Finanzplaner Daniel Wenzel „Manche Kunden sollten als erstes die Amazon-App löschen“

DAS INVESTMENT: Die deutsche Inflationsrate sank im Dezember gegenüber dem Vormonatswert um 1,4 Prozentpunkte auf voraussichtlich 8,6 Prozent. Bietet das Ihrer Meinung nach Grund, sich jetzt erleichtert zurückzulehnen?
Daniel Wenzel: Es ist erfreulich zu sehen, dass die Inflationsrate zuletzt gesunken ist. Entspannte Zeiten sind aber kurzfristig noch nicht in Sicht. Ich fürchte, die Inflationsrate wird zunächst volatil bleiben – wie auch der Aktienmarkt – und sich mittelfristig wohl auf deutlich höherem Niveau als vor der Krise einpendeln.
Machen in der aktuellen Situation wieder Tages- und Festgelder Sinn, um Geld zur Seite legen. Und wenn ja: Wie lange sollte man sich binden?
Wenzel: Aktuell kann Geld wieder zinsgünstig geparkt werden. Meinen Kunden rate ich derzeit aber zu maximal sechs Monaten Festschreibung, weil Inflation und Zinsentwicklung nach wie vor sehr volatil sind. Schauen wir uns Angebote deutscher Institute im Bereich Festgeld an, dann bekommen Sie derzeit für zwölf Monate 1,95 Prozent Zins und bei sechs Monaten sind es 1,3 Prozent. Wegen 0,7 Prozentpunkten würde ich mich nicht unnötig lange binden. Und klar ist auch, dass weder 1,3 noch 1,95 Prozent wirkliche Alternativen bei zweistelligen Inflationsraten sind.
Inwiefern spüren Ihre Kunden die deutlich gestiegenen Preise für Lebensmittel und Energie im Alltag und wie reagieren sie darauf?
Wenzel: Derzeit spüre ich noch keine Auswirkungen in Form von Beitragsreduzierungen oder Beitragsfreistellungen bei meinen Kunden. Aber natürlich klagt der eine oder andere schon über die aktuelle Situation. Reaktionen in Form von Beitragsanpassungen bei Sparverträgen kann ich derzeit noch nicht feststellen.
Und was würden Sie denjenigen Kunden raten, die aus Kostengründen jetzt bei ihren Ausgaben für die private Altersvorsorge sparen möchten?
Wenzel: Bevor ich einen Sparvertrag oder eine Altersvorsorge reduziere, rate ich immer dazu eine Ausgabenliste zu erstellen. Wir sind uns nämlich oft gar nicht bewusst, wofür wir eigentlich Geld ausgeben. Einfachstes Beispiel sind Abonnements, die vor Jahren abgeschlossen worden sind und schlicht aus Trägheit noch nicht gekündigt wurden. Eine Aufstellung von Einnahmen und Ausgaben ist bei mir auch immer „Pflicht“, wenn es um die Erstellung eines Finanzplans geht. Manchen Kunden habe ich auch schon dazu geraten, die Amazon-App auf dem Handy zu löschen. Auch das kann Geld sparen.
Inwiefern drücken die aktuell immer noch relativ hohen Inflationsraten auf die Nettorenditen klassischer Sparprodukte wie Kapitallebensversicherungen?
Wenzel: Klassische Versicherungen und Sparverträge sind bei mir kaum zu finden, weil ich schon immer zu Fonds- und ETF-basierten Vorsorgeformen geraten habe. Selbst wenn die Überschussbeteiligungen der Lebensversicherer wieder nachhaltig anziehen sollten, so werden Sparer damit kaum einen Inflationsausgleich erzielen.