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Chinesische Tech-Aktien „Chinas Regierung geht sehr diszipliniert vor“

Alibaba-Standort in Hangzhou
Alibaba-Standort in Hangzhou: Die chinesische Regierung verhängte jüngst eine milliardenschwere Kartellstrafe gegen den IT-Riesen, betonte dabei allerdings auch die Bedeutung der Tech-Konzerne für Chinas wirtschaftliches Vorankommen | Foto: IMAGO / VCG
Bin Shi, Head of China Equities, UBS

Herr Shi, hat Sie Chinas Erholung im vergangenen Jahr überrascht?

Bin Shi: Covid-19 war definitiv etwas Neues, mit dem sich die ganze Welt auseinandersetzen musste. Zugleich war es schwer, Dauer und Verlauf der Pandemie vorherzusagen. China hat bei der Einhegung des Virus sehr gute Arbeit geleistet. Das hat allerdings einen gewissen Preis: Die Menschen können nicht außerhalb Chinas reisen und Ausländer können nicht ohne strenge Quarantäneverfahren ins Land kommen. Dennoch: Im vergangenen Jahr hat Chinas Wirtschaft ihre Widerstandsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit deutlich unter Beweis gestellt.

Chinas oberste Bankenaufsicht ist besorgt über die Risiken, die von den Finanzmärkten ausgehen. Ist China dabei, ein entsprechendes Anziehen der politischen Stellschrauben einzuleiten?

Shi: Die allgemeine Politik war im letzten Jahr extrem stimulierend, um den Covid-19-Ausbruch zu bekämpfen. Da sich die Lage wieder normalisiert hat, besteht aber keine Notwendigkeit, die Wirtschaft weiter so stark wie bisher zu fördern. Die chinesische Regierung strebt ein stabiles Wachstum an; daher wird der Entzug der Liquidität wahrscheinlich nicht so drastisch ausfallen.

Wir sind der Meinung, dass die chinesische Regierung mehr als andere Regierungsverantwortliche in der Welt getan hat, um die Risiken zu kontrollieren, und disziplinierter war, was den Umfang der Stimulierungsmaßnahmen angeht. Wir gehen davon aus, dass dadurch die chinesische Wirtschaft langfristig gesünder dastehen wird – was für chinesische Aktien gut ist.

Die Volatilität ist gestiegen und der A-Aktienmarkt stark zurückgegangen. Erwarten Sie, dass die Marktkorrektur sich fortsetzen wird?

Shi: Der rasante Anstieg und der anschließende Rückgang des A-Aktienmarktes waren in diesem Jahr ziemlich dramatisch. Unserer Ansicht nach wurde ein Teil des Anstiegs nicht wirklich von den Fundamentaldaten gestützt, sondern eher von der gestiegenen Liquidität und der ausgeprägteren Zeichnung von Investmentfonds durch die Anleger. Nach dem unweigerlichen Rückgang erscheint mir die Stimmung nun realistischer. Wir sehen mehr Möglichkeiten, in qualitativ hochwertige Unternehmen zu investieren und fühlen uns wohler, wenn wir unsere Bestände aufstocken.

Für Börsengänge war es insbesondere in Hongkong ein starkes Jahr. Was sind die treibenden Kräfte?

Shi: Normalerweise führt ein starker Markt zu mehr IPOs. Aber wenn wir uns den IPO-Markt anschauen, sind zwei Dinge zu beachten: Die Qualität und die Bewertung. Normalerweise ist in der frühen Phase eines Bullenmarktes die Qualität gut und die Bewertungen sind vernünftig. In späteren Phasen ist die Qualität meist weniger gut und die Bewertungen sind höher, weil die Anleger zunehmend unrealistische Erwartungen haben. Daher gilt es in dieser späteren Phase vorsichtiger und disziplinierter zu sein und die einzelnen Unternehmen sollten ganz genau angesehen werden. Deswegen haben wir uns nur an wenigen Börsengängen beteiligt.