

- Startseite
- Versicherungen
-
Premiumcircle-Chef Gorr über seinen privaten Streit mit PKV

An dieser Stelle finden Sie externen Inhalt, der unseren Artikel ergänzt. Sie können sich die externen Inhalte mit einem Klick anzeigen lassen. Die eingebundene externe Seite setzt, wenn Sie den Inhalt einblenden, selbstständig Cookies, worauf wir keinen Einfluss haben.
Externen Inhalt einmal anzeigen:
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt und Cookies von diesen Drittplattformen gesetzt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.
DAS INVESTMENT:In Ihrer jüngsten Studie, dem „Leistungsvergleich PKV-GKV 2025“, haben Sie 32 PKV-Tarife unter anderem daraufhin untersucht, inwieweit sie die Mindestleistungskriterien erfüllen, die in der GKV vorgeschrieben sind. Kann man diese Studie als repräsentativ ansehen?
Claus-Dieter Gorr: Für die Auswertung in unserer Studie haben wir den Tarif eines jeden Unternehmens herangezogen, de...
Warum nur an der Oberfläche kratzen? Tauchen Sie tiefer ein mit exklusiven Interviews und umfangreichen Analysen. Die Registrierung für den Premium-Bereich ist selbstverständlich kostenfrei.
Gratis-Zugang:
Um die Autorisierung über LinkedIn zu aktivieren, müssen Sie sich registrieren.
Um die Autorisierung über Google zu aktivieren, müssen Sie sich registrieren.
DAS INVESTMENT: In Ihrer jüngsten Studie, dem „Leistungsvergleich PKV-GKV 2025“, haben Sie 32 PKV-Tarife unter anderem daraufhin untersucht, inwieweit sie die Mindestleistungskriterien erfüllen, die in der GKV vorgeschrieben sind. Kann man diese Studie als repräsentativ ansehen?
Claus-Dieter Gorr: Für die Auswertung in unserer Studie haben wir den Tarif eines jeden Unternehmens herangezogen, der additiv die höchste Erfüllung hat. Das heißt, dass kein anderer PKV-Tarif dieses Versicherers eine höhere garantierte Leistung bereitstellt. Alle anderen PKV-Tarife des jeweiligen Unternehmens stellen somit weniger Leistungen zur Verfügung. Insofern ist die Studie im Sinne der PKV natürlich repräsentativ.
Habe Sie bei der Studie die Software zum PKV-Tarifvergleich eingesetzt, die Sie auch den Maklern zur Verfügung stellen?
Gorr: Ja. Unsere Premium-Software bildet alle identifizierten vertraglich garantierten Leistungsmerkmale ab, und zwar ungewichtet und strukturiert in 15 Kriterienbereiche, aus denen sich jeder Tarif der Privaten Krankenversicherung zusammensetzt. Im Ergebnis sehen Sie auf einen Blick, welche Leistungsmerkmale ein Tarif erfüllt oder eben nicht. Die Nutzer können die Ergebnisse der Studie in der Software komplett quellenbasiert nachvollziehen. Die Bewertung der einzelnen Leistungskriterien erfolgt dabei nach dem Prinzip null bis eins.
Was heißt das?
Gorr: Ist die Tarifaussage klar und unmissverständlich formuliert, ist das Kriterium erfüllt und der Tarif erhält einen Punkt. Da sprechen wir von einer vertraglich garantierten Leistung. Ist die Leistung unklar formuliert oder unterliegt einer vorherigen Zusage des Versicherers, ist nach unserer Logik keine Leistungsgarantie gegeben. Zu jedem Leistungsmerkmal haben wir die dazugehörige Passage der Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) hinterlegt, sodass Lizenznehmer den Ursprungstext der Bewertung jederzeit im Original nachvollziehen können.
Ihre Studie hat besonders große Leistungslücken im Bereich der Familienversorgung, der Pflege- und Palliativ-Versorgung sowie der Anschlussbehandlung wie Reha oder Kur festgestellt. Dass es bei der PKV, anders als bei der GKV, keine kostenlose Mitversicherung nicht berufstätiger Ehepartner und Kinder gibt, ist bekannt. Aber warum schneiden die beiden anderen Bereiche in Ihrer Studie so schlecht ab?
Gorr: Gerade bei der Anschlussheilbehandlung (AHB) gibt es im Gegensatz zur GKV, wo diese im Paragraf 40 SGB V festgeschrieben ist, vielfältige Einschränkungen in zahlreichen Tarifen der PKV. Sei es, dass eine AHB nur bei bestimmten Krankheitsbildern geleistet wird, oder unmittelbar nach Aufenthalt in einem Akutkrankenhaus begonnen werden muss, oder dass die Dauer zeitlich limitiert ist.
Ähnlich ist es bei den Rehamaßnahmen. Bei der Familienversorgung ist im Gegensatz zur GKV bei einigen PKV-Tarifen die Behandlung in sozialpädiatrischen Zentren nicht versichert, oder beispielsweise die Kosten einer Haushaltshilfe bei schwerwiegenden Erkrankungen.
Bei der Psychotherapie hingegen kam die Studie zu einem eher ambivalenten Ergebnis. Rund 20 Prozent der untersuchten Tarife erfüllen laut Studie nicht die MLK. Auf der anderen Seite bieten jedoch knapp 14 Prozent der untersuchten PKV-Anbieter Leistungen, die über die Mindestversorgung hinausgehen. Wie kommt es dazu?
Gorr: Hier ist tatsächlich ambulant wie stationär wieder alles dabei. In manchen Tarifen greift der Versicherungsschutz erst, wenn Versicherungsnehmer mindestens seit 24 Monaten im jeweiligen Tarif versichert sind. Einige Bedingungswerke begrenzen die Anzahl jährlicher Sitzungen auf ein Niveau, das unter dem der GKV liegt. Bei anderen gibt es sogar Einschränkungen hinsichtlich der stationären Psychotherapie.
Andererseits gibt es aber Tarife, die keine Limitierung auf die Anzahl der erstattungsfähigen Sitzungen in ihren AVB verankert haben und somit mehr als die GKV leisten. Zudem ist die Soziotherapie – anders als in der GKV – in vielen PKV-Tarifen überhaupt nicht versichert oder nur nach vorheriger Genehmigung.
Ähnlich sieht das Studienergebnis bei der Prävention aus: Rund jeder vierte PKV-Tarif bleibt laut Studie unter den MLK zurück, aber rund 43 Prozent bieten Leistungen, die über die Mindestversorgung hinausgehen. In welchen Bereichen ist hier die PKV jeweils der GKV über- beziehungsweise unterlegen?
Gorr: Überlegen ist die PKV vor allem bei Schutzimpfungen und Vorsorgeuntersuchungen. Hier geht die Leistung bei fast allen PKV-Tarifen über die gesetzlich eingeführten Programme hinaus. Bei der Diabetikerschulung ist es genau umgekehrt: Da gibt es wenige Tarife, die diese Leistung überhaupt bereitstellen.
Außerdem weisen Sie im Fazit Ihrer Studie auf einen entscheidenden, in der Studie nicht berücksichtigten Faktor hin: Den vertraglichen Vorbehalt der medizinischen Notwendigkeit, durch den Leistungen trotz vertraglicher Zusage im Einzelfall abgelehnt werden können. Was ist damit gemeint?
Gorr: Alle Leistungen der PKV-Tarife stehen bedingungsgemäß marktweit und grundsätzlich unter dem Vorbehalt der medizinischen Notwendigkeit. Diese wird allerdings aus Sicht der PKV-Unternehmen nicht von den Behandlern, also beispielsweise Ärzten oder anderen Heil-Hilfsberufen beurteilt, sondern leider meist vom Schreibtisch der PKV-Sachbearbeiter aus. Wenn diese der Meinung sind, ihre Versicherten hätten beispielsweise zu viele oder zu teure Behandlungen im physiotherapeutischen Bereich „genossen“, dann meinen sie, die vorliegenden Rechnungen kürzen oder auch ganz ablehnen zu können.
Gleiches gilt für den ärztlich verordneten Bezug von Hilfsmitteln wie Krankenfahrstühle oder beispielsweise Hörgeräte. Die Formulierung „meinen sie zu können“ hinsichtlich der PKV-Sachbearbeiter nutze ich bewusst, da die AVB dies nicht erkennen lassen.
Wie kommen sie dann zu dieser Einschätzung?
Gorr: Diese Haltung ergibt sich aus einigen Kommentierungen zu den Musterbedingungen der Krankenkassen (MB/KK) und der dort verbreiteten Auffassung namhafter Juristen, Ärzte hätten ein eigenes wirtschaftliches Interesse an ihren Patienten und würden somit zu hohe oder überteuerte Leistungen in Rechnung stellen. Daher sei dies ex ante, also theoretisch neutral, von außen zu bewerten. Diese theoretisch neutrale Bewertung erfolgt dann durch die PKV-Sachbearbeiter, die durchaus unterschiedlicher Meinung sein können – selbst innerhalb eines Unternehmens.
Und welche Folgen hat das?
Gorr: Diese mittlerweile etablierte Vorgehensweise führt im Markt vermehrt zu Leistungsablehnungen und Kürzungen, um, nach Aussage des PKV-Verbandes, das Kollektiv vor hohen Beitragsanpassungen zu schützen. Im Grunde eine völlig intransparente und asymmetrische Verwerfung des PKV-Marketings, das branchenweit und werbewirksam den Zugang zur bestmöglichen Versorgung verspricht. Bedauerlicherweise trifft diese Vorgehensweise unserer Erfahrung nach meist langjährig und ältere Versicherte, die ihre PKV nicht mehr wechseln können.
Vier Klageverfahren
Laut dem Spiegel-Artikel haben Sie auch persönlich mit der PKV ein Hühnchen zu rupfen. Was ist denn passiert?
Gorr: Die Kurzform ist, dass ich 2022 nach einer siebenstündigen OP an der Wirbelsäule drei Wochen im Krankenhaus lag. Noch während des Krankenhausaufenthalts stellte meine PKV die bis dahin weder beeinflussbare noch in ihrer Dauer abschätzbare physiotherapeutische Behandlung infrage – der Anfang einer bis heute andauernden und ganz sicher ungewollten „Brieffreundschaft“.
Der Genesungsprozess nach der OP verlief nicht zufriedenstellend, was wohl auch durch den Stress mit meiner PKV beeinflusst wurde. 2023 erfolgte eine weitere OP am Sprunggelenk. In diesem gesamten Komplex gab es eine Fülle unterschiedlicher physiotherapeutischer Behandlungen wie Krankengymnastik, Massage- und Wärmetherapie, Manuelle Therapie, Vojta und Manuelle Lymphdrainage. Später kamen Injektionen hinzu.
Zur Beurteilung der medizinischen Notwendigkeit der Behandlungen und meiner Arbeitsunfähigkeit schickte mich meine PKV mehrmals zu Präsenzgutachtern. Deren Ergebnisse fanden aber zum Teil keinen Einzug in die Regulierungspraxis, sondern wurden durch zusätzlich beauftragte Gutachten ersetzt, die durch Einblick in meine Akten und ohne persönliche Untersuchung erstellt wurden – und teilweise zur kompletten Leistungsstreichung führten.
Das Ergebnis: vier Klageverfahren. Ich bin aber nach einem aktuell durchgeführten persönlichen Gespräch mit den verantwortlichen Entscheidungsträgern guter Hoffnung, die laufenden Verfahren vielleicht außergerichtlich beilegen zu können.
Über den Interviewten:
Claus-Dieter Gorr ist Gründer und geschäftsführender Gesellschafter von Premiumcircle Deutschland. Das 2002 gegründete Beratungsunternehmen spezialisiert sich auf die Private Krankenversicherung (PKV), Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) sowie Pflegeversicherung. Es stellt Maklern unter anderem Software zur Verfügung, mit der sie die Tarife verschiedener Versicherer vergleichen können.



