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Aktualisiert am 22.05.2023 - 12:02 Uhrin FondsLesedauer: 7 Minuten

Ted Truscott und Florian Uleer von Columbia Threadneedle im Interview „Wir müssen dem Markt beweisen, dass wir Marktführer sind“

Ted Truscott und Florian Uleer von Columbia Threadneedle sind sich einig: „ Wir lieben den europäischen Markt und wollen wachsen.“
Ted Truscott und Florian Uleer von Columbia Threadneedle sind sich einig: „Wir lieben den europäischen Markt und wollen wachsen.“ | Foto: Piotr Banczerowski

DAS INVESTMENT: Sie haben vor Kurzem BMO übernommen. Was war der Grund für die Akquisition?

Ted Truscott: Die Übernahme war in mehrfacher Hinsicht strategisch. BMO war in erster Linie komplementär zu Columbia Threadneedle. Die wichtigste ergänzende Eigenschaft ist, dass BMO institutioneller geprägt war, während sich Columbia Threadneedle stärker auf das Wholesale- und Retail-Geschäft konzentriert hat. Dadurch kamen durch die Akquisition weitere Investmentkapazitäten hinzu, insbesondere alternative Anlagen. Zudem hat die Übernahme dazu geführt, dass unser Europa- und USA-Geschäft nun nahezu ausgeglichen sind. Wir lieben den europäischen Markt und wollen wachsen. Mit der Übernahme von BMO konnten wir unser Angebot in Europa und weltweit erheblich erweitern. Zudem konnten wir unsere Fähigkeiten rund um das verantwortliche Investieren ausbauen.

Wie genau?

Truscott: Der Columbia-Threadneedle-Ansatz war ein Bottom-up-Research-Ansatz, während der Ansatz von BMO eher auf Produkten und Engagement basierte. Diesen Engagementservice nennen wir REO: Responsible Engagement Overlay. Auf diese Weise können wir mit unseren Kunden gemeinsam die Ergebnisse aller ESG-Faktoren verbessern. Der von unten nach oben gerichtete Forschungsansatz und der von oben nach unten gerichtete produktbasierte Engagementansatz ergänzen sich großartig.

 

Wie läuft die Akquisition?

Truscott: Es läuft gut, auch wenn es natürlich komplex ist. Wir sind gerade dabei, unsere Auftragsverwaltungs- und Handelssysteme einzuführen und die BMO-Portfolios in das Gesamtgeschäft einzubinden. Und die Integration der Mitarbeiter läuft hervorragend. Und das ist es, was man sich bei einer Akquisition wünscht. Man möchte, dass sich die Kultur addiert, man möchte nicht, dass sie subtraktiv ist. Dies war keine kostensenkende Akquisition, sie war nicht auf einen starken Personalabbau oder eine Kostenreduzierung ausgerichtet.

Welche Herausforderungen liegen noch vor Ihnen?

Truscott: Beginnen wir mit dem verantwortungsvollen Investieren. Wir haben ein großartiges Responsible-Investment-Angebot, aber wir müssen dem Markt auch beweisen, dass wir Marktführer sind. Und natürlich müssen wir alle damit verbundenen Verpflichtungen einhalten. Wir befinden uns zudem in einem wettbewerbsintensiven Umfeld, wo Wachstum eine Herausforderung ist. Aber wir sind gut aufgestellt. Unser Kerngeschäft, das Verwalten von Geldern für institutionelle Investoren sowie Privat- und Großkunden, ist intakt. Hier müssen wir gut bleiben und gleichzeitig das Geschäft in den alternativen Anlagen diversifizieren, in Immobilien, Private Equity und Hedgefonds. Wir müssen das Angebot, das BMO auf den Tisch gebracht hat, und das Angebot, das wir mitgebracht haben, weiter diversifizieren und ausbauen.

Sie haben bereits den Responsible Engagement Overlay Service REO angesprochen. Was bieten Sie genau an?

Florian Uleer: REO hat verschiedene Dimensionen. Wir handeln im Auftrag unserer institutionellen Investoren. Wir stimmen nicht nur in ihrem Namen ab, sondern auch so, dass sich die zugrundeliegenden Unternehmen entsprechend den Investorenvorstellungen verwandeln. Die zweite Dimension ist, unsere Erfolge zu quantifizieren. In Berichten dokumentieren wir unsere Fortschritte für unsere Investoren, die uns ihre Stimmrechte übertragen haben. REO ist inzwischen eines unserer am stärksten wachsenden Responsible-Investment-Angebote, Ende Dezember 2022 haben wir 1,1 Billionen US-Dollar verwaltet. Momentan bieten wir diesen Service hauptsächlich für Institutionen an. Wir wollen ihn in Zukunft aber auch Privatbanken, Vermögensverwaltern oder Wealth Managern anbieten und so für Privatanbieter öffnen.

Auf der nächsten Seite: Wird es in zehn Jahren noch Fonds ohne ESG-Label in Ihrem Portfolio geben?

Wird es in zehn Jahren noch Fonds ohne ESG-Label in Ihrem Portfolio geben?

Uleer: Das bestimmen wir nicht allein. Wir richten uns nach den Bedürfnissen unserer Kunden und halten Regulierungsvorgaben ein. Wenn wir Fonds klassifizieren, wollen wir dieses Versprechen halten und sie nicht innerhalb weniger Monate wieder herabstufen müssen. Aus diesem Grund haben wir derzeit nur wenige Artikel-9-Fonds. Die meisten unserer europäischen Sicav-Fonds fallen unter Artikel 8 Plus. Zudem bieten wir Fonds an, die weder als Artikel 8 noch als Artikel 9 klassifiziert sind. Einige Investoren wollen mehr Möglichkeiten ausschöpfen, als Artikel-8-Fonds es erlauben würden.

Erwarten Sie, dass Sie Investoren verlieren werden, wenn Sie mehr Fonds als Artikel 8 oder 9 klassifizieren?

Uleer: Im Gegenteil. Wir werden Kunden gewinnen. Aber wir werden nicht Vorreiter sein, weil wir die Vorgaben gründlich und verlässlich einhalten wollen. Die Chance, Kunden mit nachhaltigen Fonds zu gewinnen, ist riesig. Aber ich erwarte auch nicht, Kunden dadurch zu verlieren, dass wir nicht alle Fonds konvertieren.

 

Truscott: Unser Geschäft ist getrieben von den Kundenwünschen. Und diese unterscheiden sich von Markt zu Markt. Die Chancen in Europa sind enorm. In den USA hängt es vom jeweiligen Markt ab, wie Investoren auf nachhaltige Produkte reagieren.

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Wird das rasante Wachstum des verantwortungsvollen Investierens andauern?

Truscott: Das Wachstumspotenzial ist groß. Wenn ich durch Europa reise, ist es das Thema, worüber die Kunden sprechen wollen. Es gibt einen Grund dafür, dass dies eine strategische Initiative für uns ist. Kunden wollen ihr Vermögen nachhaltig beziehungsweise verantwortungsvoll investieren. Damit ist der Sektor auch ein riesiges Geschäft für uns, zumindest in Europa. In den USA ist das Bild nuancierter. Ich gehe davon aus, dass sich das Segment auch dort als Chance erweisen wird, aber es wird sich langsamer als in Europa entwickeln.

Auf der nächsten Seite: Fürchten Sie Boykotte durch die Gegenbewegung in den USA?

Es gibt derzeit eine Gegenbewegung in den USA. Erwarten Sie, dass sie bestehen bleibt?

Truscott: Oh ja, denn sie ist in die US-Politik verwickelt. Es geht in erster Linie um Politik und nicht um Inhalte. Die Gegenbewegung wird sich fortsetzen, und wir müssen darauf achten. Aber wenn Investoren nicht nachhaltig investieren wollen, müssen sie es auch nicht.

Fürchten Sie Boykotte?

Truscott: Ich hoffe nicht. Einige größere Anbieter wurden bereits von Regierungen oder offiziellen Stellen boykottiert. Wir stehen aber auf keiner dieser Listen. Es wäre bedauerlich, wenn uns jemand boykottieren würde, nur weil wir auf Kundenwünsche reagieren.

 

Zurück zu Europa. Ist die Nachfrage nach Responsible Investments hauptsächlich von privaten oder institutionellen Anlegern getrieben?

Uleer: Der Trend ist in beiden Gruppen nahezu gleich stark, Private und institutionelle Investoren stellen uns zudem ähnliche Fragen. Wenn Sie in diesem Segment ein glaubwürdiger Anbieter sind, werden Sie bei beiden Investorengruppen erfolgreich sein.

Würden Sie Columbia Threadneedle als Impact-Investor bezeichnen?

Truscott: Ich würde uns nicht als Impact-Investoren bezeichnen, sondern als verantwortungsbewusste Investoren. Das ist einer unserer vier Eckpfeiler. Wir sind global, wir recherchieren intensiv, wir sind ein verantwortungsbewusster Investor und wir verbessern uns ständig.

Das Gespräch führte Katharina Lamster.


Über die Interviewten:

William F. Ted Truscott ist Vorstandsvorsitzender von Columbia Threadneedle. Truscott startete vor mehr als 20 Jahren bei dem Fondsanbieter. Er ist Mitglied mehrerer Aufsichtsräte der Columbia-Threadneedle-Investments- und Ameriprise-Unternehmen. Truscott sitzt zudem im Direktorium des Investment Company Institutes und im Kuratorium des Middlebury Colleges.

Florian Uleer ist Leiter EMEA-Wholesale. Er kam 2015 als Deutschlandchef zu Columbia Threadneedle.

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