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CO2-Emissionshandel Grundlegende Reform eines fehlkonstruierten Klimaschutzinstrumentes?

Ralph Prudent, Vertriebsgeschäftsführer der ÖKOWORLD
Ralph Prudent, Vertriebsgeschäftsführer der ÖKOWORLD
Europa macht sich auf den Weg, den CO2-Emissionshandel zu reformieren. Mit Instrumenten wie der Marktstabilitätsreserve und dem sogenannten Backloading soll ein preisdrückender, großer Überhang künftig verhindert und dem von vielen schon für tot gehaltenen Emissionshandel neues Leben eingehaucht werden. Überraschenderweise fordern nicht nur Umweltverbände eine grundlegende Reform des fehlkonstruierten Klimaschutzinstrumentes. Mitte Februar erhielten die Mitglieder des Umweltausschusses des EU-Parlamentes überraschende Post von insgesamt 60 Unternehmen, unter ihnen Öl-, Stahl- und Energiekonzerne sowie Konsumgüterhersteller und Banken. Auch sie fordern eine deutlich schnellere Reform des Emissionshandels. Verständlich, denn die Unternehmen, die für den eigenen CO2-Ausstoß oder den ihrer Geschäftspartner zahlen müssen, brauchen Planungssicherheit für ihre Investitionen.

Die Reform ist überfällig. Wirtschaftskrise und die Einbeziehung von billigen CO2-Zertifikaten aus der Ukraine, Russland oder China haben ein dramatisches Überangebot an Emissionsrechten erzeugt und den Preis auf um die sieben Euro pro Tonne sinken lassen. Mit ernsten Folgen: Zwar emittieren moderne Gaskraftwerke um mindestens zwei Drittel weniger CO2 als Braunkohlekraftwerke, aufgrund des niedrigen Zertifikatepreises sind jedoch Braunkohlekraftwerke als einzige Fossil-Kraftwerke noch profitabel zu betreiben. Anders als von den Schöpfern des Emissionshandels geplant, sind große Sprünge bei Investitionen in Richtung energieeffizienter Produktionstechniken oder saubererer Energieerzeugung bisher ausgeblieben und auf dem Preisniveau auch nicht zu erwarten. Die Reformbestrebungen durch Einführung des Backloadings (vorübergehendes Zurückhalten von 900 Millionen Zertifikaten) und einer Marktstabilitätsreserve bis 2018 könnten den Preis für eine Tonne CO2 nach den Analysen des Branchendienstes Thomson Reuters Poit Carbon auf über 20 Euro steigen lassen.

Der Trend ist klar: Nicht nur Umweltverbände und Länder, sondern auch Unternehmen fordern die verlässliche Einführung von CO2-Preisen durch Emissionshandelssysteme oder CO2-Steuern. Im Dezember wollen die Staats- und Regierungschefs auf dem UN-Klimagipfel in Paris ein Abkommen zur Treibhausgasemission schließen, für das die CO2-Reduktions-Ankündigungen Chinas und der USA eine Steilvorlage bilden. Klar ist, soll das Klimaziel, die Erderwärmung auf 2 Grad zu begrenzen, erreicht werden, geht dies nur über Regulierungen, die den Verbrauch fossiler Energieträger beziehungsweise den CO2-Ausstoß beschränken. Das wird nicht ohne Folgen für den Kapitalmarkt bleiben. Weltbankpräsident Jim Yong Kim warnt bereits davor, dass sich auch die Finanzregulierer früher oder später mit dem System-Risiko durch CO2-intensive Wirtschaftsaktivitäten befassen müssen.

Einerseits könnten sich die immensen Investitionen von Öl-, Gas- und Kohleunternehmen in die Erkundung neuer Förderstätten – allein im Jahr 2013 immerhin über 600 Milliarden Dollar – schlagartig auf der Verlustseite wiederfinden und die Konzerne sowie ihre finanzierenden Banken und Investoren in ernste Bedrängnis bringen. Andererseits führen steigende CO2-Preise zu nicht unerheblichen Kosten und Investitionen bei CO2-emittierenden Unternehmen, die ein Geschäftsmodell ins Wanken bringen können, zumindest aber die Erträge deutlich schmälern.

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