ETF der Woche Klein und dynamisch: Comeback-Chance für Europas Börsenzwerge
Die Zahlen sind wirklich auffällig: Der Stoxx Europe Small 200 Index hinkte seinem großen Bruder, dem Stoxx Europe 50 Index, in den zurückliegenden drei Jahren deutlich hinterher. Der Index, der die 200 kleinsten Werte im umfassenden Stoxx Europe 600 Index abbildet, verzeichnete in diesem Zeitraum nur einen minimalen Anstieg von 0,8 Prozent, während der Blue-Chip-Index um beeindruckende 43 Prozent zugelegt hat. Diese Unterperformance hat sich auch in den vergangenen Monaten fortgesetzt. Während der Small-Cap-Index einen Verlust von 4 Prozent verzeichnete, ging es beim Stoxx Europe 50 Index rund 7 Prozent bergauf.
Das bekannte Muster: Warum Anleger zuerst Small Caps meiden
Diese Entwicklung ist recht einfach zu erklären: In Zeiten, in denen sich Börsianer Sorgen über die wirtschaftliche Entwicklung machen und die Märkte in turbulentes Fahrwasser geraten, sind Small Caps besonders anfällig für Kursrückgänge. Der jüngste Zinsanstieg hat diese Verwundbarkeit noch verstärkt, da kleinere Unternehmen höhere Finanzierungskosten tragen müssen. Hier zeigt sich erneut das bekannte Muster, dass Investoren zunächst weniger liquide Anlageklassen wie Small Caps meiden, bevor der Druck auf die liquideren Segmente übergreift. Eine unmittelbare Folge dieser Underperformance ist, dass europäische Small Caps derzeit deutlich günstiger bewertet sind als die großen Blue Chips. Normalerweise ist es genau umgekehrt.
„Obwohl dieses Verhaltensmuster immer wieder zu beobachten ist, erscheint es aus unserer Sicht nicht rational. Vielmehr sehen wir hier vor allem portfoliopolitische Gründe. Rational betrachtet haben Nebenwerte in den zurückliegenden Monaten an Attraktivität gewonnen“, kommentiert Felix Gode, Fondsmanager des Nebenwertefonds Alphastar Aktien das Marktgeschehen.
„Positive Nachrichten können den Käuferstreik auch schnell wieder beenden. An den Unternehmensbewertungen dürfte es jedenfalls nicht mehr liegen, denn die Kurse haben mittlerweile so stark korrigiert, dass viele Small Caps weit unter ihren historischen Bewertungen gehandelt werden“, so Gode.
Der Size-Effekt: Warum Börsenzwerge langfristig besser abschneiden können
Der MSCI Europe Small Index weist derzeit ein attraktives Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 11 auf. Auch andere Experten wie Nicholas J. Paul vom amerikanischen Vermögensverwalter MFS erwarten ein Comeback. Paul betont, dass Small Caps im Vergleich zu Large Caps so günstig bewertet seien wie seit Jahrzehnten nicht mehr.
Generell zeigt die langfristige Betrachtung, dass sich Aktien mit geringer Marktkapitalisierung oft besser entwickeln als ihre größeren Pendants. Dieses Phänomen wird in der Fachwelt als „Size-Effekt“ bezeichnet. Zwar sind Aktien kleinerer Unternehmen tendenziell schwankungsanfälliger, dafür werden Anleger jedoch mit höheren Renditen belohnt. Dies liegt nicht zuletzt an ihrer Fähigkeit, schnell in Nischenmärkte zu investieren und dort weiter zu expandieren. Ihr organisches Wachstum übertrifft häufig das von Großunternehmen, die oft an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen. Dadurch können kleinere Firmen schnell steigende Umsätze und Gewinne verzeichnen. Hinzu kommt, dass das Management der Börsenzwerge in der Regel agiler und flexibler ist, sodass sie schneller auf Innovationen und strukturelle Wachstumstrends reagieren können.
Qualität vor Quantität: Nicht alle Small Caps sind vielversprechend
Eine Beimischung von Small Caps in ein diversifiziertes Portfolio ist daher langfristig empfehlenswert. Exchange Traded Funds (ETFs) sind eine praktische Möglichkeit, Small-Cap-Indizes abzubilden. Sie bieten einen kostengünstigen und liquiden Zugang zu dieser Anlageklasse. Bekannte Beispiele für solche Indizes sind der M-Dax für den deutschen Aktienmarkt, der Russell 2000 für amerikanische Aktien oder der MSCI Europe Small Cap für europäische Märkte.
Problematisch ist jedoch, dass nicht alle Small Caps in diesen bekannten Indizes automatisch aussichtsreich sind. Sie enthalten auch hochbewertete, unprofitable Wachstumswerte, die ein Fondsmanager normalerweise nicht kaufen würde und die den positiven Size-Effekt zunichtemachen.
Doppelter Ansatz: Die Strategie des SPDR MSCI Europe Small Cap Value Weighted ETF
- Sektor: Aktienfonds Small Cap Europa
- ISIN: IE00BSPLC298
- ETF-Auflage: 11. Februar 2015
- Wertentwicklung 5 Jahre: 24 Prozent (4,5 Prozent p.a.)
- Wertentwicklung 3 Jahre: 32 Prozent (9,7 Prozent p.a.)
- Wertentwicklung ein Jahr: 9,2 Prozent
- Sharpe-Ratio 3 Jahre: 0,59
- Maximaler Verlust: 44 Prozent
- Volatilität 3 Jahre: 21 Prozent
Hier setzt die Strategie des SPDR MSCI Europe Small Cap Value Weighted ETF an. Sie basiert auf einem dualen Ansatz, der sich auf zwei wissenschaftlich fundierte Faktoren stützt. Zum einen haben Small Caps langfristig eine höhere Renditeerwartung als Large Caps. Zum anderen zeigen fundamental günstig bewertete Value-Aktien langfristig eine nachhaltig bessere Performance als Wachstumsaktien.
Die Erkenntnis, dass diese beiden Faktoren langfristig zu attraktiveren Renditen führen, geht auf Eugene Fama und Kenneth French zurück. Ihr mit dem Nobelpreis ausgezeichnetes Drei-Faktoren-Modell hat zu einem besseren Verständnis des Einflusses von Marktfaktoren auf Aktienrenditen beigetragen und dient als Grundlage für evidenzbasierte Anlagestrategien.
Das Drei-Faktoren-Modell von French und Fama ist eine Erweiterung des Capital Asset Pricing Model (CAPM) und dient zur Erklärung der Rendite von Aktien. Das Modell berücksichtigt drei Hauptfaktoren, die die Aktienrendite beeinflussen:
- Marktrisiko (Marktfaktor): Dieser Faktor ist ähnlich dem CAPM und misst die Rendite, die Anleger für das Eingehen eines allgemeinen Marktrisikos erwarten.
- Größe (Size-Faktor): Dieser Faktor berücksichtigt die Marktkapitalisierung eines Unternehmens. Es wird angenommen, dass Aktien kleinerer Unternehmen im Durchschnitt höhere Renditen erzielen, um das zusätzliche Risiko auszugleichen.
- Wert (Value-Faktor): Der Wertfaktor bewertet Unternehmen nach ihrem Buchwert im Vergleich zum Marktwert. Es wird angenommen, dass Value-Aktien höhere Renditen bieten, da sie als unterbewertet gelten und ein höheres Renditepotenzial aufweisen.
Der ETF gewichtet die Aktien des MSCI Europe Small Cap nicht nach ihrem Börsenwert, sondern anhand der Buchwerte, Gewinne und Umsätze. Auf diese Weise liegen die Bewertungskennzahlen nochmal deutlich unter denen des ursprünglichen Mutterindex. Das KGV für das laufende Jahr liegt bei aktuell 8,69, das durchschnittliche Preis-Buch-Verhältnis bei 0,85. Die so gewichteten Unternehmen bieten darüber hinaus eine attraktive Dividendenrendite von 4,18 Prozent.
Das sind die Top-5 Holdings im SPDR Europe Small Cap Value Weighted ETF:
- Die Banco Sabadell ist eine Universalbank, die eine breite Palette von Finanzdienstleistungen wie Einlagen, Kredite, Vermögensverwaltung und Investmentbanking in Spanien und anderen Ländern anbietet: 1,62 Prozent
- Die Banco BPM S.p.A. ist eine italienische Bank, die aus dem Zusammenschluss der Banca Popolare di Milano und der Banco Popolare entstanden ist. Sie bietet eine Vielzahl von Finanzdienstleistungen in Italien an, darunter Einlagen, Kredite, Vermögensverwaltung und Unternehmensfinanzierung: 1,3 Prozent
- Thyssen Krupp ist ein deutscher Industriekonzern, der in verschiedenen Geschäftsfeldern tätig ist, darunter Industrieanlagen, Aufzüge und Rolltreppen, Automotive Technology und Materialien. Das Unternehmen entwickelt und fertigt eine breite Palette von Produkten und Dienstleistungen, die in verschiedenen Branchen wie Stahl, Automotive und Industrietechnik eingesetzt werden: 1,2 Prozent
- Die Raiffeisen Bank International ist eine österreichische Bankengruppe, die in mehreren Ländern in Mittel- und Osteuropa tätig ist. Sie bietet Bankdienstleistungen für Privatkunden, Firmenkunden und institutionelle Kunden in verschiedenen Märkten in Zentral- und Osteuropa an: 1,1 Prozent
- Die Skan Group ist ein international führendes Unternehmen, das sich auf die Entwicklung und Herstellung von Reinraum- und Steriltechnologien spezialisiert hat. Die Gruppe hat ihren Hauptsitz in Allschwil, Schweiz, und bietet Produkte und Dienstleistungen an Kunden in verschiedenen Branchen, darunter Pharmazie, Biotechnologie und Halbleiterfertigung, um die Einhaltung strenger Reinheits- und Sterilitätsanforderungen zu gewährleisten: 0,9 Prozent
Der im Februar 2015 aufgelegte ETF streut sein Vermögen von 131 Millionen Euro über ganz Europa. Derzeit konzentriert sich das Portfolio auf geografische Regionen wie Großbritannien (28,4 Prozent), Deutschland (11,9 Prozent), Italien (9,5 Prozent) und Frankreich (8,7 Prozent). Auf Branchenebene dominieren Industriewerte (23,6 Prozent), Unternehmen aus dem Finanzsektor (21,3 Prozent) und Unternehmen aus dem Sektor Nicht-Basiskonsumgüter (10,9 Prozent).
Besser als der Durchschnitt europäischer Small Cap-Indizes
In den vergangenen drei Jahren hat der ETF eine starke Performance erzielt, die deutlich über dem Durchschnitt anderer europäischer Small Cap-Indizes liegt. Während ein konventioneller MSCI Europe Small Cap-ETF in diesem Zeitraum nur rund 6 Prozent erzielte, waren es beim faktorbasierten SPDR-ETF mehr als 30 Prozent. Der Indexfonds thesauriert seine Erträge und verwendet die physische Replikationsmethode (optimiertes Sampling). Die Gesamtkostenquote (TER) liegt bei 0,36 Prozent. Für Anleger, die eine ähnliche Strategie für US-Aktien in ihr Portfolio aufnehmen möchten, steht mit dem SPDR MSCI USA Small Cap Value Weighted ETF das entsprechende Gegenstück zur Verfügung.