Europas ETF-Markt im Überblick Das Billionen-Ding
In Europa könnte es demnächst in eine ähnliche Richtung laufen. Die Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank bringt nämlich Anleger dazu, sich nach anderen Sparformen umzusehen. In Deutschland melden allein die Online-Finanzhäuser über 1,5 Millionen neue Anlegerdepots. Begleitend dazu liefern sie sich einen heftigen Preiskampf. Zuletzt meldeten ING und Flatex im April, dass sie alle ETF-Sparpläne von nun an dauerhaft kostenlos anbieten wollen. Kein Aufgabeaufschlag, keine Ordergebühr und (offenbar) kein Haken. Und das sind keine Einzelfälle.
Die Branche freut’s. „Wir rechnen damit, dass sich der ETF-Markt in Europa in den nächsten drei bis vier Jahren auf dann fast 2 Billionen Euro in etwa verdoppelt“, sagt Peter Scharl, der bei Blackrock unter anderem das Geschäft der ETF-Abteilung iShares in Deutschland, Österreich und Osteuropa leitet. „Das jährliche ETF-Sparplanvolumen lag Ende 2020 bei fast 2 Milliarden Euro“, berichtet Vanguard-Mann Külps. „Das entspricht einem Anstieg...
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In Europa könnte es demnächst in eine ähnliche Richtung laufen. Die Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank bringt nämlich Anleger dazu, sich nach anderen Sparformen umzusehen. In Deutschland melden allein die Online-Finanzhäuser über 1,5 Millionen neue Anlegerdepots. Begleitend dazu liefern sie sich einen heftigen Preiskampf. Zuletzt meldeten ING und Flatex im April, dass sie alle ETF-Sparpläne von nun an dauerhaft kostenlos anbieten wollen. Kein Aufgabeaufschlag, keine Ordergebühr und (offenbar) kein Haken. Und das sind keine Einzelfälle.
Die Branche freut’s. „Wir rechnen damit, dass sich der ETF-Markt in Europa in den nächsten drei bis vier Jahren auf dann fast 2 Billionen Euro in etwa verdoppelt“, sagt Peter Scharl, der bei Blackrock unter anderem das Geschäft der ETF-Abteilung iShares in Deutschland, Österreich und Osteuropa leitet. „Das jährliche ETF-Sparplanvolumen lag Ende 2020 bei fast 2 Milliarden Euro“, berichtet Vanguard-Mann Külps. „Das entspricht einem Anstieg um etwa 45 Prozent gegenüber dem Wert von Ende 2019.“ Im Januar seien fast 2,2 Millionen ETF-Sparpläne ausgeführt worden. Und während Külps auf Studien verweist, die von 7 Millionen solcher Pläne für 2025 ausgehen, hält man bei Blackrock sogar 9 Millionen Verträge für möglich.
Aber warum ausgerechnet ETFs? Weil sich hier ein interessantes Zusammenspiel aus einigen wirklich starken Vorteilen und Fürsprechern ergeben hat. Heißt im Einzelnen: ETFs sind tatsächlich deutlich günstiger und durchaus verständlicher als aktiv gemanagte Fonds. Die Kosten liegen inzwischen bei Standardprodukten gern unter 0,3 Prozent im Jahr, und anstatt eines komplizierten Managementansatzes heißt es für den Anleger: Der baut den Index So-und-so einfach nach, das war‘s. Und von den Aktienindizes Dax, S&P 500 und sogar MSCI World haben ausreichend viele Menschen inzwischen gehört.
Auf diese Vorteile springen Verbraucherschützer, insbesondere Verbraucherzentralen, Finanztest und Ratgebersendungen an. Dieser mediale Zuspruch hat enormes Marktrauschen erzeugt und den Begriff ETF in die Köpfe gebracht. Das ist bis zu einem gewissen Punkt sicher angemessen und dient dem Trend in Richtung moderne Geldanlage. Absurd wird es allerdings dann, wenn Verbraucherschützer den ETF, wie in der Vergangenheit mitunter geschehen, zum alleinseligmachenden Heilsbringer überhöhen und aktiv gemanagte Fonds als teure Abzocke abstempeln. Denn das sind sie definitiv nicht.
Die von Beginn an immer wieder sinkenden Gebühren setzen sowohl die ETF-Branche als auch die aktive Konkurrenz unter Druck. Wie sich die Gebühren konkret entwickelt haben, zeigt eine Analyse des ETF-Spezialisten Crossflow Financial Advisors. So brachte es ein ETF auf den MSCI World im Jahr 2008 im Durchschnitt noch auf eine Gesamtkostenquote (TER) von 0,47 Prozent. Fünf Jahre später waren es 0,41 Prozent und 2021 nur noch 0,27 Prozent (siehe Grafik). Bei den aktiven Fonds in Europa wiederum sanken die laufenden Kosten laut Morningstar von 1,37 Prozent im Jahr 2013 auf 1,12 Prozent im vergangenen Jahr.
Dieser Prozess verläuft in Runden. Mal legt der eine die Messlatte etwas tiefer, mal setzt der andere eine Duftmarke, und die Konkurrenz entscheidet, ob sie nachzieht. Einen Höhepunkt lieferte der Anbieter Xtrackers, der heute zur DWS gehört, als er im Jahr 2009 die Gebühren für einen ETF auf den Euro Stoxx 50 öffentlichkeitswirksam auf null setzte. Später schlugen Amundi und iShares Pflöcke in die Erde. iShares legte 2014 mit der Core-Palette vor, die die Kernmärkte zu Kampfkonditionen abbildet. Von da an gab es den ETF auf den MSCI World für 0,2 Prozent im Jahr. 2019 zog Amundi mit der Prime-Palette nach und legte die Gebühren einheitlich auf 0,05 Prozent fest.