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Zukunft der Impfstoffherstellung Das mRNA-Wunder könnte bald auch Krebs heilen

Nervenzelle unter dem Elektronenmikroskop
Nervenzelle unter dem Elektronenmikroskop: Die Erforschung der vor 60 Jahren entdeckten mRNA-Moleküle und die Nutzung des Wissens hat in jüngster Zeit riesige Fortschritte gemacht. ((IMAGO / Imaginechina-Tuchong / imago 0102258316)) | Foto: imago images / Imaginechina-Tuchong
Bogi Eliasen, Director, Head of Health
am Copenhagen Institute for Futures Studies

Für viele sind Covid-19-Impfstoffe zum Hoffnungsträger geworden – aber eine Gruppe sticht besonders hervor, die so revolutionär ist, dass sie für weit mehr eingesetzt werden könnte als für die Bekämpfung der aktuellen Pandemie.

mRNA-Therapien nutzen die körpereigenen Zellen als Proteinfabriken, um das Virus zu bekämpfen. Sie sind der beste Beleg dafür, dass die Technologie die Entwicklung von Impfstoffen in Zukunft beschleunigen und auch für die Behandlung anderer Krankheiten – sogar Krebs – eingesetzt werden könnte.

Wissenschaftler haben vor sechzig Jahren herausgefunden, wie DNA das Leben in unseren Zellen steuert. Dabei haben sie die mRNA-Moleküle (Boten-RNA) identifiziert, die genetische Informationen in Anweisungen für die Produktion der für die komplexen biologischen Prozesse im Körper benötigten Proteine übersetzen.

Seitdem haben Biologen versucht, Wege zu finden, diesen Prozess zu kapern. Ziel war die Entwicklung einer Alternative zu traditionellen Methoden der Impfstoffherstellung, bei der ein abgeschwächtes oder totes Virus in den Körper eingeschleust wird, um eine Immunreaktion hervorzurufen. Dabei konzentrierte man sich auf die Injektion von im Labor entwickelten Botschaften in den Körper, darunter ein Bauplan für die Virusproteine, die bei den Immunzellen eine Immunreaktion auf eine Krankheit auslösen sollen.

Erfolge blieben zunächst aus. Ein Problem war, dass die mRNA sehr instabil war. Zudem war die im Körper ausgelöste Reaktion nur schwer zu kontrollieren. Meist war die Immunreaktion zu schwach oder zu stark.

Covid-19 hat die mRNA-Forschungsarbeit intensiviert

All das änderte sich, als Covid-19 sich in rasantem Tempo zu einer tödlichen globalen Pandemie entwickelte. Genau diesen Zündfunken brauchten die mRNA-Verfechter, um ihre Forschungsarbeit zu intensivieren, und das zahlte sich aus: Ende 2020 wurden die ersten mRNA-Impfstoffe zugelassen. „Ich denke, es gibt keinen Zweifel daran, dass mRNA-basierte Impfstoffe die Landschaft verändern werden“, sagt Bogi Eliasen, Head of Health am Copenhagen Institute for Future Studies.

Wir stehen zwar noch ganz am Anfang, aber es scheint, dass mRNA-Impfstoffe schneller entwickelt werden können als traditionelle. Nach Angaben des Biotechnologieunternehmens Moderna, das die beiden großen mRNA-Therapien gegen Covid-19 entwickelt hat, lagen zwischen den Gensequenzierung bis zur ersten Injektion beim Menschen nur 63 Tage. Bei Pfizer/BioNTech, die ebenfalls einen mRNA-Impfstoff gegen Covid-19 herstellen, war diese Zeitspanne ähnlich kurz. 

Es kamen natürlich viele weitere Faktoren begünstigend ins Spiel, als die Welt im Kampf gegen eine mächtige gemeinsame Bedrohung zusammenrückte, wie die riesigen Rettungspakete, die beispiellose Zusammenarbeit zwischen Ländern, Universitäten und Unternehmen – und nicht zuletzt ein bisschen Glück. Nicht alle Covid-19-Impfstoffe nutzen die mRNA-Technologie.

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Plug-and-Play-Prinzip sorgt für Flexibilität

Die Schnelligkeit ist aber nicht der einzige Vorteil. Behandlungen mit mRNA-Stoffen geben Virologen auch die Möglichkeit, die Formel relativ einfach an Virusmutationen anzupassen – dazu neigt nämlich das Coronavirus. „Die mRNA-Technologie beruht auf einer Plattform, die nach dem Plug-and-Play-Prinzip funktioniert. Mutiert das Virus, lässt sich der Impfstoff relativ leicht und schnell anpassen. mRNA-basierte Impfstoffe stellen somit eine recht einfache und schnelle Lösung für Pathogene dar, die sich unberechenbar verändern und weiterentwickeln“, so Eliasen.

Ein weiterer Vorteil ist, dass mRNA-Impfstoffe in kleineren Anlagen und in kleinerem Maßstab als traditionelle Impfstoffe produziert werden können. Dadurch sind sie auch günstiger, ein weiteres Plus neben ihrer Anpassungsfähigkeit.

Auf der anderen Seite sind mRNA-Vakzine bislang sehr reaktogen, das heißt, sie rufen eine starke Immunreaktion hervor, was unangenehme Nebenwirkungen wie Schmerzen im Arm, Kopfschmerzen und Fieber haben kann. 

Dennoch dürfte der Erfolg von mRNA im Kampf gegen Covid-19 dessen Einsatz auch gegen andere Krankheiten einen Impuls geben – daran arbeiten Biotech-Unternehmen bereits. „Die Wissenschaft erforscht schon seit vielen Jahren mRNA-Impfstoffe gegen unterschiedliche Viren. Ich gehe davon aus, dass der Erfolg des Covid-19-Vakzins diese Entwicklung beschleunigen wird“, sagt Eliasen. Vor allem seine Anpassungsfähigkeit könnte sich als nützlich gegen Influenza erweisen, „die man aufgrund der schnellen Mutationsrate und der vielen Virenstämme nur schwer in den Griff bekommt“.

Krebsforschung vertraut auf mRNA

Biotech-Unternehmen erforschen auch den Einsatz von mRNA unter anderem gegen Zika, Tollwut und Cytomegaloviren. Mit der Zeit könnte sich mRNA auch den Heiligen Gral in der Impfwelt sichern – als effizientes Mittel gegen Krebs. BioNTech und Roche testen bereits einen mRNA-basierten Krebsimpfstoff gegen Hautkrebs, und Moderna führt Studien zur Behandlung von Eierstockkrebs durch – beides befindet sich allerdings noch in der Anfangsphase. 

„Zurzeit laufen mehrere klinische Studien mit mRNA-Vakzinen gegen unterschiedliche Arten von Krebs, wie Prostata-, Haut- und Lungenkrebs. Aufgrund der Vielseitigkeit von mRNA-Impfstoffen können sie sogar individuell auf den Tumor des jeweiligen Patienten abgestimmt werden – die nächste Stufe der personalisierten Medizin“, sagt Eliasen.

„Die Biologie der Viren und die von ihnen ausgelöste Immunreaktion müssen grundlegend verstanden werden. Ist das der Fall, sehe ich definitiv eine Zukunft, in der es möglich sein wird, gegen Krankheiten wie das Zika-Virus, Malaria und hoffentlich auch HIV zu impfen.“

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