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Daniel Gehlen im Interview „Die Baubranche ist derzeit sehr unbeliebt, hier gibt es noch günstige Unternehmen“

Daniel Gehlen im Interview: "Wir peilen ein Fonds-Volumen von etwa 80 Millionen Euro an."
Daniel Gehlen im Interview: "Wir peilen ein Fonds-Volumen von etwa 80 Millionen Euro an." | Foto: DAS INVESTMENT

DAS INVESTMENT: Herr Gehlen, auf Ihrer Webseite heißt es: „Wir sind kein üblicher Aktienfonds. Wir haben auch nicht vor, einer zu werden.“ 2022 stand für Ihren Fonds Gehlen Braeutigam Value HI ein Verlust von 38,7% im Buche - ist es das, was Sie meinen?

Daniel Gehlen: Nein, das meinen wir natürlich nicht. Das bezieht sich eher darauf, dass wir Investoren suchen, die uns langfristig begleiten. Wir setzen auf ein konzentriertes Portfolio und investieren unabhängig vom Markt. Das läuft in einigen Jahren besser und in manchen schlechter. Unsere Performance kann von Jahr zu Jahr sehr stark abweichen. 

Was meinen Sie mit Unabhängigkeit?

Gehlen: Benchmarks spielen für uns keine große Rolle. Der Slogan „Wir sind kein üblicher Aktienfonds“ bezieht sich auf unsere eigenen Analysen - und darauf, dass wir unser eigenes Geld investiert haben. Das sieht man auch bei einigen anderen Boutiquen, aber im Vergleich zu großen Fonds ist es eine Abtrennung.

Wie groß ist Ihr Fonds derzeit?

Gehlen: Im Moment haben wir knapp 20 Millionen Euro Assets under Management. Mitte 2018 sind wir mit 5 Millionen gestartet. In den guten Performance-Jahren 2020 und 2021 sind wir dann auf 30 Millionen gewachsen. Dass wir nun wieder bei knapp 20 Millionen liegen ist natürlich in der schlechten Performance im vergangenen Jahr begründet. 

Welche Zielgröße peilen Sie an?

Gehlen: Wir fokussieren uns auf Micro Caps und Small Caps in Europa. Größentechnisch ist noch etwas Luft nach oben, aber wir haben von Anfang an kommuniziert, dass wir den Fonds limitieren werden.

Quelle Fondsdaten: FWW 2024

Wann wird es so weit sein? 

Gehlen: Bei unter 100 Millionen Euro. 

Zwischen 20 und 100 Millionen ist viel Platz.  

Gehlen: Wir peilen etwa 80 Millionen Euro an. Denn mit einem zu großen Fonds hat man irgendwann auch Einschränkungen, gerade bei Investments in Micro Caps. Eine Portfolio-Gewichtung um die 5 bis 7 Prozent ist dann nur noch schwer möglich, das ist bei einem konzentrierten Ansatz aber natürlich die Grundvoraussetzung.  

Kommen wir noch einmal zurück zu den -38,7 Prozent. Woran hat es denn gelegen?

Gehlen: 2022 haben fast alle Aktien in Europa ein Minus gemacht, bei kleineren Aktien fiel der Rückgang noch stärker aus. Der SDax verlor im vergangenen Jahr 27 Prozent. 

Nun sind -27 Prozent noch besser als -38 Prozent.

Gehlen: Wir hatten zwei Unternehmen aus dem E-Commerce-Segment, die sehr schlecht performt haben und die wir auch zu stark gewichtet haben. Das müssen wir im Nachhinein zugeben.

Welche waren das? 

Gehlen: Das waren Home24 und Naked Wines. Wie alle E-Commerce-Unternehmen gerieten auch diese unter Druck, zudem hat aus unserer Sicht auch das Management insbesondere im Fall von Naked Wines nicht optimal agiert und vor allem schlecht kommuniziert. Seit Auflage unseres Fonds haben wir ein Industrial und Consumer Exposure – und beide Bereiche liefen 2022 schlecht. Ich bin aber auch der Meinung, dass viele unserer Werte zu stark verloren haben.  

 

Die Unternehmen wurden also zu stark abverkauft?

Gehlen: Unsere größte Position ist Sto, ein Unternehmen mit Schwerpunkt Wärmedämmung. In diesem Umfeld war die Aktie teilweise 45 Prozent im Minus. Das ist bemerkenswert, denn das Unternehmen kam von einer vernünftigen Bewertung. Zuletzt hat sich Sto etwas erholt, aber liegt immer noch deutlich im Minus. Mit Blick auf die mittelfristigen Aussichten bleiben wir jedoch weiter zuversichtlich und die Bewertung ist heute deutlich niedriger als in den letzten Jahren. 

Dafür spricht, dass die Klimawende gelingen muss, und dabei helfen gedämmte Wohnungen und Häuser. Auf der anderen Seite geht es der Baubranche nicht so gut, um es mal vorsichtig zu formulieren. 

Gehlen: Gerade der Neubau ist natürlich ins Stehen gekommen und auch einige Renovierungen werden aufgrund des aktuellen Kreditumfeldes womöglich aufgeschoben. Doch über kurz oder lang werden sie kommen. Nicht zuletzt lohnt sich die energetische Sanierung durch die gestiegenen Energiekosten heute umso mehr.

Auf der nächsten Seite: Warum Daniel Gehlen in günstige Fitnessstudio-Ketten investiert und warum es ein Vorteil ist, dass die Baubranche nicht sehr disruptiv ist