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Netfonds-Profi Torsten Vetter Das ist vom Anlage-Hype unter Corona übriggeblieben

Junge Frau am Smartphone
Junge Frau am Smartphone: In der Corona-Pandemie haben viele Menschen das Investieren für sich entdeckt. | Foto: imago images/Westend61

Während der Lockdowns der Corona-Pandemie waren viele Verbraucher an Haus oder Wohnung gefesselt – mit viel Zeit, Dinge zu erledigen, die im Alltag liegengeblieben waren. Zum Beispiel rückte das Thema Finanzen vielerorts auf die Tagesordnung, eine neue Begeisterung für Geldanlage machte sich breit.

Wertpapierspezialist Torsten Vetter vom Hamburger Dienstleister für den Finanzvertrieb NFS Netfonds hat die Trends der Corona-Zeit mitverfolgt.  „Es kam zu einem regelrechten Boom bei der Zahl der Depotneueröffnungen“, erinnert sich Vetter. Insbesondere bei Neobrokern wie dem 2015 gegründeten Trade Republic, das Anlagen direkt an Endanleger verkauft, sei die Zahl der Neukunden förmlich explodiert.

Zwei gegenläufige Trends 

Die Anlagebegeisterung habe zwei unterschiedliche Richtungen genommen: „Einerseits wuchs die Zahl von langfristigen Fondssparplänen deutlich an“, so Vetter. Andererseits sei die Nachfrage nach direkten Aktien-Investments stark gestiegen.

Papiere von mitunter wenig lukrativen Unternehmen erlebten angesichts der neuen Anlagebegeisterung eine unverhoffte Blüte. Typisch der Fall Gamestop: Der Computerspiele-Hersteller mit den schwachen Unternehmenskennzahlen zog ein ganzes Heer von Kleinanlegern an. Diese verabredeten sich via Social Media zu massenhaften Aktienkäufen, trieben den Kurs in die Höhe und zwangen einige Hedgefonds, die mit Shortpositionen gegen Gamestop gewettet hatten, zur Aufgabe. „Schnell reich werden und es gleichzeitig den Kapitalisten einmal so richtig zu zeigen, war offenbar eine höchst verlockende Vorstellung“, interpretiert Vetter in der Rückschau.  

 

Der vorerst letzte Lockdown liegt nun weit mehr als ein Jahr zurück. In den vergangenen Monaten seien die Transaktionen bei den Brokerunternehmen, die sich an Selbstentscheider richten, wieder deutlich zurückgegangen. Vetter bezieht sich auf Angaben des Brokers Flatexdegiro und Zahlen der Handelsplattform LS Exchange, die unter anderem mit dem größten deutschen Neobroker, Trade Republic, zusammenarbeitet.

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Der Netfonds-Profi geht davon aus, dass viele Anleger, die auf den Hype um einzelne Aktien aufgesprungen waren, heute hohe unrealisierte Verluste zu Buche stehen haben. „Diese Anleger dürften vorerst für das Wertpapiergeschäft verloren sein.“ Vetter erinnert an das Platzen der Internetaktien-Blase vor rund 20 Jahren. Danach hätten viele Neuinvestoren dem Aktienmarkt für immer den Rücken gekehrt.

Nachhaltiger Wertpapierboom

Anders, meint der Anlageprofi, sehe es dagegen bei jenen Geldanlegern aus, die ihr Geld via Sparplan angelegt haben – ein eher langfristig angelegtes Investment. Das Sparplangeschäft läuft häufig über Banken, bei der Vermittlung spielen oft Berater eine Rolle. Netfonds-Profi Vetter verweist auf Geschäftszahlen der DWP Bank, die das Wertpapiergeschäft vieler Privatkundenbanken abwickelt, unter anderem jenes der Genossenschaftsbanken und Sparkassen. Bei DWP beobachte man ein weiterhin reges Wertpapiergeschäft. „Der Wertpapierboom bei diesen Unternehmen setzte im Vergleich zu den Neobrokern deutlich verzögert ein, ist aber offenbar nachhaltiger als bei den Neobrokern“, meint Vetter.  

Mittlerweile haben allerdings auch viele Neobroker Sparpläne im Angebot. Bei Trade Republic etwa bezeichnet man das Sparplan-Geschäft mittlerweile sogar als das Haupt-Standbein.

Gegen das kurzlebige Trading und für langfristiger angelegten Sparpläne spricht auch die Marktentwicklung: Der langjährig stabil aufwärts laufende Bullenmarkt, der nach einem Kurzzeit-Einbruch auch unter Corona zunächst anhielt, ist zu Ende. Ukraine-Krieg und Inflation trüben die internationalen Aktienmärkte ein.

Mit Blick auf die jüngere Konjunktur-Entwicklung erinnert Netfonds-Profi Vetter an den Wert von Finanzberatung. Dort würde Anleger meist zu langfristigen Investmentansätzen geraten. Mit einer Beraterin oder einem Berater an der Seite würden deshalb „Strohfeuereffekte“, also überstürzte Anlageentscheidungen, vermieden.

„Insbesondere vor dem aktuell unsicher scheinenden geopolitischen und wirtschaftlichen Umfeld zeigt sich einmal mehr, dass Beratungsleistungen im Zusammenhang mit der Geldanlage einen hohen Nutzen stiften können“, meint Vetter.

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