonstruktion. Vieles, was ich von Joan gelernt habe, haben wir bei MFS zum Nutzen unserer Kunden weitergeführt.

Sie haben Risiken erwähnt. Wie sehen Sie die Inflation?

Roberge: Sie wird wahrscheinlich länger anhalten, als viele glauben. Sogar einige Zentralbanken gehen davon aus, dass sie nur vorübergehend ist und sich schnell wieder auf gewohnten Niveaus einpendeln wird. Doch die Lieferketten bleiben angespannt. Die Energiepreise steigen. Und für viele Menschen scheint noch nicht die Zeit gekommen, um auf den Arbeitsmarkt zurückzukehren. Allerdings sehen wir nur eine geringe Wahrscheinlichkeit, dass wir auf mittlere bis langfristige Sicht eine anhaltend hohe Inflation haben werden.

Das Wirtschaftswachstum ist mit den Inflationserwartungen eng verbunden. Wie schätzen Sie die Produktivität und das Wachstum 2022 und darüber hinaus angesichts niedriger Erwerbsquoten und einer alternden Erwerbsbevölkerung ein?

Roberge: Aus genau diesem Grund erwarten wir keine anhaltende Inflation. Aufgrund der drei Ds, also Demografie, Schulden und Digitalisierung, ist zu erwarten, dass die Lieferkettenprobleme und der Arbeitskräftemangel anhalten werden. Die demografische Entwicklung in den Industrieländern in den nächsten fünf, zehn oder 15 Jahren ist einem raschen Wirtschaftswachstum nicht gerade zuträglich, während zugleich die kontinuierlichen Kostensenkungen in den Bereichen Technologie und Digitalisierung die Inflation niedrig halten. Schon vor der Pandemie bereiteten die hohe Verschuldung, die demografische Entwicklung und das schwache Wachstum den Anlegern Sorgen – nach der Pandemie könnten sich diese Probleme verschärfen, weil die horrende Verschuldung weiter gestiegen ist.

Der heutige Markt wird oft als die „Alles-Rally“ bezeichnet, weil viele Anlageklassen historisch hoch bewertet sind. Wie sehen Sie die Lage?

Roberge: Keiner von uns hat je ein solches Ausmaß von geld- und fiskalpolitischen Maßnahmen erlebt, wie es im Gefolge der Pandemie an der Tagesordnung ist. In der Anfangsphase von Covid-19 waren die Maßnahmen sehr hilfreich, um den Herausforderungen der Krise zu begegnen. Doch die Stimulierung von Menschen und Märkten hat sich fortgesetzt und führt eindeutig zu Verwerfungen. Fast alle Anlageklassen sind von luftigen Bewertungen geprägt; in manchen spekulativeren Teilen des Marktes sind die Preise regelrecht durch die Decke gegangen. Wir sind daher der Meinung, dass Anleger im Hinblick auf die Bewertungen sehr feinfühlig sein sollten. Sobald mittelfristig die Pandemie hinter uns liegt, werden wir wieder über dieselben Dinge sprechen, die vor der Pandemie Thema waren: Schulden, Demografie und unzureichendes reales Wirtschaftswachstum.

Kann es den Zentralbanken und den politischen Entscheidungsträgern gelingen, die Konjunktur dauerhaft auf Kurs zu halten?

Roberge: Sobald die Inflation hartnäckiger ausfällt als gedacht, werden die Zentralbanken sich gezwungen sehen, die Geldpolitik zu straffen. Die US-Notenbank hat ihr Zurückfahren der lockeren Geldpolitik bereits begonnen. Auch in den Schwellenländern beginnen die Zentralbanken, Zinserhöhungsschritte einzuleiten. Angesichts der hohen Bewertungen vieler Risikoanlagen dürfte sich folglich eine gewisse Beruhigung bei der Bewertung der Märkte einstellen.

Immer wieder stellen Anleger die Frage nach China. Chance oder Risiko: Was meinen Sie?

Roberge:  China ist wirklich kompliziert. Zum einen bietet die weltweit zweitgrößte Volkswirtschaft Chancen, die sich nicht ignorieren lassen, denn das Land wird weiterhin schneller wachsen als der übrige Teil der Welt. Diese Chancen gilt es zu nutzen. Die Regierungspolitik zum gemeinsamen Wohlstand stellt Investoren indes vor Herausforderungen. Peking will das Wirtschaftswachstum fördern und gleichzeitig sicherstellen, dass die Früchte harter Arbeit sich nicht bei einigen wenigen häufen. Aus einer Bottom-up-Perspektive heraus geht es also darum, Zielunternehmen für Investments herauszufiltern, die eine Balance zwischen solidem Wachstum und niedrigem Risiko halten. Wir sehen Chancen, wir sehen derzeit aber auch viele Unsicherheiten.

Das vollständige Interview lesen Sie hier.

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