Christina Zehnter im Interview „Schwankungen gehören dazu, davon muss man sich nicht abschrecken lassen“
DAS INVESTMENT Academy: Christina, du bist Teamleiterin Privatkunden und Stiftungen bei der Privatbank Berenberg. Wie kümmerst du selbst dich um deine Altersvorsorge und was war dein erstes Investment?
Christina Zehnter: Ich hatte das Glück, dass ich durch meine Familie sehr früh mit dem Thema in Berührung gekommen bin und ein Verständnis dafür entwickeln konnte, was Schulden oder Vermögensplanung bedeuten. Mein erstes Investment war tatsächlich, dass ich mein Kommunionsgeld in klassische Investmentfonds angelegt habe, wobei diese Entscheidung natürlich von meinen Eltern geprägt war.
Ich würde sagen, meine erste aktive Anlageentscheidungen habe ich getroffen, als ich mein erstes Geld als Werkstudentin verdient habe. Da habe ich begonnen, mir über Sparpläne sukzessive Vermögen aufzubauen. Sofern ich mehr zur Verfügung hatte, habe ich meinen Sparplan dementsprechend angepasst. Ich habe mir auch Aktien angeschaut, bin aber bei Fonds geblieben, weil ich immer gesagt habe, wenn man Einzelwerte handelt, muss man auch die Zeit oder die Muße dafür haben, sich regelmäßig mit den Werten zu beschäftigen und beherzt einzugreifen.
„Langfristigkeit ist das, was beruhigt“
Durch meinen Beruf in der Vermögensverwaltung habe ich nun auch viele Restriktionen, was ich überhaupt handeln darf. Das Regelwerk, dem wir unterliegen, ist relativ eng und das war letzten Endes der Grund, hauptsächlich in aktiv gemanagte Fonds zu investieren. Hier habe ich einen Manager, der die Selektion für mich übernimmt und in Vollzeit nichts anderes macht als die Unternehmen zu analysieren und zu beobachten, wann der Zeitpunkt gekommen ist, Werte zu verkaufen, zuzukaufen oder komplett neu aufzunehmen.
Hast du schon mal eine Anlageentscheidung getroffen, von der du rückblickend sagen würdest, dass das nicht die Beste war?
Christina: Dadurch, dass ich kein Stock Picking betreibe, kann ich jetzt keine einzelne Aktie nennen, an der ich mir schon mal die Finger verbrannt habe.
Tatsächlich würde ich allgemein sagen, dass Langfristigkeit das ist, was beruhigt. Dadurch kann man Schwankungen aussitzen. Ich bin zum Beispiel großer Asien-Freund und in den letzten Jahren war Asien und gerade auch China negativ bewertet. Die Kursverluste, die sie eingefahren haben, waren natürlich groß. Trotzdem würde ich sagen, dass man vor solchen Kursrücksetzern keine Angst haben sollte, sondern sie im besten Fall als Einstiegschance sieht, und nicht den Mut verliert, sondern es trotzdem weiter versucht.
Das würde ich auch generell als Tipp geben: Investiere langfristig, fange früh an und versuche auch Kursrücksetzer positiv zu sehen und zu sagen, Schwankungen gehören dazu, davon muss ich mich überhaupt nicht abschrecken lassen. Denn wenn ich das über eine längere Periode betrachte, erholt sich der Kurs auch wieder.
Okay, also sollten Anleger im besten Fall nicht direkt Angst bekommen, sondern erstmal tief durchatmen und einfach dabeibleiben.
Christina: Ja, das ist tatsächlich so. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass eine ruhige Hand die beste Möglichkeit ist, Geld zu schützen. Eine gestresste Hand oder jemand, der in Panik verfällt, neigt häufig dazu, alles zu verkaufen, was am Tiefpunkt das Schlimmste ist, was man machen kann.
1.200% Rendite in 20 Jahren?
Gibt es aktuell bestimmte Themen, die deine Kunden besonders beschäftigen?
Christina: Ja, in letzter Zeit waren die Bankenpleiten und die Finanzmarktstabilität insgesamt natürlich ein großes Thema, da sie bei vielen Erinnerungen an 2008, an die große Finanzkrise geweckt haben. Aber auch die hohe Inflation, die steigenden Zinsen und was das für die Vermögen bedeutet, beschäftigt viele. Die Kunden fragen sich, ob sie ihre Pläne jetzt neu aufstellen müssen, um diese Phase vielleicht auch für sich zu nutzen.
Gibt es Unterschiede in der Beratung von Frauen und Männern?
Christina: Ich würde sagen, von der Anlagestrategie gibt es wenige Unterschiede zwischen Männern und Frauen. Ich finde zum Beispiel nicht, dass Männer immer aggressiver sind als Frauen. Frauen wiegen ihre Entscheidungen und Risiken manchmal anders ab. Aber grundsätzlich gibt es keinen Unterschied. Das Einzige, was bei Frauen anders ist, sind die Lebensphasen, und da setzen wir natürlich auch in der Beratung an. Bei Frauen ist das Thema einfach präsenter. Denn wenn sie eine Familie gründen möchten, bringen sie nun mal die Kinder zur Welt und bleiben dann in vielen Fällen eine zeitlang zu Hause, sind aus dem Job raus oder reduzieren vielleicht ihre Stunden.
Verschiedene Lebensphasen bei der Finanzplanung mitdenken
Es kann natürlich auch sein, dass der Vater aus dem Job geht. Und das wäre umgekehrt dann genau das Gleiche. Dieser Phase sollte man sich beim Vermögensaufbau natürlich bewusst sein und sich Gedanken machen, was das bedeutet. Wieviel verdienen wir da? Was können wir zurücklegen? Wieviel brauchen wir für die Altersvorsorge? Es geht ja auch nicht nur darum, dass man dann eine Familie hat, sondern die auch versorgen muss und den Kindern eine Ausbildung ermöglichen möchte.
Und dann geht man natürlich irgendwann mal in Rente und sollte sich vorher im Klaren sein, wie viel man dann zum Leben braucht und welche Kosten auf einen zukommen. Rein biologisch ist es so, dass Frauen älter werden als Männer und dementsprechend wahrscheinlicher in die Situation kommen, in der sie alleine sind. Aber auch so wird mittlerweile jede zweite oder dritte Ehe geschieden. Von daher ist es auch wichtig, die Themen Scheidung und alleinerziehende Elternschaft in die Planung miteinzubeziehen. Das sind so verschiedene Lebensphasen, die man einfach mitdenken muss und auf die man nochmal spezifischer eingehen sollte.