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Aktualisiert am 20.03.2020 - 17:43 Uhrin AnalysenLesedauer: 10 Minuten

Corona und die Aktienmärkte „Die Marktkorrektur ist gesund“

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Robert Greil, Chefstratege, Merck Finck, Quintet Private Bank

Das Coronavirus ist keine kurzfristige Episode und wird an den Finanzmärkten wohl weitere Nervosität verursachen. Die Epidemie konnte nicht auf China begrenzt werden. Rund um den Globus steigt die Zahl der Ansteckungen von Südkorea über den Mittleren und Nahen Osten bis hin nach Italien.

In Asien schlagen sich die wirtschaftlichen Folgen bereits in Zahlen nieder. Chinas Fahrzeugverkäufe sind in den ersten beiden Februarwochen im Vergleich zum Vorjahr um 92 Prozent eingebrochen. In Südkorea sind die Exporte um etwa 10 Prozent gesunken. Zudem leidet die Einkaufsmanager-Stimmung in Japan und Australien bereits deutlich.

Entgegen der Einschätzung des Ifo-Instituts zu dessen Geschäftsklima-Umfrage im Februar dürfte auch Deutschland die ökonomischen Auswirkungen der Virusepidemie bald zu spüren bekommen. Denn einerseits werden Probleme beim Vertrieb (bisher vor allem in China), in der Produktion und bei Zuliefererteilen immer wahrscheinlicher. Andererseits könnte die Ausbreitung des Virus in Italien den Unternehmen hierzulande zunehmende Sorgen bereiten.

Die gegenwärtige Lage ist allerdings kein Grund zur Panik. Das Coronavirus hat eine erwartbare Phase erhöhter Marktvolatilität ausgelöst, der sich mit gut diversifizierten und robusten Portfolios begegnen lässt. Zu dieser robusten Aufstellung gehören für uns sichere Häfen wie zum Beispiel Gold, das auf ein Siebenjahreshoch gestiegen ist und in Euro so teuer ist wie nie zuvor. Als Stabilitätsanker eignen sich darüber hinaus Staatsanleihen, vor allem aus den USA. Die Rendite für 30-jährige Treasuries liegt mit 1,83 Prozent gerade bei einem historischen Tiefstand.

Die Kursrückgänge bei europäischen Aktien waren gestern erheblich. Insgesamt erachten wir die aktuelle Marktkorrektur nach den jüngsten starken Kurszuwächsen in der Eurozone aber als gesund. Bereits vor der Viruskrise sind wir vorsichtiger geworden und haben den Anteil europäischer Aktien von „neutral“ auf „neutral mit negativer Tendenz“ heruntergestuft. In der Eurozone rechnen wir für 2020 mit nur 0,7 Prozent Wirtschaftswachstum, während der Bloomberg-Konsens noch immer bei 1,0 Prozent liegt und der IWF sogar von 1,3 Prozent ausgeht.

Ein echter Aktiencrash ist nach gegenwärtigem Erkenntnisstand nicht zu erwarten. Chinas Parteiführung hat erst am Wochenende klar gemacht, dass die dortigen Konjunkturbelastungen mit allen Mitteln durch stützende Maßnahmen abgemildert werden sollen, um die Wachstumsziele einzuhalten. Unterstützend wirkt auch die an

haltend expansive Politik der meisten Notenbanken mit weiterhin hoher Liquiditätsversorgung. Sollte sich das Coronavirus also nicht extrem ausbreiten, bleibt ein Extremszenario unwahrscheinlich.

Marktkommentar von La Financière de l’Échiquier

Die Aktienmärkte haben gerade eine plötzliche und weitreichende Korrektur erfahren. Am Montag, dem 24. Februar, fielen die wichtigsten Aktienindizes um drei bis vier Prozent. Gleichzeitig erreichte der Goldpreis ein seit 2013 beispielloses Niveau, und Anleihen von als „sicher“ geltenden Ländern wie den Vereinigten Staaten und Deutschland waren sehr begehrt. Infolgedessen liegt die Rendite 10-jähriger deutscher Bundesanleihen wieder nahe am Niveau von minus 0,50 Prozent, nicht weit entfernt von den Rekordständen von fast minus 0,70 Prozent, die am Ende des vergangenen Sommers verzeichnet wurden.

Was war der Auslöser?

Eindämmungsmaßnahmen in einigen Städten und die Schließung von Einrichtungen in Italien zur Einschränkung der Ausbreitung des Covid-19-Coronavirus sind die Hauptauslöser für diese plötzliche Risikoaversion. Bisher waren fast ausschließlich asiatische Länder von solchen Maßnahmen betroffen. Heute scheint Europa folgen zu müssen. Wer weiß, ob nicht auch die Vereinigten Staaten bald betroffen sind? Welche wirtschaftlichen Folgen hätte die Eindämmung der westlichen Hauptstädte? Das sind die Fragen, die den Markt verunsichern.

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