Feri-Vorstand Heinz-Werner Rapp
Das Jahrzehnt massiver Beschleunigung
Aktualisiert am 21.12.2021 - 16:22 Uhr
Heinz-Werner Rapp ist Vorstand von Feri sowie Gründer und Leiter des Feri Cognitive Finance Institute. Foto: Feri
Die Welt steht in den 2020er Jahren vor einschneidenden Veränderungen. Speziell die Bereiche Umwelt, Technik, Finanzsystem, Gesellschaft, Politik und Geopolitik entwickeln sich rasant. Feri-Vorstand Heinz-Werner Rapp untersucht Ursachen, Ablauf und mögliche Konsequenzen.
Absehbare Konsequenzen sind dann gefährliche Instabilitäten alpiner Landschaften, unumkehrbare Anstiege des Meerwasserspiegels, massive Verluste ozeanischer Biomasse, kritische Veränderungen polarer Höhenströmungen (Jet Stream) sowie möglicherweise katastrophale Abrisse atlantischer oder pazifischer Meeresströmungen (wie etwa des Golfstroms)9. Die nächsten zehn Jahre sind somit von entscheidender Bedeutung, um noch „irgendwie“ einen möglichst milden Verlauf dieser Progression zu organisieren. Voraussetzung dafür wären jedoch massive Programme zur „Dekarbonisierung“ der gesamten Weltwirtschaft und zur Veränderung bisheriger klimaschädlicher Verhaltensweisen.10
Im Rahmen der „Pariser Klimaziele“...
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Absehbare Konsequenzen sind dann gefährliche Instabilitäten alpiner Landschaften, unumkehrbare Anstiege des Meerwasserspiegels, massive Verluste ozeanischer Biomasse, kritische Veränderungen polarer Höhenströmungen (Jet Stream) sowie möglicherweise katastrophale Abrisse atlantischer oder pazifischer Meeresströmungen (wie etwa des Golfstroms)9. Die nächsten zehn Jahre sind somit von entscheidender Bedeutung, um noch „irgendwie“ einen möglichst milden Verlauf dieser Progression zu organisieren. Voraussetzung dafür wären jedoch massive Programme zur „Dekarbonisierung“ der gesamten Weltwirtschaft und zur Veränderung bisheriger klimaschädlicher Verhaltensweisen.10
Im Rahmen der „Pariser Klimaziele“ wurde 2015 ein solcher Handlungspfad grundsätzlich festgelegt – mit dem Ziel einer Begrenzung der Erderwärmung auf maximal 2 Grad gegenüber dem Stand vor der weltweiten Industrialisierung 11 (Vergleiche dazu auch Abbildung 3). Wie die bisherige Entwicklung deutlich zeigt, ist dieser Prozess aber zunehmend unrealistisch. Weltweit werden aufgestellte Reduktionsziele nicht nur regelmäßig verfehlt, sondern oftmals – zuletzt vor allem von den USA – generell in Frage gestellt oder negiert.12
Damit besteht das ernsthafte Risiko, dass sich der Prozess der globalen Erderwärmung nicht nur ungebremst fortsetzt, sondern sogar beschleunigte Dynamik entfaltet. Verantwortlich dafür sind zahlreiche Rückkopplungsschleifen und Selbstverstärkungsmechanismen, die beim Erdklima nachweislich eine zentrale Rolle spielen. Vielfach setzen sich diese Mechanismen beschleunigt in Gang, wenn zuvor kritische klimatologische Kipp-Punkte ausgelöst und überschritten wurden (trigger point events).13
9 Das letztgenannte Phänomen bezieht sich auf ein mögliches Versiegen, eine Umlenkung oder sogar die vollständige Umkehrung des Golfstroms, als Folge einer Abschwächung der sogenannten thermohalinen Zirkulation; vergleiche dazu ausführlich: Rahmstorf (1995, Bifurcations); DKK (2017, Golfstromzirkulation). Wie neueste Studien zeigen, hat sich dieser Prozess zuletzt bereits deutlich beschleunigt; vergleiche dazu: PIK (2021, Golfstrom-System).
10 Vergleiche dazu die ausführlichen Studien des Feri/WWF (2017, Dekarbonisierung) sowie Feri/ISS (2018, Transformation). Neben einer massiven Reduktion von CO₂-Emissionen in Verkehr und Wirtschaft wären auch gravierende Umstellungen der weltweiten Viehwirtschaft und anderer ernährungsbedingter Faktoren erforderlich (vergleiche dazu die ausführliche Studie des Feri Cognitive Finance Institute zu „Alternative Food Systems“: Wirsam et al. (2020, Food).
11 Vergleiche dazu ausführlich: Wikipedia (2 Grad Ziel); Steffen et al. (2003, Earth System); Royal Society (2010, Climate) sowie Steffen et al. (2015, Sustainability). Ausführlich dazu auch, jedoch ausgehend von einer Erwärmung um 1,5 Grad: IPCC (2018, Warming); IPCC (2018, Erwärmung).
12 Diese Aussage bezieht sich auf die Episode von 2017-2020, also auf die Regierungszeit von Donald Trump als US-Präsident. Dieser vertrat eine extrem ablehnende Haltung zum Thema Klimaschutz und kündigte die Mitgliedschaft der USA im Pariser Klimaabkommen von 2015. Der neue US-Präsident Joe Biden hat jedoch bereits damit begonnen, die USA wieder stärker in Richtung Klimaschutz auszurichten; vergleiche dazu: Tagesschau (2021, USA); n-tv (2021, Klimaabkommen); Handelsblatt (2021, Ökonation).
13 Vergleiche dazu bereits: oben, Ausführungen zu trigger points.
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