Crashtest-Sieger Türkei-Fonds „Herr Kahlfeld, wie stark leidet die Türkei unter dem IS-Terror?“
Sebastian Kahlfeld, Fondsmanager bei Deutsche Asset & Wealth Management
DER FONDS: Der Kampf um die syrische Grenzstadt Kobane rückt die Türkei ins Zentrum des Weltgeschehens, gleichzeitig leidet das Land unter inneren Unruhen. Wie wirkt sich das auf die Wirtschaft aus?
Sebastian Kahlfeld: Einen direkten Einfluss gibt es kaum, einen indirekten aber schon. Der Flüchtlingsstrom stellt das Land vor große Herausforderungen und vor große Kosten. Um den Umfang zu veranschaulichen: Seit Ausbruch des Syrien-Konflikts wurden rund 60.000 Kinder syrischer Abstammung in der Türkei geboren. Zudem fällt der Irak als zweitgrößter Export-Partner der Türkei zurzeit aus.
Und wie reagiert die Börse?
Auf manche Ereignisse natürlich kurzfristig, aber wir erkennen aufgrund der Unruhen keinen nachhaltigen Abwärtstrend. Viel entscheidender ist, was die Zentralbanken in den USA und Europa machen.
Inwiefern?
Die Türkei bietet noch reale Zinsen in Höhe von ein bis 2 Prozent. Das nutzen internationale Anleger gern. Steigen die US-Zinsen, dürfte wieder mehr Kapital an die Wall Street strömen, da die USA nicht die typischen Risiken eines Emerging Markets aufweisen. Ein solcher Kapitalabfluss trifft zunächst vor allem die Währung, in der Ableitung dann aber auch die Unternehmen. Viele türkische Firmen finanzieren sich auf den internationalen Märkten, und sie müssten dann dort höhere Zinsen zahlen. So wird manches Projekt uninteressant, das sich vorher noch gelohnt hätte.
Der türkische Aktienmarkt ist äußerst volatil – auch im Vergleich zu den Börsen anderer Emerging Markets. Woran liegt das?
Die Türkei ist ein sehr diversifizierter Markt. Es gibt viele unterschiedliche Sektoren, die zur Wirtschaftsleistung beitragen. Zudem ist der Markt sehr offen, viele internationale Investoren sind dort aktiv. Es gibt keine Handelsbeschränkungen wie in anderen Emerging Markets. Das macht die türkische Börse sehr anfällig für den Zu- und Abfluss von Kapital. Und dann gibt es noch einen ganz anderen Faktor, der zu den Schwankungen beträgt: Die Türkei hat eine sehr kreative Regierung.
Wirtschaftlich lahmt es zurzeit etwas, oder?
Es sieht nicht mehr so glänzend aus wie vor sechs oder sieben Jahren. Das türkische Wachstum lebt zu einem guten Teil vom heimischen Konsum, der zu einem guten Teil kreditfinanziert ist. In den vergangenen Jahren ist das Kreditvolumen stark gestiegen. Mittlerweile vergeben Banken ihre Kredite restriktiver. Daher ist das potenzielle Wachstum der Wirtschaft leicht gesunken. Dieses Jahr wird es wohl um die 3 Prozent erreichen.
Und nächstes Jahr? 2015 wird wieder gewählt, diesmal das Parlament.
Für nächstes Jahr ist eine Prognose noch schwieriger, da es zu viele unsichere Faktoren gibt. Die Wahlen könnten jedoch einen positiven Einfluss haben. Die Regierungspartei AKP will wieder die absolute Mehrheit erreichen. Dafür muss sie etwas tun – zumal sich viele Wähler daran erinnern werden, was Präsident Erdogan zurzeit bezüglich der IS-Angriffe unternimmt beziehungsweise nicht unternimmt. Die Regierung investiert bereits in die Infrastruktur und schafft so Arbeitsplätze. Das stabilisiert das Wirtschaftswachstum.
Was spricht für ein Investment in die Türkei?
Von seiner Struktur her ist der Markt immer noch sehr attraktiv: Die Bevölkerung wächst um 1,5 Prozent pro Jahr und ist im Schnitt unter 30 Jahre alt. Die Türkei ist ein Knotenpunkt zwischen mehreren attraktiven Absatzmärkten, und die Managementqualität ist in vielen Unternehmen hoch.
Und kurzfristig?
Die Kurse sind schon wieder heruntergekommen und könnten gute Einstiegskurse sein. Die Unternehmensgewinne sind sehr attraktiv. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis liegt für dieses Jahr etwa bei 11. Es gibt aber eine ganze Reihe an Risikofaktoren: steigende US-Zinsen, die Krisen im Nahen Osten. Die nächsten sechs bis zwölf Monate könnten durchaus schwierig werden, da könnte einiges passieren.
Welche Sektoren bieten zurzeit Chancen?
Wir mögen Unternehmen, die in die USA exportieren und damit von der derzeitigen starken Abwertung der Lira gegenüber dem US-Dollar profitieren. Daneben gehören klassische Industriewerte zu unseren Favoriten. Das Gewinnwachstum in der Branche schätzen wir für 2015 auf 15 bis 20 Prozent. Turkish Airlines gefällt uns beispielsweise. Die Fluggesellschaft wächst seit Jahren sehr ambitioniert, baut ihre Flotte aus und fliegt die meisten Ziele weltweit an.
Wie wichtig ist das Thema Währung für Ihren Fonds?
Die Währung ist ein relevanter Aspekt, aber nicht der entscheidende Faktor für die Performance. Kursgewinne sollten Währungsverluste deutlich überkompensieren. Nur wenn wir sehr überzeugt sind von einer starken Abwertung der Türkischen Lira gegenüber dem Euro, würden wir das Portfolio absichern. Das ist allerdings nicht günstig und ein sehr teures Vergnügen, wenn man danebenliegt. In jüngster Zeit haben wir nicht gehedgt, und wir erwarten auch keine deutlichen Verluste. Eine graduelle Abwertung hingegen wäre nicht überraschend.
Sebastian Kahlfeld: Einen direkten Einfluss gibt es kaum, einen indirekten aber schon. Der Flüchtlingsstrom stellt das Land vor große Herausforderungen und vor große Kosten. Um den Umfang zu veranschaulichen: Seit Ausbruch des Syrien-Konflikts wurden rund 60.000 Kinder syrischer Abstammung in der Türkei geboren. Zudem fällt der Irak als zweitgrößter Export-Partner der Türkei zurzeit aus.
Crashtest: Die besten Türkei-Fonds
Fonds | Punkte Gesamt |
Pkt. Perfor- mance |
Pkt. Stress- test |
Pkt. Rating |
Vol. in Mio. € |
|
---|---|---|---|---|---|---|
1 | DWS Türkei | 197 | 83 | 94 | 20 | 88 |
2 | HSBC Turkey Equity | 186 | 70 | 76 | 40 | 154 |
3 | UBAM Turkish Equity | 184 | 47 | 92 | 45 | 24 |
4 | KBC Equity Fund Turkey | 179 | 78 | 91 | 10 | 13 |
5 | JPM Turkey Equity | 165 | 67 | 98 | 0 | 68 |
4 weitere Fonds >> | ||||||
Sortierkriterium: Punkte Gesamt, Quelle: Testverfahren DER FONDS, Berechnung und Daten: FWW Fundservices GmbH (Stichtag: 7. Oktober 2014) |
Und wie reagiert die Börse?
Auf manche Ereignisse natürlich kurzfristig, aber wir erkennen aufgrund der Unruhen keinen nachhaltigen Abwärtstrend. Viel entscheidender ist, was die Zentralbanken in den USA und Europa machen.
Inwiefern?
Die Türkei bietet noch reale Zinsen in Höhe von ein bis 2 Prozent. Das nutzen internationale Anleger gern. Steigen die US-Zinsen, dürfte wieder mehr Kapital an die Wall Street strömen, da die USA nicht die typischen Risiken eines Emerging Markets aufweisen. Ein solcher Kapitalabfluss trifft zunächst vor allem die Währung, in der Ableitung dann aber auch die Unternehmen. Viele türkische Firmen finanzieren sich auf den internationalen Märkten, und sie müssten dann dort höhere Zinsen zahlen. So wird manches Projekt uninteressant, das sich vorher noch gelohnt hätte.
Der türkische Aktienmarkt ist äußerst volatil – auch im Vergleich zu den Börsen anderer Emerging Markets. Woran liegt das?
Die Türkei ist ein sehr diversifizierter Markt. Es gibt viele unterschiedliche Sektoren, die zur Wirtschaftsleistung beitragen. Zudem ist der Markt sehr offen, viele internationale Investoren sind dort aktiv. Es gibt keine Handelsbeschränkungen wie in anderen Emerging Markets. Das macht die türkische Börse sehr anfällig für den Zu- und Abfluss von Kapital. Und dann gibt es noch einen ganz anderen Faktor, der zu den Schwankungen beträgt: Die Türkei hat eine sehr kreative Regierung.
Wirtschaftlich lahmt es zurzeit etwas, oder?
Es sieht nicht mehr so glänzend aus wie vor sechs oder sieben Jahren. Das türkische Wachstum lebt zu einem guten Teil vom heimischen Konsum, der zu einem guten Teil kreditfinanziert ist. In den vergangenen Jahren ist das Kreditvolumen stark gestiegen. Mittlerweile vergeben Banken ihre Kredite restriktiver. Daher ist das potenzielle Wachstum der Wirtschaft leicht gesunken. Dieses Jahr wird es wohl um die 3 Prozent erreichen.
Und nächstes Jahr? 2015 wird wieder gewählt, diesmal das Parlament.
Für nächstes Jahr ist eine Prognose noch schwieriger, da es zu viele unsichere Faktoren gibt. Die Wahlen könnten jedoch einen positiven Einfluss haben. Die Regierungspartei AKP will wieder die absolute Mehrheit erreichen. Dafür muss sie etwas tun – zumal sich viele Wähler daran erinnern werden, was Präsident Erdogan zurzeit bezüglich der IS-Angriffe unternimmt beziehungsweise nicht unternimmt. Die Regierung investiert bereits in die Infrastruktur und schafft so Arbeitsplätze. Das stabilisiert das Wirtschaftswachstum.
Was spricht für ein Investment in die Türkei?
Von seiner Struktur her ist der Markt immer noch sehr attraktiv: Die Bevölkerung wächst um 1,5 Prozent pro Jahr und ist im Schnitt unter 30 Jahre alt. Die Türkei ist ein Knotenpunkt zwischen mehreren attraktiven Absatzmärkten, und die Managementqualität ist in vielen Unternehmen hoch.
Und kurzfristig?
Die Kurse sind schon wieder heruntergekommen und könnten gute Einstiegskurse sein. Die Unternehmensgewinne sind sehr attraktiv. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis liegt für dieses Jahr etwa bei 11. Es gibt aber eine ganze Reihe an Risikofaktoren: steigende US-Zinsen, die Krisen im Nahen Osten. Die nächsten sechs bis zwölf Monate könnten durchaus schwierig werden, da könnte einiges passieren.
Welche Sektoren bieten zurzeit Chancen?
Wir mögen Unternehmen, die in die USA exportieren und damit von der derzeitigen starken Abwertung der Lira gegenüber dem US-Dollar profitieren. Daneben gehören klassische Industriewerte zu unseren Favoriten. Das Gewinnwachstum in der Branche schätzen wir für 2015 auf 15 bis 20 Prozent. Turkish Airlines gefällt uns beispielsweise. Die Fluggesellschaft wächst seit Jahren sehr ambitioniert, baut ihre Flotte aus und fliegt die meisten Ziele weltweit an.
Wie wichtig ist das Thema Währung für Ihren Fonds?
Die Währung ist ein relevanter Aspekt, aber nicht der entscheidende Faktor für die Performance. Kursgewinne sollten Währungsverluste deutlich überkompensieren. Nur wenn wir sehr überzeugt sind von einer starken Abwertung der Türkischen Lira gegenüber dem Euro, würden wir das Portfolio absichern. Das ist allerdings nicht günstig und ein sehr teures Vergnügen, wenn man danebenliegt. In jüngster Zeit haben wir nicht gehedgt, und wir erwarten auch keine deutlichen Verluste. Eine graduelle Abwertung hingegen wäre nicht überraschend.
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