Globaler Marktausblick Schon 2023 könnte eine rasche Erholung einsetzen


Ungeachtet der leicht verbesserten Lage bin ich der Meinung, dass die Aktienmärkte in den nächsten Monaten zunächst noch zu kämpfen haben, weil wir uns auf eine Rezession zubewegen.
Die hohen Energiekosten werden dazu führen, dass die Wirtschaft der Eurozone bestenfalls stagniert. Bleibt der Winter weiterhin mild, dürfte aber auch die Rezession mild ausfallen. Die britische Wirtschaft wird hingegen zusätzlich durch die steigenden Hypothekenkosten belastet.
Die US-Wirtschaft hat ein anderes Problem: Hier belasten die hohen Löhne und nicht die Energiepreise, daher ist hier eine andere Lösung zum Abschmelzen der Inflation nötig. Die US-Notenbank wird die Zinsen so lange anheben, bis eine Rezession den Inflationsdruck abschwächt, der durch den überhitzten Arbeitsmarkt aufgebaut worden ist.
Ich glaube indes nicht, dass wir eine tiefe oder lang anhaltende Rezession erleben werden – die finanziellen Probleme, die normalerweise eine schwere oder langwierige Rezession verursachen, sind diesmal nicht vorhanden. Infolgedessen dürften sich Wirtschaft und Märkte im Jahr 2023 erholen.
Grafik 1: Wachstumsprognosen stabilisieren sich auf niedrigem Niveau
Konsensprognosen für das BIP-Wachstum im 4. Quartal 2023

Die US-Inflation geht zurück, aber das 2-Prozent-Ziel erfordert eine Rezession
Der Haupttreiber der Inflation in den USA sind nicht die Energiepreise, sondern das Lohnwachstum von über 5 Prozent; eine Folge des überhitzten Arbeitsmarktes. Die Fed muss daher die Zinsen weiter anheben, um die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt abzukühlen. Die Arbeitslosigkeit muss von derzeit 3,5 Prozent auf ungefähr 5 Prozent steigen, damit die Lohninflation sich wieder beim allgemeinen Inflationsziel von 2 Prozent einpendelt.
Die gute Nachricht ist, dass die US-Wirtschaft über große Flexibilität verfügt, sodass diese nötige Anpassung schnell erfolgen kann. In einzelnen Bereichen, wie dem Wohnungsmarkt, finden bereits entsprechende Entwicklungen statt.
Grafik 2: Inflationsraten im Vergleich: US-Kerninflation hoch, Gesamtinflation niedrig
Verbraucherpreisinflation in Prozent gegenüber dem Vorjahr

Der milde Winter ist ein Glücksfall für Europa
Die kurzfristigen Erdgaspreise in Europa sind gesunken, aber sie bleiben für den nächsten Winter hoch. Die Krise ist noch nicht vorbei, aber der milde Winter hat die Sorgen verringert und Europa mehr Zeit für die Umstellung auf neue Energiequellen zur Vorbereitung auf den nächsten Winter verschafft.
Die Erdgaspreise in Europa für den Winter 2023/24 sind immer noch fünfmal so hoch als in den USA, sodass die Anreize, Europa mit Energie zu versorgen, nach wie vor sehr groß sind und wir hier positive Überraschungen vom Markt erleben dürften.
Die Stimmung der europäischen Verbraucher ist derzeit gedrückt, aber mit den sinkenden Energiepreisen werden die Belastungen abnehmen. Sobald sich das Vertrauen wieder festigt, können die europäischen Verbraucher zudem auf ihre immer noch nicht aufgebrauchten Sparguthaben aus der Pandemie zurückgreifen.
Grafik 3: Kurzfristig fallen die europäischen Gaspreise
Futures-Preise für die Lieferung im nächsten Monat

Rezessionen sind schlecht für Aktien, aber 2023 kommt die Erholung
Der Marktkonsens im Hinblick auf das Wachstum der US-Unternehmensgewinne im Jahr 2023 ist auf unterdurchschnittliche Werte gesunken, bleibt aber weiterhin positiv. Weil die USA jedoch eine Rezession brauchen, um die Lohninflation auf ein niedrigeres Niveau zu bringen, werden die Unternehmensgewinne infolge der Fed-Politik unweigerlich sinken.
Obwohl der Aktienmarkt bereits viele negative Nachrichten eingepreist hat, glaube ich nicht, dass er bald zur Ruhe kommt. Die Geschichte zeigt, dass US-Aktien während einer Rezession immer fallen. Doch danach bieten sich Chancen und wir erwarten, dass 2023 eine rasche Erholung einsetzt.
Auch China dürfte die Erholung in der zweiten Jahreshälfte unterstützen. Die Entscheidung, von einer Null-Covid-Politik auf 100 Prozent Covid umzustellen, sorgt zwar für Chaos, wird aber die Konjunkturerholung nicht verhindern. Pekings 180-Grad-Wende wird sich insgesamt positiv auf Rohstoffe und Schwellenländeraktien auswirken.
Grafik 4: Modelle prognostizieren negatives EPS-Wachstum für den S&P 500 in 2023

