

Covid-19 hat nicht nur physische Langzeitfolgen, zeigt eine aktuelle Studie der DAK-Gesundheit: Für die Sonderanalyse im Rahmen des diesjährigen Kinder- und Jugendreports der Krankenkasse untersuchten Gesundheitsökonomen des Analysehauses Vandage und Wissenschaftler der Universität Bielefeld jetzt detailliert Abrechnungen von Klinikaufenthalten aus den Jahren 2018 bis 2022. Sie stammen von rund 786.000 unter 18-Jährigen, die bei der DAK-Gesundheit versichert sind.
In den Jahren 2018 bis 2020 lagen die Fallzahlen stationär behandelter Angststörungen demnach auf einem konstanten Niveau. Doch 2021 und 2022 stiegen sie deutlich an. Im vergangenen Jahr wurde bei jugendlichen Mädchen dann ein neuer Höchstwert erreicht: Hochgerechnet auf alle Jugendlichen in der Altersgruppe 15 bis 17 kamen 2022 bundesweit rund 6.900 Mädchen mit einer Angststörung ins Krankenhaus. Das entspricht einem Anstieg von 35 Prozent gegenüber 2019.
Immer mehr Mädchen mit Ängsten im Krankenhaus


Auch bei Essstörungen und Depressionen nahmen die Krankenhausbehandlungen jugendlicher Mädchen zu: So stieg die Zahl der Klinikaufenthalte 2022 im Vergleich zu 2019 bei Essstörungen um über die Hälfte an, bei Depressionen nahmen die Behandlungszahlen um gut ein Viertel zu. „Wir befinden uns mitten in einer Mental-Health-Pandemie, deren Auswirkungen erst nach und nach sichtbar werden. Das zeigt sich bereits jetzt besonders im Bereich der Angststörungen und der Essstörungen.“
„Die Pandemiesituation hat nachhaltig negative Auswirkungen auf die Lebenszufriedenheit junger Menschen, die sich in Zukunftsangst manifestiert“, sagt auch Thomas Fischbach, Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte. „Hier wirken jedoch sicherlich Faktoren zusammen. Neben der Pandemie sind dies der Ukrainekrieg sowie die Angst um die wirtschaftliche Zukunft und um unseren Planeten Erde.“ Es sei nun Aufgabe der Politik, jungen Menschen Zukunftssicherheit zu vermitteln.
„Ein stiller Hilfeschrei, der uns wachrütteln muss“
„Die massive Zunahme von schweren Ängsten und Depressionen bei Mädchen ist ein stiller Hilfeschrei, der uns wachrütteln muss“, sagt Andreas Storm, Vorstandschef der DAK-Gesundheit. „Die anhaltenden Krisen hinterlassen tiefe Spuren in den Seelen vieler junger Menschen, wobei die aktuellen Krankenhausdaten nur die Spitze des Eisbergs sind. Wir müssen offen über die Entwicklung sprechen und den Betroffenen und ihren Familien Unterstützung und Hilfe anbieten.“
Die Politik habe mit übergreifenden Fachtagungen bereits wichtige Impulse gesetzt, räumt Storm zwar ein. Doch die sogenannten „Mental Health Coaches“ an Schulen seien aber nur ein erster Schritt. „Wir brauchen sehr kurzfristig eine breite Präventionsoffensive in Schulen, Vereinen und Verbänden, um die psychische Gesundheit von Mädchen und Jungen zu stärken“, fordert Chef von Deutschlands drittgrößter Krankenkasse mit 5,5 Millionen Versicherten. „Wir dürfen sie und ihre Eltern nicht allein lassen.“