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China Zwischen Handelskonflikt und Konjunkturpaket

Ist die Führung in Peking etwa besorgt? Jedenfalls klingen die Botschaften, die die chinesische Regierung zuletzt an das Volk gerichtet hat, ungewohnt angespannt. In der Regel lässt das Politbüro unter Vorsitz von Parteichef Xi Jinping nämlich verkünden, man habe in Sachen Wachstum und Wirtschaft alles im Griff. Im März fand Premierminister Li Keqiang nun fast alarmierende Worte für die Lage: „Der Abwärtsdruck auf die chinesische Wirtschaft nimmt weiter zu“, schrieb er im jüngsten Rechenschaftsbericht zum Auftakt des Volkskongresses vor rund 6.000 Delegierten. Das Wachstum beim Konsum lasse nach, heißt es in dem Papier weiter, auch den Investitionen fehle der Schwung. Für das Jahr 2019 benannte der Premier dann auch nur noch ein Wachstumsziel von 6,0 bis 6,5 Prozent. Das ist noch einmal weniger als die 6,6 Prozent Wirtschaftswachstum im Jahr 2018. Und es wäre der niedrigste Wert seit fast drei Jahrzehnten, gibt die Nachrichtenplattform german.china.org.cn zu bedenken.

Pessimismus in Chinas Chefetagen

Lis Bericht verdeutlicht auch, welch tiefe Wunden der Handelskonflikt hinterlassen hat, den die USA in den vergangenen Monaten mit den Chinesen ausgetragen haben. Monatelang hatte US-Präsident Donald Trump zunächst mit Worten Sorgen um einen verstärkten Protektionismus geschürt. Vor wenigen Tagen erhöhte er nun die Strafzölle auf chinesische Waren, will sie zudem auf sämtliche Handelsgüter ausweiten. China reagierte prompt, weitet seinerseits die Zölle auf US-Waren aus. Einige chinesische Exporteure sehen inzwischen gar ihre Existenz bedroht.

Wie sehr die Gemengelage auf die Stimmung im Land gedrückt hat, zeigt auch die aktuelle Fidelity-Analystenumfrage. Rund die Hälfte der regionalen Marktbeobachter berichtete darin Ende vergangenen Jahres von sinkender Zuversicht in den Führungsetagen chinesischer Unternehmen. Im Vorjahr hatten den Analysten zufolge nur zehn Prozent der Entscheider derart pessimistisch in die Zukunft geblickt.

Grafik 1: Zuversicht ist in chinesischen Vorstandsetagen am geringsten

Quelle: Fidelity Analystenumfrage 2019

Vorsicht vor einem Strohfeuer

Doch es gibt auch einen großen Hoffnungsschimmer: Das Konjunkturpaket, das die Regierung um Parteichef Xi Jinping im vergangenen Jahr versprochen hat. Bereits bei der Fidelity-Umfrage hatten fast alle China-Analysten geäußert, dass sie darin den wichtigsten potenziellen Stimmungsaufheller sehen. Sie waren sich lediglich uneinig, wie wirkungsvoll dieser Impuls ausfallen könnte. „Vereinzelte Steuersenkungen werden die Kauflaune der Verbraucher wohl kaum großartig ankurbeln, denn im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt sind die Steuern in China bereits sehr niedrig“, sagte ein Analyst aus Hongkong. Der Spielraum für Steuerkürzungen sei damit wesentlich geringer als in anderen Volkswirtschaften wie den USA. „Ihre Wirkung käme einem Strohfeuer gleich und wäre schnell verpufft.“

Milliardenschweres Konjunkturpaket

Seit März ist nun klar, welch massive Maßnahmen die chinesische Regierung plant: Auf dem Volkskongress kündigte Li an, die Mehrwertsteuer für die produzierende Industrie von 16 auf 13 Prozent zu senken. Damit will der Staat vor allem kleine und mittlere Unternehmen stärken. Auch die Bau- und Transportindustrie soll weniger Mehrwertsteuer zahlen, und zwar neun statt zehn Prozent. Verbrauchern kommt die Regierung wiederum mit niedrigeren Strompreisen entgegen. Zusätzlich sollen Handy- und Internetgebühren um 20 Prozent sinken. Das Maßnahmenpaket dürfte die Regierung rund 260 Milliarden Euro kosten. Um diese Rechnung zu begleichen, nimmt Peking ein Haushaltsdefizit von 2,8 Prozent des BIP in Kauf. Bisher waren es nur 2,6 Prozent, so german.china.org.cn.