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Das große Experiment „EZB-Maßnahmen werden nicht den gewünschten Erfolg zeigen“

Walter Sommer ist Geschäftsführender Gesellschafter von Grossbötzl, Schmitz & Partner
Walter Sommer ist Geschäftsführender Gesellschafter von Grossbötzl, Schmitz & Partner
Seit dem Ausbruch der Finanzkrise im Herbst 2008, also seit ziemlich genau sechs Jahren, wird von Zentralbanken auf der ganzen Welt ein in der Geschichte einmaliges Experiment durchgeführt.

Aus den vielen Wirtschaftskrisen im letzten Jahrhundert (Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre, Deflationsdekade in Japan, Russlandkrise Ende der 1990er, et cetera) hat man geschlussfolgert, das ebensolche nur mit aggressiver, extrem expansiver Geldpolitik bekämpft werden können.

Nach diesem Motto haben nahezu alle wichtigen Zentralbanken begonnen, die Welt mit Liquidität zu fluten. Sie haben Geld gedruckt. Begriffe von `Helikopter Ben´ (als Anspielung auf Ben Bernankes Aussage, falls notwendig würde er sogar Geld aus einem Helikopter in die Menge werfen) haben dieses Vorgehen geprägt.

In diesen sechs Jahren der expansiven Geldpolitik haben die Federal Reserve, die Europäische Zentralbank (EZB), die Bank of England und die Bank of Japan ihre Bilanzen um circa sieben Billionen Dollar ausgeweitet, womit sich das Wachstum der Geldbasis vollends vom Wachstum des realen BIP abgekoppelt hat.

Wie wenig hilfreich diese extremen Maßnahmen dem jetzigen EZB-Rat um Präsident Mario Draghi erscheinen, zeigen die in der letzten Sitzung beschlossenen berühmten ´letzten Schüsse´, die die EZB noch in petto hat.

Ab dem vierten Quartal werden den europäischen Banken so genannte ABS- Strukturen von der EZB abgekauft. Dies sind genau diejenigen Wertpapiere, die uns damals in 2008 in die Subprimekrise gestürzt haben.

Ab sofort können Banken nun final ihre Bilanzen um diese strukturierten Wertpapiere (meist gebündelte und verbriefte Kredite) bereinigen, in der Hoffnung, dass sie (die Banken) die dann gewonnene Liquidität nutzen um die Kreditvergabe auszuweiten und somit Erweiterungsinvestitionen und/oder Konsum zu stimulieren. Ziel ist letztlich ein höheres Wirtschaftswachstum. 

Dies wird freilich von der EZB in dieser Form nicht kommuniziert, ist ihr alleiniges Mandat doch lediglich die Geldwertstabilität zu kontrollieren. Daher verwundert es auch nicht, dass Draghi die jüngst beschlossenen Maßnahmen damit begründet, die Deflationstendenzen in Europa bekämpfen zu wollen und das selbstgesteckte Inflationsziel von 2 Prozent wieder zu erreichen.

Bereits über das langfristige Refinanzierungsprogramm TLTRO (Targeted longer-term refinancing operations, auf deutsch: gezielte, langfristige, refinanzierte Operationen) versuchte die EZB ihre Bilanzsumme auszuweiten, um die monetären Konditionen gemäß der Taylor Rule zu lockern.

Über die anvisierten Transmissionsmechanismen wie Außenwert des Euro, Asset Preise, Inflationserwartungen, Lockerung der Kreditkonditionen sollten ihre Ziele - bisher nicht zur Genüge -  erreicht werden.

Was bedeutet das alles nun für den Anleger?

Die heute eingeleiteten Maßnahmen dürften nicht den gewünschten Erfolg zeigen. Deswegen behält sich die EZB offensichtlich den Ankauf von Staatsanleihen und weitere Lockerungen der Ankaufsbedingungen für ABS (mit noch schlechteren Bonitäten oder komplexeren Strukturen) und Pfandbriefe als letzten Notnagel in der Hinterhand.

Spätestens im Frühjahr 2015 wird es dann soweit sein.  Das bedeutet jedoch auch, dass eine Zinsanhebung vor 2018 in Europa nicht zu erwarten ist und die Zinsen somit noch viel länger als noch Anfang des Jahres gedacht, niedrig bleiben werden. 

Eine Schwächung des Außenwertes des Euro wird in diesem Kontext noch für einige Zeit billigend in Kauf genommen. Vieles erinnert hier an die Anfang 2013 in Japan in Kraft getreten ´Abenomics`. Die Währung wertet ab, die Exportwirtschaft profitiert.

Gleichzeitig verteuern sich Importe in die Eurozone. Oder anders gesagt: Der Investor, der seine Anlagen - auch außerhalb des Eurowährungsraums - wohlüberlegt diversifiziert, bekommt die Chance auf Wechse kursgewinne und kann gleichzeitig von einer erstarkenden Exportwirtschaft des Euroraums profitieren.

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