Credit-Suisse-Anlagechef Varnholt über das Schulden-Paradox
Warum steigende Schulden nicht zwingend zu höheren Zinsen führen
Burkhard Varnholt Aktualisiert am 17.08.2018 - 14:16 Uhr
Wirft einen kritischen Blick auf den Zinsmarkt: Burkhard Varnholt, Anlagechef Credit Suisse (Schweiz)Foto: Credit Suisse (Schweiz)
Angesichts wachsender Schuldenberge werden manche Anleger nervös. Sie sorgen sich um die Zinsentwicklung, die derzeit ganz anders verläuft, als von vielen erwartet. Doch dafür gibt es Gründe. Vielleicht ist die Weltwirtschaft einfach robuster als ihr Ruf? Allerdings führt auch rationales Kalkül manchmal auf Holzwege. Deshalb gilt die Weisheit „Prepare, don’t predict“. Das gilt auch für den aktuellen Handelskonflikt. Manchmal kann sogar kleines Zündeln einen Flächenbrand auslösen.
Dennoch: Vertrauen kann verloren gehen, und Vertrauen ist unser höchstes wirtschaftliches Gut. Kettenreaktionen sind keineswegs neu. So geschehen gerade erst beim Thema Italien und aktuell in der „dies-für-das“-Eskalation des Handelskonfliktes der USA mit China, Europa und Kanada. Rationales Kalkül suggeriert, dass beide Stürme sich aufgrund der überwiegenden wirtschaftlichen Eigeninteressen wieder legen sollten. Und so bleibt das Bild vom Krug, der so lange zum Brunnen getragen wird, bis er bricht. Oder die widersprüchliche Aussage „Schulden sind so lange egal, bis sie nicht mehr egal sind“. Sie will sagen, dass unser linear-rationales Kalkül manchmal falsche Fährten legt. Oder, dass „unwahrscheinlich“...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Dennoch: Vertrauen kann verloren gehen, und Vertrauen ist unser höchstes wirtschaftliches Gut. Kettenreaktionen sind keineswegs neu. So geschehen gerade erst beim Thema Italien und aktuell in der „dies-für-das“-Eskalation des Handelskonfliktes der USA mit China, Europa und Kanada. Rationales Kalkül suggeriert, dass beide Stürme sich aufgrund der überwiegenden wirtschaftlichen Eigeninteressen wieder legen sollten. Und so bleibt das Bild vom Krug, der so lange zum Brunnen getragen wird, bis er bricht. Oder die widersprüchliche Aussage „Schulden sind so lange egal, bis sie nicht mehr egal sind“. Sie will sagen, dass unser linear-rationales Kalkül manchmal falsche Fährten legt. Oder, dass „unwahrscheinlich“ nicht gleich „unmöglich“ ist. Das erklärt den tiefen Sinn der alten Weisheit „Prepare, don’t predict“.
Bleiben wir noch einen Moment beim Thema Staatschulden und Zinsen. Japans Staatsschulden stiegen seit 1990 von nur 25 auf aktuell 250 Prozent seiner Wirtschaftskraft.
Dennoch fielen Japans Zinsen im gleichen Zeitraum unaufhörlich. Und dies, weil Japans wichtigste Gläubiger die eigene Nationalbank und eigene Vorsorgewerke sind. Sie haben kaum eine andere Wahl. In den USA sieht das etwas anders aus. US-Staatsanleihen werden traditionell stark von Ausländern gekauft (vgl. Abbildung 6), allen voran von der chinesischen und der japanischen Zentralbank. Sie sehen in den Käufen zwar Vorteile, haben aber durchaus eine Wahl, was zumindest einen Teil der Zinsdifferenz zu Japan erklärt.
Abbildung 6: US-Staatsanleihen werden traditionell stark von Ausländern gekauft
Von ausländischen und internationalen Investoren gehaltene US-Staatsschulden (in Milliarden US-Dollar)
Doch was geschieht, wenn das Angebot an US-Staatschulden in Zukunft markant steigt? Gemäß dem Budget Office des amerikanischen Kongresses (CBO) steigen die US-Fiskaldefizite im kommenden Jahrzehnt jährlich um circa eine Billion auf 12,4 Billionen US-Dollar im Jahr 2028.