Volkswirt Tobias Just
Das spricht aktuell für Immobilien-Investments
Aktualisiert am

Tobias Just ist Leiter der Irebs Immobilienakademie. Foto: Robert Dieth / Irebs Immobilienakademie / Canva
Im vergangenen Jahr beendete der steile Zinsanstieg den Preisauftrieb von Immobilien. Seitdem sanken die Kosten für Wohnungen und Häuser massiv. Es gibt jedoch Hinweise, dass der Abwärtsdruck nachlässt. Hier sagt Tobias Just von der IREBS Immobilienakademie, welche Trends sich aktuell zeigen.
Nach einer langanhaltenden Phase steigender Immobilienpreise in Deutschland erreichten sowohl die Preise für Eigentumswohnungen als auch jene für Einfamilienhäuser im Zuge der Zinserhöhungen ihren zyklischen Höhepunkt im ersten Halbjahr 2022. Gemäß dem German Real Estate Index (GREIX) gaben die Preise seitdem um etwas mehr als 10 Prozent nach, wobei die Signale am aktuellen Rand bereits von ein...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
Da diese Artikel nur für Profis gedacht sind, bitten wir Sie, sich einmalig anzumelden und einige berufliche Angaben zu machen. Geht ganz schnell und ist selbstverständlich kostenlos.
Gratis-Zugang:
Um die Autorisierung über LinkedIn zu aktivieren, müssen Sie sich registrieren.
Um die Autorisierung über Google zu aktivieren, müssen Sie sich registrieren.
Nach einer langanhaltenden Phase steigender Immobilienpreise in Deutschland erreichten sowohl die Preise für Eigentumswohnungen als auch jene für Einfamilienhäuser im Zuge der Zinserhöhungen ihren zyklischen Höhepunkt im ersten Halbjahr 2022. Gemäß dem German Real Estate Index (GREIX) gaben die Preise seitdem um etwas mehr als 10 Prozent nach, wobei die Signale am aktuellen Rand bereits von einem Nachlassen des Abwärtsdrucks zu künden scheinen, doch dazu gleich mehr.
Der GREIX ist auf der Grundlage von Transaktionsdaten der Gutachterausschüsse aufgebaut, hier sind also nicht nur Stimmungen und Erwartungen wie bei den Angebotspreisen eingewertet, sondern echte Abschlüsse. Ähnliche Entwicklungen zeigen auch die Daten von Europace sowie jene vom Verband Deutscher Pfandbriefbanken. Im Detail mag es Abweichungen geben, das generelle Narrativ ist dasselbe: der Aufschwung wurde beendet, die Talfahrt fällt aber nicht sehr stark aus.

Schaut man sich die Daten des GREIX etwas genauer an, fallen mehrere Dinge auf. Erstens: Es gibt einen negativen Zusammenhang zwischen der Höhe des Preisanstiegs bis 2022 und der Höhe des Preisrückgangs seit dem zyklischen Höhepunkt.
Das heißt: Für Städte, die zuvor besonders starke Preisanstiege verzeichneten (zum Beispiel Stuttgart, Frankfurt oder Potsdam) werden nun vergleichsweise starke Preisrückgänge gemeldet. Und verbunden damit gilt auch, dass Städte mit sehr hohen Preisniveaus relativ starke Preisrückgänge aufweisen. Dies lässt darauf schließen, dass es entweder zuvor eine Überbewertung gab, die nun korrigiert wird, oder dass die Erschwinglichkeit für Käufer noch wichtiger geworden ist.
Zweitens zeigen die Daten für kleinere Städte wie Chemnitz, Lübeck oder Erfurt nicht nur die stärksten Preisrückgänge von zum Teil über 30 Prozent, sie zeigen für diese Städte auch eine ungewohnt hohe Volatilität am aktuellen Rand. Dies ist nur auf den ersten Blick ein Widerspruch zur ersten Schlussfolgerung. Für diese kleinen Märkte dürften die Entwicklungen maßgeblich durch wenige, zufällige Transaktionen bestimmt werden. Solche Zufälligkeiten geringer Fallzahlen werden durch die gewählte hedonische Indexberechnungsmethode nicht hinreichend aufgefangen.
Für Lübeck wird zum Beispiel angegeben, dass die Preise für Eigentumswohnungen im vierten Quartal 2022 um 10 Prozent gegenüber dem Vorquartal nachgaben, dann im ersten Quartal 2023 um rund 14 Prozent stiegen, um im zweiten Quartal 2023 erneut um 23 Prozent einzubrechen. Hier dominieren offensichtlich wenige besondere Transaktionen den Index. Und dies wiederum ist ein Indiz dafür, dass der Markt eben noch nicht in einem neuen Gleichgewicht angekommen ist, denn sonst würde es mehr Transaktionen geben.
Die folgende Abbildung illustriert dies: Auf der x-Achse werden die Preisveränderungen für Eigentumswohnungen (ETW) in 17 deutschen Städten abgetragen, auf der linken y-Achse die erzielten Wohnungspreise zum jeweiligen Höchststand in den Städten und auf der rechten y-Achse der zuvor seit 2014 realisierte Preisanstieg in Prozent. Für beide Beziehungen lässt sich eine Zweiteilung feststellen: Bis zu einem Rückgang von etwa 20 Prozent liegt eine weitgehend lineare Beziehung vor, und es gibt wenige Städte mit heftigen (ausgewiesenen) Rückgängen. Für diese wird der linear negative Zusammenhang durchbrochen, wahrscheinlich aufgrund geringer Marktliquidität.

Drittens werden im GREIX für Eigentumswohnungen eben nur Daten für 17 Städte, überwiegend die größeren westdeutschen, zusammengefasst. Eine Entwicklung außerhalb der Städte könnte aufgrund der Erschwinglichkeitsprobleme in den Ballungsräumen durchaus unterschiedlich ausfallen.
Es lässt sich also aus den vorliegenden Preisdaten noch nicht herauslesen, dass die Anpassungsprozesse auf den deutschen Wohnungsmärkten zu Ende sind, auch wenn andere Frühindikatoren ebenfalls verhalten positive Signale senden: So liegt der umfragebasierte Immobilienklimaindex, den Bulwiengesa regelmäßig erhebt, auch am aktuellen Rand oberhalb der kritischen Wachstumsschwelle von 100 Indexpunkten. Auch ließ sich mit Hilfe einer Vielzahl von Google-Sentimentsindikatoren, denen das Suchverhalten von Menschen in Deutschland nach wohnwirtschaftlichen Begriffen zugrunde liegt, zeigen, dass der zyklische Tiefpunkt zumindest bei diesem Indikator bereits durchschritten ist. Diese Frühindikatoren sind weiche Faktoren mit erheblichem zeitlichen Vorlauf. Ein verlässlicher, zeitnaher Wendepunkt wird hiermit noch nicht angezeigt.
Tatsächlich sprechen sowohl die anhaltend stark rückläufigen Finanzierungsanfragen, das stark belastete Auftragseingangsvolumen für Wohnungsbauten sowie die geringe Zahl von Wohnungsbaugenehmigungen dafür, dass insbesondere für den Wohnungsbau in den nächsten Monaten mit erheblichen Anpassungslasten gerechnet werden muss.
Und dennoch dürfte gerade diese Entwicklung und der damit notwendigerweise einhergehende Aufwärtsdruck auf die Wohnungsmieten für eine langsam verbessernde Marktlage sorgen. Dies lässt sich an dem folgenden Schaubild erläutern, in dem die Differenz aus einer durchschnittlichen Annuität für eine Wohnungsfinanzierung und der durchschnittlichen Mietzahlung für eine vergleichbare Wohnung für unterschiedliche Regionen in Deutschland abgetragen wird.
Die steigenden Zinsen haben offenbar dafür gesorgt, dass die Balance zwischen Vermietungs- und Investmentmarkt gestört wurde – zu Lasten des Immobilienkaufs, und zwar für Deutschland insgesamt. Es wird zudem deutlich, dass diese Differenz in absoluten Beträgen vor allem in den Kernstädten der Ballungsräume anstieg (hier München und Frankfurt am Main) und dass dort die Attraktivität der Umlandgemeinden (hier Fürstenfeldbrück für München und Main-Taunus-Kreis für Frankfurt) an Bedeutung gewinnt. Der Druck nach außen bleibt also weiterhin erhalten.

Und gerade dies ist Teil einer Normalisierung, dass Preise und Mieten wieder zu den gestiegenen Zinsen passen. Insofern wäre es für diesen Prozess nicht hilfreich, die Anpassung durch Einfrieren von Mieten in die Länge zu ziehen.
Wohnungspolitisch ließe sich die Normalisierung sinnvoller durch ein Stunden weiterer Energieeffizienzanforderungen im Neubau, durch ein Senken der Grunderwerbsteuer, durch Reduktion baulicher Auflagen, durch Ausweisung von Bauland und/oder Unterstützung von Baumaßnahmen, die im Zuge der Zinserhöhungen auf Eis gelegt wurden, flankieren. Diese Unterstützung darf natürlich nicht darin münden, nicht mehr zukunftsfähige Entwickler künstlich am Leben zu halten. Sie sollte allein dazu dienen, dass Projekte abgeschlossen oder ein Grundstück bebaut werden kann, damit die anhaltend hohe Nachfrage nach Wohnungsnutzungen schneller auf Angebot treffen kann.
Mittel- bis langfristig spricht die aktuelle Neubewertung also eher für als gegen die Wohnimmobilienanlage, denn die Nutzung steht angesichts notwendiger Zuwanderungsbedarfe beziehungsweise bereits erfolgter Wanderung nicht in Frage. Beachtet werden muss allerdings, dass die Asymmetrie der Anpassung erhalten bleibt. Dies gilt nicht nur für aufgezeigten regionalen Unterschiede, sondern zunehmend auch für die Unterschiede in der energetischen Effizienz von Gebäuden.
Es wurde zwar zuvor argumentiert, dass es kurzfristig sinnvoll ist, eine weitere Verschärfung der Energieeffizienzstandards im Neubau auszusetzen, doch weil Immobiliennutzungen für einen großen Teil der Kohlendioxidemissionen maßgeblich sind, lassen sich die Klimaschutzziele nur mit einer weiteren Steigerung der energetischen Effizienz im Gebäudesektor erreichen. Der preisliche Spread zwischen effizienten und nicht effizienten Gebäuden wird also eher weiter steigen als sinken.
Dies ist sinnvoll, denn durch solche Preissignale entsteht ein ökonomischer Anreiz, den Gebäudebestand zu ertüchtigen. Insofern müsste man sagen, dass die langsam stattfindende Rückkehr zur Normalität nicht die alte Normalität, sondern eben eine neue, etwas andere Normalität beschreibt. Das ist freilich nach Schocksituationen (fast) immer so.
Über den Autor