DEMV-Chef Karsten Allesch im Interview „Das Spiel über die beste technische Unterstützung gewinnen“

DAS INVESTMENT: Immer mehr Anleger sind heute als Selbstentscheider unterwegs. Wo sehen Sie Berater in Zukunft stehen?
Karsten Allesch: Anleger entscheiden in erster Linie bei weniger komplizierten Anlageformen allein. Produkte werden jedoch zunehmend komplexer. Es wird immer anspruchsvoller, sie wirklich zu verstehen. Bei der Altersvorsorge benötigt es beispielsweise Hintergrundwissen zu Versicherungen und Geldanalage und zudem auch noch steuerliche Kenntnisse. Das überfordert viele Verbraucher. Berater, die nicht einfach nur ein Produkt verkaufen, sondern Versorgungsformen interdisziplinär durchdringen und ihren Kunden gut nachvollziehbar erklären, werden weiterhin stark gefragt sein. Und wer bei komplexer Angelegenheit gut berät, wird im Regelfall auch bei einfachen Produkten zum ersten Ansprechpartner des Kunden.
Wie wird sich der deutsche Finanz- und Versicherungsberatermarkt in den kommenden fünf Jahren verändern?
Allesch: Viele Verwaltungsaufgaben und regulatorischer Anforderungen werden automatisiert werden. Das verschafft Beratern Zeit für produktive Aufgaben. Es bringt sie auch wieder näher an den Kunden. Das ist auch dringend notwendig. Denn Vergleichsportale wachsen kontinuierlich und erhöhen jedes Jahr ihre Werbebudgets. In der gesamten Branche werden sich Online-Beratungen noch weiter durchsetzen: Sie sparen sowohl auf Kunden- als auch auf Beraterseite Zeit. Berater werden sich auch noch mehr als gewohnt weiterqualifizieren müssen, um sich neue, relevante Geschäftsfelder wie beispielsweise Cyber zu erschließen.
Kürzlich ist der Großinvestor HG beim DEMV eingestiegen. Welchen Wandel sehen Sie auf den Markt und das Geschäft der Maklerpools zukommen?
Allesch: Der Wandel zeichnet sich bereits jetzt deutlich ab: Die Aufgabe von Pools ist es, Makler so zu unterstützen, dass sie mehr und besser beraten können. Deckungskonzepte, Weiterbildungsangebote und fachlicher Support sind Hygienedienstleistungen, die Berater als Minimum erwarten. Wenngleich dabei in qualitativer Sicht auch deutliche Unterschiede zwischen den Pools bestehen. Letztlich wird das Spiel jedoch über die beste technische Unterstützung gewonnen. Makler werden sich immer stärker für integrative Ökosysteme entscheiden statt technischer Insellösungen. Mit diesen holistischen Systemen lässt sich das gesamte Tagesgeschäft eines Maklerbüros in einer einzigen digitalen Oberfläche abwickeln. Immer mehr Aufgaben werden auch automatisiert.
Ein oder zwei priorisierte Vorhaben, die der DEMV 2023 angehen will?
Allesch: Das Maklerverwaltungsprogramm „Professional Works“ ist eng mit dem Deutschen Maklerverbund verknüpft. Es wurde allerdings von der Unternehmensschwester DEMV Systems entwickelt, damit ist es rechtlich klar abgegrenzt. Professional Works soll zur Branchenlösung ausgebaut werden, sodass Versicherer und Maklerpools ihre Produkte und Dienstleistungen in diesem Ökosystem anbieten können. Schon heute können Makler vertragsbezogen entscheiden, ob sie Geschäft bei den mehr als 100 angeschlossenen Versicherungsgesellschaften in Direktvereinbarung oder über einen der fünf Partner-Pools einreichen. Die Verwaltung kann unabhängig vom gewählten Vertriebsweg automatisiert werden. Diesen Ansatz wollen wir ausweiten. Innerhalb unserer Unternehmensgruppe haben wir nun Zugriff auf rund 130 IT-Spezialisten. So können wir Professional Works noch schneller zum Marktführer der MVP-Ökosysteme machen.
Über den Interviewten:
Karsten Allesch ist Geschäftsführender Gesellschafter beim Deutschen Maklerverbund (DEMV).