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Nicht ganzheitlich betrachtet Die Krux mit den Artikel-9-Fonds

Naturbelassene Landschaft mit Wald und Bergen
Naturbelassene Landschaft mit Wald und Bergen: Nachhaltigkeit ist in der Anlagebranche zu einem Mega-Thema geworden. | Foto: Pexels / Creative Vix

Nachhaltiges Investieren soll vom Trend zum Mainstream werden – und die Europäische Union will durch spezifische regulatorische Vorgaben die Rahmenbedingungen dafür schaffen. Eine Maßnahme ist die EU-Verordnung über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor (Sustainable Finance Disclosure Regulation – SFDR). Sie bezieht sich unter anderem auf Investmentfonds und ordnet diese in verschiedene Kategorien ein.

Dirk Rathjen, Foto: IVA

Wenn Fonds nach Artikel 8 (systematische und explizite Förderung der ESG-Merkmale in der Kapitalanlage) oder 9 (Investmentprozess erfüllt ein ausweisbares außerfinanzielles Nachhaltigkeitsziel) kategorisiert sind, sollen Anleger sicher sein können, nachhaltig zu investieren. Artikel 9-Fonds sollen dabei jene Anleger ansprechen, die auf Nachhaltigkeit besonders viel Wert legen. Artikel 6 wiederum bedeutet, dass keine ESG-Kriterien oder nur minimale Nachhaltigkeitsstandards umgesetzt werden.

Was bedeutet das jetzt für Investoren und Berater? Zum einen ist die Regulierung noch im Entstehen begriffen, die genauen Anforderungen sind noch unklar. Das beinhaltet auch, dass die Reporting-Anforderungen für Artikel-8- und Artikel-9-Fonds möglicherweise so hoch sein könnten, dass viele Anbieter tatsächlich und nachweisbar nachhaltige Portfolios vorsichtshalber einstweilen nur nach Artikel 6 klassifizieren. Die Klassifizierung sagt also zum jetzigen Zeitpunkt nicht unbedingt viel aus.

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Im Rahmen der Auswertungen der Fondspaletten deutscher Lebensversicherer für den „Fondspolicenreport Nachhaltigkeit“ stieß das Institut für Vermögensaufbau auf einen wichtigen weiteren Punkt: Im Durchschnitt schnitten Artikel-9-Fonds bei ganzheitlichen ESG Bewertungen nicht besser ab als die Artikel-8-Fonds. Bei näherer Analyse zeigte sich, dass bei der Definition von „strenger Nachhaltigkeit“ für Artikel-9-Fonds das zuständige Gremium am Ziel vorbeigeschossen ist.

Denn: Artikel 9 fordert, dass ein Fonds mindestens ein bestimmtes Nachhaltigkeitsziel verfolgt und dabei keinen „signifikanten Schaden“ anrichtet („Do no significant harm“). Die Folge: Schaden in anderen Nachhaltigkeitsaspekten ist damit zulässig, er darf nur nicht übermäßig groß sein.

Was genau „significant harm“ bedeutet, wird in den nächsten Jahren von der EU definiert. Einstweilen muss es jeder Produktanbieter selbst entscheiden. In der Praxis heißt das beispielsweise: Ein Solarzellenhersteller, der besonders viel Wasser verbraucht und überdurchschnittlich viele Arbeitsunfälle hat, ist für einen Artikel-8-Fonds nur begrenzt geeignet. Für einen Fonds, der nur den Klimawandel bekämpfen soll, ist er hingegen gut geeignet.